E-Bus
E-Busse werden immer häufiger im ÖPNV eingesetzt.
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Klimaschutz

"Saubere-Fahrzeuge-Gesetz": Das kommt auf die Kommunen zu

Die technologische Zeitenwende im Mobilitätssektor stellt Kommunen vor große Herausforderungen. Das "Saubere-Fahrzeuge-Gesetz" verlangt mehr, als nur die Anschaffung von emissionsfreien beziehungsweise emissionsarmen PKWs und Ladestationen. In deutschen Kommunen müssen Richtlinien studiert, Fördertöpfe angezapft und Infrastrukturen angepasst werden.

Die "Clean Vehicles Directive" (CVD) der Europäischen Union hat es in sich: Mit diesem Gesetz gibt es erstmals verbindliche Mindestziele für emissionsarme und emissionslose PKW sowie für leichte und schwere Nutzfahrzeuge, die bei der Auftragsvergabe der öffentlichen Hand beachtet werden müssen. Referenzzeiträume: vom 2. August 2021 bis zum 31. Dezember 2025 sowie vom 1. Januar 2026 bis zum 31. Dezember 2030.

Die verordneten Quoten: 38,5 Prozent emissionsarme oder emissionsfreie PKW und leichte Nutzfahrzeuge im ersten Zeitraum. 45 Prozent Busse im Öffentlichen Nahverkehr im ersten und 65 Prozent im zweiten Referenzzeitraum. Als sauber im PKW-Bereich gelten  Fahrzeuge, die den Grenzwert von 50 Gramm CO2 pro Kilometer einhalten, ab 2026 werden Null Gramm Emissionen vorgeschrieben. Schwere Nutzfahrzeuge und Busse mit alternativen Kraftstoffen wie Biokraftstoffe, Wasserstoff, Erdgas oder Strom gelten ebenso als sauber wie Plug-In und Hybridantriebe.

Das "Saubere-Fahrzeuge-Gesetz": Für wen gilt es?

Ausschreibungen oder Vergabeverfahren der öffentlichen Hand müssen anhand der neuen Richtlinien gestaltet werden, wenn Verträge über Kauf oder Leasing von Strassenfahrzeugen abgeschlossen, Busse im öffentlichen Nahverkehr angeschafft oder Dienstleistungen wie die Abholung von Schadstoffen, Elektrogeräten oder Grünabfälle angeboten werden. Ausnahmen gelten derzeit noch für Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Bundeswehr sowie land- und forstwirtschafliche Fahrzeuge und Reisebusse. In diesem Sektor trägt der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung, dass die Marktverfügbarkeit dieser Fahrzeuge tatsächlich noch gar nicht gegeben ist.

Unterschätztes Problem: die Infrastruktur

Häufig unterschätzt wird in den Kommunen die Auswirkungen der neuen Gesetzeslage auf die bestehende Infrastruktur. Der Rechtsanwalt Jan Deuster von der Kanzlei CBH rät: "Grundsätzlich sollten in den Kommunen Fahrzeugbeschaffung, Fuhrpark und Infrastruktur zusammengedacht werden." Ein Beispiel: Wenn in den Werkstätten Reparaturen bisher von unten vorgenommen wurden, so braucht man bei der Wartung von Elektrofahrzeugen Hebevorrichtungen, da sich die Technik bei E-Bussen im Dach befindet. "Die für die E-Mobilität benötigten Umbauten vorhandener Infrastrukturen können in kommunalen Betrieben ein ernstzunehmender Kostentreiber sein", so der Jurist.

Schwierige Beschaffung

Nadelöhr bei der Umsetzung der Direktive der EU ist das Beschaffungsproblem. Problemlos gestaltet sich zumeist der Kauf von emissionsfreien beziehungsweise emissionsarmen PKWs. Weniger einfach wird der Umstellungsprozess, wenn es um Nutzfahrzeuge geht. Müllsammelfahrzeuge mit emissionsfreiem Elektro- oder Wasserstoffantrieb werden derzeit serienmäßig noch gar nicht produziert und bestellbare Fahrzeuge kosten leicht das Doppelte oder Dreifache der Fahrzeuge mit Verbrennermotor. Deuster erklärt: "Das Gesetz kann durchaus als Signal der Europäischen Union an die Industrie verstanden werden, ihre Produktpalette umzustellen. Und dieses Signal ist von den Herstellern auch verstanden worden. Nicht nur im PKW-Bereich, auch im Bus-Segment, ist diese Umstellung weitgehend erfolgt. Allerdings stellen wir häufig fest, dass die Qualität der angebotenen Fahrzeuge nicht ausreichend ist. In Bonn zum Beispiel mussten vor drei Jahren die neuen E-Busse komplett zurückgegeben werden, weil die Technik nicht einwandfrei funktionierte." 

Saubere-Fahrzeuge-Gesetz  erfordert Investitionen

Das neue Gesetz verlangt von den Kommunen zudem immense Investitionen, die durch entsprechende Fördermittel abgemildert werden sollen. Die Liste der Förderangebote seitens der EU und der Bundesregierung sowohl für Fahrzeuge als auch für Infrastrukturmaßnahmen ist lang und ständig kommen neue dazu. Aber Vorsicht: Manche der Förderbedingungen sind derzeit gar nicht umsetzbar. Beispiel: Wasserstoff. Ihm wird ein enormes Potenzial für den Übergang zu einem klimafreundlichen Energiesystem zugeschrieben und spielt deshalb im "Green Deal" der Europäischen Union auch eine wesentliche Rolle.

Allerdings ist grüner Wasserstoff nur durch den Einsatz großer Mengen an grünem Strom herstellbar und damit sehr teuer in der Produktion. Entsprechend gering ist das Angebot. Jan Deuster stellt klar: "Das Beispiel Wasserstoff zeigt, dass die Verfasser von Förderprogrammen manchmal dazu neigen, Voraussetzungen für die Vergabe von Fördermitteln zu definieren, die derzeit noch gar nicht erfüllt werden können. Hier heißt es für Kommunen genau zu prüfen, welche Fördermittel sie in Anspruch nehmen und ob sie den Vergaberichtlinien in der Praxis überhaupt entsprechen können." 

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