Sollte böllern an Silvester verboten werden?
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Sicherheit

Böllerverbot an Silvester: Was Kommunen wirklich dürfen

Kurz vor Silvester beginnt wieder die Diskussion um Böllerverbote. Der Erwartungsdruck aus der Bevölkerung wächst, die rechtlichen Spielräume bleiben eng. Was dürfen die Städte und Gemeinden - und was tun sie bereits?

Kommunen entscheiden, ob es vor Ort Feuerwerks- oder Böllerverbote gibt. Doch den rechtlichen Rahmen gibt die Bundesebene vor. Unter welchen Umständen ein kommunales Böllerverbot möglich ist, regelt § 24 der Ersten Sprengstoffverordnung (1. SprengV). Er eröffnet nur zwei rechtssichere Ansatzpunkte für Verbote durch die Kommune:

Wichtig für die Praxis: Raketen, Batterien und sonstiges Effektfeuerwerk dürfen nach Bundesgesetz also nur bei akuter Brandgefahr verboten werden.

Doch auch eine andere rechtliche Grundlage wird in der Praxis genutzt: In einigen Kommunen wurde ein Feuerwerksverbot auch dort erlassen, wo keine brandempfindlichen Gebäude betroffen waren - nämlich, wenn eine konkrete Gefahrenlage vorliegt und das Polizeirecht des Landes hier ein Feuerwerksverbot als Lösung vorsieht. 

Generell gilt: Feuerwerk und Böller abbrennen ist bundesweit für Privatleute nur am 31. Dezember und 1. Januar erlaubt. Ein bundesweites generelles Verbot auch an diesen Tagen gilt in direkter Umgebung von Kinder- und Altersheimen, Kirchen und Kliniken. 

Handlungsmöglichkeiten für Kommunen im Überblick

Option 1: Brandschutz (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 1. SprengV)

Verbote in Altstädten mit Fachwerkhäusern, historischen Bauten oder reetgedeckten Gebäuden lassen sich gut begründen. Viele Kommunen nutzen diesen Weg – von Lübeck über Tübingen bis Alsfeld.

Option 2: Böllerverbot in dichtbesiedelten Gebieten (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 1. SprengV)

Erlaubt ist ausschließlich das Verbot von Böllern mit reiner Knallwirkung. Raketen, Batterien und Fontänen bleiben erlaubt.

Option 3: Kombination beider Ansätze

Einige Städte kombinieren beide Rechtsgrundlagen und schaffen so größere, rechtssichere Verbotszonen.

Option 4: Verbot wegen konkreter Gefahrenlage

Wenn die polizeiliche Generalklausel des entsprechenden Bundeslandes ein Feuerwerksverbot im Falle von konkreten Gefahrenlagen ermöglicht, können Kommunen örtlich stark begrenzt, dort wo es in der Vergangenheit zu solchen Gefahrenlagen gekommen ist, ein Feuerwerksverbot verhängen. 

Die Feuerwerks- oder auch Böllerverbote müssen von den Kommunen per Allgemeinverfügung bekanntgemacht werden.

Petition mit über 2,2 Millionen Unterschriften

Die Rufe nach Verboten von Feuerwerk und Böllern werden in den letzten Jahren lauter. Sie werden getragen von der Polizeigewerkschaft, die ihre Einsatzkräfte schützen möchte, über Ärzteverbände, die die Unfallzahlen runterbringen wollen und Umweltschützern, die sich über Feinstaubbelastung und Müllproduktion sorgen bis hin zu Hundebesitzern, die ihren Vierbeinern die Qual der Silvesternacht ersparen möchten.

Die Gewerkschaft der Polizei Berlin übergab den Innenministern eine Petition mit dem Titel "Bundesweites Böllerverbot, jetzt!" mit mehr als 2,2 Millionen Unterschriften. GdP-Landesvorsitzender Stephan Weh bezeichnete dies als „die größte Petition, die es gibt in Deutschland“. 

Nach der Silvesternacht 2024/25 mit fünf Todesopfern und rund 800 Augenverletzungen hat die Debatte weiter an Dynamik gewonnen. Zusätzlichen politischen Druck erzeugt die Entscheidung der Niederlande, privates Silvesterfeuerwerk ab dem Jahreswechsel 2026/27 vollständig zu verbieten.

Hier reichte kein Böllerverbot: So sah der Schlossplatz in Stuttgart an Neujahr aus, bevor die Stadt das Feuerwerksverbot verhängte.
So sah der Schlossplatz in Stuttgart an Neujahr aus, bevor die Stadt das Feuerwerksverbot verhängte.

Juristische Grauzonen: Was bedeutet „dichtbesiedelt“ und „unmittelbare Nähe“?

