Uwe Schneidewind, Oberbürgermeister von Wuppertal
Uwe Schneidewind, Oberbürgermeister von Wuppertal, kam von der Wissenschaft in die Kommunalpolitik.
© Stadt Wuppertal

Wuppertal

Oberbürgermeister will Buga ohne neue Parkplätze

Uwe Schneidewind, Oberbürgermeister von Wuppertal, plant eine Bundesgartenschau ohne zusätzliche Parkplätze. Er setzt auch sonst auf die Mobilitätswende. Unser Bürgermeister des Monats im Porträt!

In ganz Deutschland kennt man Wuppertal für seine Schwebebahn. Über der manchmal stillen, manchmal reißenden Wupper fährt sie die Menschen durch die Stadt: 60.000 Passagiere befördert sie an einem normalen Tag - also ähnlich viele wie eine U-Bahn-Linie in Berlin.  „Wuppertal ist aber auch die Stadt mit dem größten zusammenhängenden Gründerzeitviertel in ganz NordrheinWestfalen”, sagt Uwe Schneidewind. „Und egal, wo Sie in der Stadt unterwegs sind: Nach zehn Minuten Fußweg erreichen Sie einen Stadtpark.” Seit 2020 ist er Oberbürgermeister, mit der Stadt verbunden ist der Wirtschaftswissenschaftler indes schon länger: Zehn Jahre lang war er wissenschaftlicher Geschäftsführer des “Wuppertal Instituts”, eines international renommierten Thinktanks für Nachhaltigkeitsforschung. Und zugleich war der frühere Präsident der Universität Oldenburg Inhaber eines Lehrstuhls für “Innovationsmanagement und Nachhaltigkeit” an der Universität Wuppertal.

Wuppertals Bürgermeister und die Transformation

Was zieht einen Wissenschaftler in die nordrhein-westfälische Kommunalpolitik?  „Was mich immer wieder interessiert hat, ist die Frage: Wie verändern sich Gesellschaften, wie verändert sich eine Volkswirtschaft?”, sagt Schneidewind. Immer wieder musste er jedoch erleben, wie die Politik Forschungsergebnisse “über den Zaun” wirft. „Dann kann man als Wissenschaftler arrogant werden, oder man kann sagen: Wir haben die Herausforderungen, die hinter unseren Forschungsergebnissen stehen, vielleicht doch nicht richtig verstanden – wir müssen reden.”

Bei Schneidewind führte das dazu, dass ihm die Kandidatur für das Oberbürgermeisteramt angeboten wurde. Er sagte zu. „Wuppertal ist nun einmal seit 150 Jahren eine Stadt der Transformation.” Als Beispiel nennt Schneidewind die Firma Vorwerk: Ein Unternehmen, das zu Anfang Teppiche herstellte, dann Reinigungsgeräte dafür und heute beim Kochgerät angekommen sei: „Ein Digitalunternehmen, das über Direktvermarktung eine ganz neue Produktkategorie in unsere Haushalte bringt.“  Solche Firmen fände man viele in Wuppertal, sagt Schneidewind. Aber eben auch die sozialen Probleme einer Industriestadt in NRW, die trotz eines massiven Schuldenabbaus noch immer knapp eine Milliarde Euro an Kassenkrediten vor sich herschiebe.

Mobilitätswende bei Buga zeigen

In diese Stadt brachte der neue Oberbürgermeister eine ganze Reihe neuer Ideen. Zum Beispiel eine weitgehend autofreie Bundesgartenschau. Wuppertal will sie 2031 ausrichten - und zwar ohne, dass dafür auch nur ein einziger Parkplatz in der Stadt zusätzlich errichtet wird. „Wir wollen den zwei Millionen Besuchern die Mobilitätswende in der Stadt zeigen”, sagt Schneidewind. "Die Buga ist das Projekt, mit dem wir in der Stadt Nachhaltigkeit und Transformation erzeugen wollen.” Für die Bundesgartenschau soll das Radwegenetz in der Stadt massiv ausgebaut werden, das nachhaltige Bauen und die Wiedergewinnung von Flächen sollen Thema werden. Ein Bahnhof soll das zentrale Tor der Buga werden. Denn in der Stadt hat sich aus Sicht von Schneidewind lange nichts bewegt. „Wir haben erst im September die zweite Fahrradstraße in Wuppertal eröffnet”, sagt der Oberbürgermeister. „Davor gab es eine zwanzigjährige Pause, nachdem Anfang der 2000er-Jahre die erste Fahrradstraße entstanden war.”

