Handlungsempfehlungen
Wie Chancengerechtigkeit gelingt - Tipps für Kommunen
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Familienfreundlichere Strukturen schaffen
In vielen Kommunen sind Frauen in den kommunalen Gremien und bei den Mandaten nach wie vor unterrepräsentiert. Um das zu ändern, lohnt sich die Durchführung öffentlicher Kampagnen, das Angebot von Mentoring-Programmen und die Etablierung von Netzwerken. Was außerdem helfen kann, ist eine familienfreundlichere Gestaltung der Sitzungszeiten, damit die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt realistischer wird. Dies wurde zum Beispiel im Landkreis Schweinfurt in Bayern in Angriff genommen, der als Modellregion im Bundesprogramm „Aktionsprogramm Kommune – Frauen in die Politik!“ aufgenommen worden ist.
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Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten
Um die Gleichstellung fest in den kommunalen Strukturen zu verankern, ist die Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten sinnvoll, wie es etwa in Baden-Württemberg gesetzlich geregelt ist. Die Gleichstellungsbeauftragte ist Ansprechpartnerin für alle Beschäftigten bei Fragen zu Diskriminierung, sexueller Belästigung, beruflicher Entwicklung oder zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Außerdem wird sie bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen frühzeitig beteiligt, um sicherzustellen, dass sie die Gleichstellung fördern. Darüber hinaus führt diese Veranstaltungen und Projekte durch, die das Thema Gleichstellung in der Öffentlichkeit sichtbar machen.
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Verankerung von Gleichstellung als Leitprinzip in der Kommunalverwaltung
Gleichstellung betrifft alle Bereiche einer Kommune, angefangen vom Haushalt über das Personal bis hin zu Bildung und Stadtplanung. Um das Gleichstellungs-Prinzip überall fest zu etablieren, lohnt sich die Erstellung von Gleichstellungs‑ oder Chancengleichheitsplänen, wodurch Gleichstellungsaspekte in alle Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Das Ziel eines solchen Plans: die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im kommunalen Handeln sichtbar zu machen und systematisch zu verankern.
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Förderung von Vielfalt und Antidiskriminierung
Gleichstellung bezieht sich nicht nur auf die Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern reicht weit darüber hinaus. So geht es letztlich um eine möglichst große Vielfalt in der Verwaltung wie der Politik. Hierfür ist es wichtig, alle Altersgruppen im Blick zu haben und auch Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderung anzusprechen. Hierbei können Angebote und Strategien helfen, die gezielt ganz unterschiedliche Lebenslagen adressieren und zu größerer Sensibilisierung, Barrierefreiheit und der Sichtbarkeit von Minderheiten in der Kommune beitragen. So wurde in der Verbandsgemeinde Nieder‑Olm (Rheinland‑Pfalz) als Teil des Modellprojekts „Kommune Inklusiv“ etwa eine besondere Strategie zur Inklusion und Chancengleichheit erarbeitet.
Einsatz für mehr Vielfalt in der Gemeinde Ilsede
Der Einsatz für Gleichstellung funktioniert auch in kleinen Kommunen mit wenig Ressourcen - das ist in der Gemeinde Ilsede zu erleben, die mit einer Größe von rund 21.500 Einwohnern gerade oberhalb der Grenze liegt, ab der die Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten verpflichtend ist. Seit 2022 hat diese Funktion dort Anja Opitz inne, die vor Ort einen klaren Bedarf erkennt. „Blickt man bei uns in die Politik, haben wir im Gemeinderat einen Frauenanteil von gerade mal 23 Prozent“, sagt Opitz. In den Ortsräten seien es durchschnittlich 22 Prozent, wobei es sogar zwei Ortsräte gibt, in denen keine einzige Frau sitzt. Der Blick in die Verwaltung wiederum zeigt ein anderes Bild: So sind dort laut Opitz zwar grundsätzlich viele Frauen vertreten, die fünf höchsten Positionen aber seien ausschließlich von Männern besetzt.
Netzwerkarbeit ist alles
„Wir brauchen die Vielfallt!“, ist Opitz überzeugt, und diesen Ansatz verfolgt sie bei all ihren Projekten als Gleichstellungsbeauftragte. Kooperationen und Netzwerkarbeit stehen hierbei an erster Stelle. So hat Opitz ein Unternehmerinnen-Netzwerk ebenso ins Leben gerufen wie ein Netzwerk für Politikerinnen und betreibt sie eine starke Öffentlichkeitsarbeit etwa zum Thema Vereinbarkeit oder Versorgung im Alter. Außerdem wird sie automatisch über neue politische Vorlagen informiert und ist sie in der Kommune die wichtigste Ansprechpartnerin, wenn es um die praktische Umsetzung von mehr Gleichstellung geht. „Ich gucke immer mit der Gleichstellungsbrille drüber“, sagt Opitz - ganz gleich, ob es sich um Vorlagen oder um Stellenausschreibungen handle. Gerade bei Letzteren gäbe es immer wieder Verbesserungsbedarf. „Es passiert immer noch, dass im Entwurf einer Stellenausschreibung ein Gärtner gesucht wird, da fühlen sich Frauen trotz (m/w/d) nicht immer angesprochen“, so Opitz. Sie schlägt stattdessen dann genderneutrale Formulierungen vor, damit sich alle gemeint fühlen.
Miteinander statt Kampf
Bei ihrer Arbeit in der Gemeinde Ilsede hat Opitz festgestellt, dass „Gleichstellung im Kopf beginnt“, wie sie sagt. Im besten Falle sollte anfängliche Skepsis übergehen in Interesse für die Gleichstellung und dabei helfe es bereits, wenn das Thema überhaupt sichtbar gemacht werde. „Mit dem Hammer kommt man nicht weit“, sagt Opitz, die die Erfahrung gemacht hat: „Statt die Gleichstellung kämpferisch anzugehen, bewährt sich in der Praxis am ehesten ein Miteinander.“
Hier gibt es mehr Informationen zum Aktionsprogramm Kommune - Frauen in der Politik.
Hier finden Sie einen Muster-Gleichstellungsplan aus NRW als Hilfestellung für Kommunen.

