Revolution im Sozialstaat: Nordhausen wagt das mutigste Projekt Deutschlands!
Revolution im Sozialstaat: Nordhausen wagt das mutigste Projekt Deutschlands!
© 123rf

Weckdienst vom Ordnungsamt

Pilotprojekt: Ordnungsamt holt Langzeitarbeitslose zur Arbeit ab

Aufstehen oder Sanktion! In Nordhausen ist das seit wenigen Tagen für junge Bürgergeldempfänger Realität. In dem Landkreis in Thüringen läuft das bundesweit erste Experiment mit arbeitsunwilligen jungen Menschen. Wer sich weigert, wird vom Ordnungsamt zur Arbeit abgeholt.

Was andere Kommunen nur ankündigen, setzt Nordhausen konsequent um. Seit vergangener Woche läuft hier das bundesweit sichtbarste Pilotprojekt zur Arbeitspflicht im Bürgergeld – und es zeigt: Veränderung ist möglich.

Konsequenz ab 7 Uhr morgens: Wie Nordhausen Verbindlichkeit durchsetzt

Wenn Verbindlichkeit ernst gemeint ist, muss sie kontrolliert werden. Das Ordnungsamt sorgt dafür, dass Zusagen eingehalten werden. Willkommen in Nordhausen – wo Taten mehr zählen als Ausreden und Arbeitspflicht statt Stillstand gilt. Das Pilotprojekt wurde dort für junge Bürgergeldempfänger eingeführt, die nicht älter sind als 25 Jahre und zudem bisher keine Ausbildung absolviert haben. 

Für diese Personengruppe will der Landrat klare Strukturen schaffen: 40 Stunden Arbeitspflicht pro Woche, 48 Euro Zuschlag zusätzlich zum Bürgergeld, also 1,20 Euro pro Stunde. Ein konsequenter Weg zurück in geregelte Tagesabläufe und ein starkes Signal in der bundesweiten Sozialstaats-Debatte.

Landrat Matthias Jendricke ist sich der Tragweite bewusst„Wir wollen junge Menschen aktivieren und ihnen eine Perspektive geben."

Der innovative Ansatz: Nordhausen geht einen eigenen Weg im Bürgergeld-System

Während andere Kommunen wie Greiz, Peine oder der Saale-Orla-Kreis ihre Arbeitspflichten auf Asylbewerber ausrichten, wagt Nordhausen einen Sonderweg.

Zielgruppe: Bürgergeldempfänger unter 25 Jahren ohne Ausbildung.

Das ist neu und macht Nordhausen zum Pionier in der Diskussion um Arbeitsbereitschaft, Förderpflichten und Sozialreformen.

Beispiele aus anderen Regionen:

• Greiz (Thüringen): Arbeitspflicht für Migranten, 80 Cent/Stunde

• Saale-Orla-Kreis: Pflicht als „Integrationsbaustein“

• Peine (Niedersachsen): Erste westdeutsche Kommune mit Pflicht für Asylbewerber

• Schwerin: Große Ankündigung, aber keine Umsetzung

Nordhausen dagegen setzt um – und wird damit zum bundesweiten Referenzprojekt.

Die rechtlichen Herausforderungen: Was Kommunen beachten müssen

Nordhausen betritt juristisches Neuland. Entscheidend sind drei Kernpunkte, die in vielen Kommunen aktuell diskutiert werden:

  1. Zuständigkeitsfrage: Eigentlich verantwortet das Jobcenter Arbeitsgelegenheiten. Der Landkreis durchbricht diese Struktur bewusst.
  2. 40-Stunden-Woche: Übliche Ein-Euro-Jobs umfassen maximal 30 Stunden. Nordhausen geht mit 40 Stunden weiter – ein Signal in der Debatte, dass es um echte Strukturierung geht.
  3. Zusätzlichkeit: Der sensibelste Punkt. Nur wenn Tätigkeiten nachweislich „zusätzlich“ sind, bleibt das Projekt rechtssicher.

Die Dokumentation ist hier der entscheidende Schlüssel.

Warum der Ansatz anders ist als in Greiz oder Peine

Andere Kommunen arbeiten auf Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes (§5) – mit klaren Arbeitspflichten und Sanktionsmöglichkeiten.

Bei Bürgergeldempfängern gilt das SGB II, das deutlich strengere Anforderungen stellt:

• Individuelle Bereitschaftsprüfung

• Zumutbarkeitsprüfung

• Anhörung

• Rechtsbelehrung

• Verhältnismäßigkeit

Daher wird der Nordhäuser Weg deutschlandweit genau beobachtet. Er zeigt: Arbeitspflicht ist möglich, wenn man sauber arbeitet und die Regeln kennt.

Bei Nichterfüllung greifen Sanktionen, das Bürgergeld wird schrittweise zunächst um 10 Prozent, später um bis zu 30 Prozent gekürzt.

Was Schwerin lehrte: Ohne Vorbereitung scheitert jedes Modell

Schwerin wollte 2024 ein ähnliches Projekt starten. Gescheitert ist es an:

• Verfassungsrechtlichen Fragen

• Unklaren Zuständigkeiten

• Fehlenden Finanzierungsmodellen

• Nicht ausreichenden Strukturen

Die Lehre für Kommunen lautet: Arbeitspflicht braucht Vorbereitung, Planung und Rechtssicherheit. Nordhausen hat das verstanden.

Juristische Risiken vermeiden: Zusätzlichkeit entscheidet

In anderen Kommunen scheiterten frühere Projekte, weil Tätigkeiten nicht zweifelsfrei „zusätzlich“ waren. Das Ergebnis:

• Mindestlohn-Nachzahlungen

• Sozialabgaben

• Gerichtsverfahren

Nordhausen arbeitet präzise, um genau das zu verhindern. Die Zusätzlichkeitsprüfung gehört zu den wichtigsten Dingen.

Was Kommunen jetzt wissen müssen

Wer ein ähnliches Modell umsetzen will, braucht zwingend:

  1. Klare Zuständigkeiten
  2. Saubere Rechtsgrundlagen
  3. Lückenlose Dokumentation der Zusätzlichkeit

Sonst drohen rechtliche Probleme.