Wuppertaler Schwebebahn
Wuppertals Schwebebahn als eines der Wahrzeichen.

Aber wie wirkt das auf die Wuppertaler? Gehen sie bei den Ideen ihres Oberbürgermeisters wirklich mit? Wollen sie Radwege und Fahrradstraßen? „Es ist ganz klar, dass das ein langer und schwieriger Prozess bleibt”, sagt Schneidewind. „Die Verkehrswende umzusetzen, ist in Wuppertal nicht einfacher als in jeder anderen deutschen Stadt.” Die Entscheidung für die Bundesgartenschau fiel erst nach einem Bürgerentscheid, der die Gartenschau eigentlich verhindern wollte, bei dem dann aber die Mehrheit der Wähler für die Buga stimmte. „Wichtig ist mir eine gute Begleitung durch Bürgerbeteiligung”, sagt Schneidewind. Er versuche, viele Dinge nicht von oben herab aus dem Rathaus anzustoßen, sondern vielmehr auf Anliegen der Bürger vor Ort zu hören. Oft seien es gerade lokale Initiativen, die vor Ort die besten Lösungen für die Probleme der Stadt hätten. So habe eine Bürgerinitiative dafür gesorgt, dass ein zentraler Stadtplatz heute autofrei sei. „Aber wir brauchen auch den Mut, einfach mal was auszuprobieren und zu sagen: Das machen wir jetzt – mal gucken, wie sich das entwickelt.”

Zehnkämpferqualitäten als Oberbürgermeister

 

Verglichen mit der Zeit am Institut sei sein Respekt vor dem Posten des Oberbürgermeisters und der Kommunalpolitik als Ganzem in den letzten zwei Jahren jedenfalls gewachsen. „Wenn man nicht selber in der Rolle steckt, spürt man nicht, welche Zehnkämpferqualitäten da eigentlich nötig sind“, sagt Schneidewind. Denn ein Oberbürgermeister müsse sich in den unterschiedlichsten "Arenen" bewähren: Auf der einen Seite sei er Manager einer Verwaltung. Gleichzeitig gebe es aber die Erwartungen der Stadtgesellschaft. „Jeder möchte durch die Präsenz des Oberbürgermeisters zu Recht wertgeschätzt werden in dem, was er für die Stadt tut.” Und dann müsse ein Oberbürgermeister immer auch noch Politmanager sein und sich um die Mehrheiten im Stadtrat kümmern.

Wenn ein Oberbürgermeister von Wuppertal erfolgreich ist, kann er es in Deutschland auch weit bringen: Schräg gegenüber von Schneidewinds Schreibtisch findet sich in seinem Büro nämlich noch ein weiterer, alter, repräsentativer Arbeitsplatz. „Das ist der alte Schreibtisch von Johannes Rau”, erzählt Schneidewind. “Den habe ich wieder in mein Büro bringen lassen.” Auch wenn der Wuppertaler Oberbürgermeister auf Nachhaltigkeit und Transformation setzt, bleibt ihm die Erinnerung an die Vergangenheit wichtig. „Wenn du weißt, dass es in der Reihe deiner Vorgänger Menschen gibt, die nicht nur Wuppertal, sondern das ganze Land insgesamt besonders geprägt haben, dann gibt das Demut”, sagt Schneidewind. „Und ich finde, Demut ist immer eine gute Grundhaltung, wenn man in diesem Amt etwas erreichen will.”