Den Handlungsspielraum der Kommunen schränkt die aktuelle Gesetzgebung stark ein. Zudem sind verschiedene Begriffe in dem extrem kurzgehaltenen Paragrafen des Sprengstoffgesetzes nicht sehr präzise. So ist etwa der Begriff „dichtbesiedeltes Gebiet“ gesetzlich nicht exakt definiert. Genau hier beginnt die rechtliche Unsicherheit.

Ebenfalls wenig spezifisch ist die Formulierung in „unmittelbarer Nähe“ zu brandgefährdeten Gebäuden. Ein Rechtsgutachten der Deutschen Umwelthilfe fordert Schutzabstände von mindestens 200 Metern um brandempfindliche Gebäude. Grundlage sind Versuche der Bundesanstalt für Materialprüfung, die Flugweiten von bis zu 180 Metern bei F2-Raketen ermittelten. 

Böllerverbot oder Feuerwerksverbot?

Bei der Diskussion um Silvesterfeuerwerk ist die Unterscheidung zwischen Böllerverbot und Feuerwerksverbot entscheidend – denn die Begriffe werden oft verwechselt oder synonym verwendet. Doch rechtlich bezeichnen sie völlig unterschiedliche Regelungen. Ein Böllerverbot bezieht sich laut §24 Abs. 1 Satz 2 der 1. SprengV nur auf pyrotechnische Gegenstände "mit ausschließlicher Knallwirkung". Das bedeutet: Böller, Kanonenschläge, Knallketten und Knallfrösche dürfen nicht gezündet werden – Raketen, Feuerwerksbatterien und Fontänen mit visuellen Lichteffekten bleiben jedoch erlaubt. Ein solches Böllerverbot gibt es bisher in fast keiner Kommune in Deutschland. Ausnahmen sind Heilbronn, Köln und einzelne Bezirke Berlins. 

Diese Unterscheidung ist wichtig, da das Sprengstoffrecht den Kommunen nur erlaubt, Feuerwerk mit reiner Knallwirkung in "bestimmten dichtbesiedelten Gemeinden oder Teilen von Gemeinden" zu verbieten. Ein Feuerwerksverbot hingegen umfasst alle Feuerwerkskörper der Kategorie F2 – also sowohl Böller als auch Raketen und sämtliche andere Silvesterfeuerwerke. Solche umfassenden Verbote können Kommunen nur zum Schutz besonders brandempfindlicher Gebäude wie Fachwerkhäuser (§23 Abs. 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz) erlassen. Einige Kommunen haben solche Feuerwerksverbote schon vor vielen Jahrzehnten verhängt - so etwa St. Peter Ording für das gesamte Gemeindegebiet. Viele ziehen in den letzten Jahren nach. 

In der Praxis bedeutet das: In Städten wie Heilbronn und Köln dürfen Bürgerinnen und Bürger trotz Böllerverbot weiterhin Raketen steigen lassen, während in den Altstädten von Tübingen, Stuttgart oder Quedlinburg jegliches Feuerwerk – ob mit oder ohne Knallwirkung – untersagt ist.

Feuerwerksverbote für die öffentliche Sicherheit

Verschiedene Kommunen haben Verbotszonen mit der Begründung eingeführt, dass es in der Vergangenheit durch Silvesterfeuerwerk an bestimmten Orten zu einer konkreten Gefahrenlage gekommen sei. So etwa die Stadt Berlin an Plätzen wie dem Alexanderplatz und der Sonnenallee oder auch Bielefeld in direkter Umgebung des Hauptbahnhofs. Sie berufen sich dabei auf Landesrecht - genauer die polizeiliche Generalklausel. 

In der Vergangenheit sind Böllerverbote und Feuerwerksverbote, die sich auf Landesrecht und nicht auf die Sprengstoffverordnung stützen, von Gerichten mehrfach gekippt worden. Hilfreich ist eine Erläuterung aus dem "Rechtsgutachten zu kommunalen Möglichkeiten der Beschränkung des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände an Silvester"

Verstößt die Verwendung von Feuerwerk gegen Regelungen, die sich nicht ausschließlich gegen feuerwerksspezifische Gefahren richten, sondern solche Gefahren nur mitumfassen, so kann hiergegen auch auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage eingeschritten werden.

Bundesrat lehnt Ausweitung kommunaler Befugnisse ab

Im November 2024 scheiterten zwei Bundesratsinitiativen zur Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume:

  • Rheinland-Pfalz wollte Verbote in der Nähe von Tierheimen ermöglichen.

  • Berlin forderte die Streichung der Einschränkung auf „dichtbesiedelte Gebiete“ und „reine Knallwirkung“

Beide Anträge wurden mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Auf der Innenministerkonferenz in der letzten Woche zeigte sich Bundesinnenminister Alexander Dobrindt zwar offen für größere Böllerverbotszonen, kündigte jedoch keine Änderungen des Sprengstoffgesetzes an. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer und Berlins Innensenatorin Iris Spranger forderten, dass Länder und Kommunen erweiterte Kompetenzen erhalten sollten.

Auch die kommunalen Spitzenverbände fordern mehr Eigenverantwortung für Städte und Gemeinden. Sie sollten über Verbote entscheiden können. 

Keine schnelle Lösung in Sicht

Solange der Bund das Sprengstoffrecht nicht anpasst, bleiben die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen eng. Die gescheiterten Bundesratsinitiativen zeigen deutlich: Ein politischer Wille für erweiterte kommunale Kompetenzen ist derzeit nicht gegeben. Für Entscheidungsträger in Kommunalpolitik und -verwaltung bedeutet das: Sie müssen auch beim kommenden Jahreswechsel mit den bestehenden, begrenzten rechtlichen Instrumenten arbeiten – und kreative Lösungen innerhalb dieser Grenzen finden.

Hier gibt es ein Böllerverbot

  • Berlin (Viele Bezirke beschränken das Böllern auf die Zeiten zwischen 18 Uhr an Silvester und 7 Uhr an Neujahr)

  • Heilbronn (gesamte Innenstadt)

  • Köln (gesamter linksrheinischer Bereich innerhalb der Ringe)

Hier gibt es ein Feuerwerksverbot

  • Alsfeld (historische Altstadt innerhalb der Umgrenzung von Burgmauerweg, Klostermauerweg, Mainzer Tor, Marburger Straße, Schellengasse und Alicestraße) 

  • Amrum (gesamte Insel, bereits seit 1981)

  • Augsburg (Innenstadt)

  • Berlin (Alexanderplatz, Sonnenallee-Bereich, Steinmetzkiez, Brandenburger Tor, Bereich um das Gefängnis Alt-Moabit; weitere Bereiche im Gespräch)

  • Bielefeld (Partymeile am Hauptbahnhof)

  • Bochum (Brüderstraße, Teile von Kerkwege, Kortum- und Kreuzstraße)

  • Bremen (Rathaus, Schnoorviertel, Weser-Promenade Schlachte)

  • Celle (Südwall, Kleiner Plan, Am Heiligen Kreuz, Schuhstraße, Kanzleistraße und Schlossplatz) 

  • Düsseldorf (gesamte Altstadt)

  • Duisburg (Bereich um Zoo und Kaiserberg)

  • Erfurt (Großteil der Altstadt, gesamter Petersberg)

  • Esslingen (gesamte Innenstadt, ausgeweitet 2025 - vorher nur Altstadt)

  • Föhr (Böllern nur noch an Strand und Deichen erlaubt) 

  • Fulda (gesamte Altstadt)

  • Frankfurt (Eiserner Steg, Innenstadt, Zeil)

  • Göttingen (gesamte Innenstadt)

  • Goslar (Innenstadt)

  • Hamburg (Binnenalster, Jungfernstieg, Rathausmarkt)

  • Hann.Münden (Innenstadt)

  • Hannover (Opernplatz, Kröpcke, Karmarschstraße bis Platz der Weltausstellung, Georgstraße bis Steintor, Bahnhofstraße, Ernst-August-Platz, Raschplatz, erweiterter Bereich Steintorplatz) 

  • Horb am Neckar (Altstadt)

  • Karlsruhe (Schlossplatz, Turmbergstraße, Marktplatz)

  • Kassel (Innenstadt)

  • Konstanz (historische Altstadt)

  • Lüneburg (Innenstadt, am Kalkberg und beim Kloster Lüne) 

  • Mengen (Altstadt; Gebiet innerhalb des Stadtgrabens)

  • Mühlhausen (Altstadt)

  • München (Altstadt + Mittlerer Ring)

  • Münster (Domplatz, Prinzipalmarkt)

  • Northeim (Innenstadt) 

  • Nürnberg (Bereich um die Burg, Lorenzkirche, Frauenkirche, Sebalduskirche, Königstraße, Hauptmarkt)

  • Osterode (Innenstadt)

  • Quedlinburg (Innenstadt) 

  • Ravensburg (Altstadt) 

  • Regensburg (Innenstadt)

  • Reutlingen (Altstadt)

  • Rottweil (historische Innenstadt) 

  • Salzwedel (Innenstadt)

  • St. Peter Ording (komplettes Verbot für Privatpersonen)

  • Schwäbisch Gmünd (historische Altstadt) 

  • Seestermühe (gesamte Gemeinde)

  • Speyer (Innenstadt) 

  • Stolberg (Innenstadt)

  • Stuttgart (Innenstadt/Cityring, Bereich um Schlossplatz)

  • Sylt (gesamte Insel, bereits seit 1980er Jahre)

  • Tangermünde (Innenstadt) 

  • Trier (Bereich Hauptmarkt)

  • Tübingen (historische Altstadt)

  • Waldshut-Tiengen (Altstadt) 

  • Werben (Innenstadt) 

  • Wernigerode (Teile der Innenstadt)