Cannabisfreigabe
Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf zur Cannabisfreigabe mehrheitlich beschlossen.
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Neues Gesetz

Cannabis-Freigabe: Kommunen warnen

Der Besitz, Anbau und Konsum von Cannabis soll in Deutschland künftig teilweise legalisiert werden. Nicht nur Polizei und Justizverbände kritisieren das vom Bundestag beschlossene neue Gesetz. Die Kommunen warnen vor einem Kontrollaufwand, der nicht umsetzbar sei.

Der Bundestag hat an diesem Freitag dem Entwurf des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis mehrheitlich zugestimmt. CDU und AfD kritisierten die Erleichterungen scharf. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung: 407 Ja-Stimmen, 226 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. Ziel ist es, den Konsumenten einen "verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu erleichtern" und dem kriminellen Schwarzmarkt den Kampf anzusagen, so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der zuvor emotional geführten Debatte. Das von der Ampel-Bundesregierung geplante Gesetz zur Cannabis-Freigabe ist wegen seiner unabsehbaren Auswirkungen heftig umstritten. Nicht nur Polizei und Justiz warnen davor, dass die neuen Regelungen nicht kontrollierbar sind. Auch die Kommunen fürchten nun einen Kontrollaufwand, der nicht umsetzbar sei.

Kommunen: Gewaltiger Aufwand droht

"Das Gesetz regelt eine Vielzahl von Details, die nur mit gewaltigem Aufwand, wenn überhaupt, zu kontrollieren sind. Die Größe der Cannabis-Vereine, nicht mehr als 500 Mitglieder, unentgeltliche Abgabe an Mitglieder, ein Jugendschutzkonzept, kein Konsum im Umkreis von 100 Metern bei Schulen und Kindergärten - Es ist völlig unklar, wie die Kommunen - Ordnungsämter und Gesundheitsämter - das ernsthaft kontrollieren sollen, wo überall Personal fehlt", sagte der Ehren-Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeinbundes, Gerd Landsberg zu KOMMUNAL.

Landsberg: Politik produziert Bürokratie

Er kritisierte scharf: "Die Politik produziert, wenn auch vielleicht gut gemeint, Bürokratie und achtet zu wenig auf die notwendige Umsetzung vor Ort." Das gelte erst recht für die Justiz. "Frühere Verurteilungen, die nach der neuen Regelung straffrei wären, sollen wieder aufgegriffen werden. Es geht um Zehntausende von Fällen und die Justiz ist ohnehin überlastet", so Landsberg.

Cannabis-Freigabe: Das sieht der Gesetzesentwurf vor

  • Der beschlossene Gesetzesentwurf sieht vor, dass eine Person straffrei drei Cannabis-Pflanzen bei sich zu Hause halten darf. Die Erzeugnisse sind nur für den Eigenbedarf bestimmt und dürfen nicht weitergegeben werden.
  • Erwachsene dürfen zu Hause bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen. Ab 60 Gramm ist der private Besitz strafbar, zwischen 50 und 60 Gramm gelten als Ordnungswidrigkeit.
  • Wer unterwegs ist, darf bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich führen.
  • Bisher galt ein strenges Cannabis-Verbot im Straßenverkehr. Das soll sich nun ändern: Cannabiskonsum soll ähnlich wie der von Alkohol behandelt werden, mit einem gesetzlichen Grenzwert.
  • Cannabis darf öffentlich nicht im direkten Umkreis von Schulen und Kitas konsumiert werden. Verboten ist der Konsum im Abstand von 100 Metern um Schulen, Kitas, Jugendzentren und Spielplätze, in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr.
  • Sogenannte Coffee-Shops wie in den Niederlanden soll es nicht geben.

Erst am 1. Juli 2024 sollen auch die Cannabis-Clubs starten. Durch die Anbauvereinigungen soll garantiert werden, dass kein verunreinigtes Cannabis in Umlauf kommt und auch die Höhe des THC-Gehalts geregelt wird. Der THC-Gehalt gibt an, wie stark das jeweilige Cannabis ist. In den Clubs kann Cannabis auch ausgegeben werden. Erwachsene dürfen pro Ausgabe maximal 25 Gramm erhalten. Auf den ganzen Monat gesehen sind das maximal 50 Gramm. 18- bis 21-Jährige erhalten maximal 30 Gramm mit einer Wirkstoffkonzentrationsbegrenzung von zehn Prozent THC pro Monat. Damit die vorgegebenen Mengen nicht überschritten werden, sind Mitgliedschaften in mehreren Clubs verboten. Dies soll von Behörden kontrolliert werden. Außerdem dürfen nur Personen Mitglied werden, die keine einschlägigen Vorstrafen haben.

Cannabis-Freigabe-Gesetz soll am 1. April in Kraft treten

Am 1. April soll das Gesetz in Kraft treten. Am 22. März soll es im Bundesrat behandelt werden. Die Länderkammer kann Einwände erheben, das Gesetz aber nicht stoppen. Denn es ist nicht zustimmungspflichtig, die Länderkammer könnte aber den Vermittlungsausschuss anrufen und so Nachbesserungen verlangen.

Polizeigewerkschaft warnt vor Legalisierung

Heftige Kritik am neuen Cannabis-Gesetz kommt auch von der Gewerkschaft der Polizei. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Hessen, Jens Mohrherr, sagte zu KOMMUNAL: "Ein Bundesgesetz, das Cannabis legalisiert, macht Arbeit." Der damit verbundene Aufwand könne weder der Polizei und der Justiz noch den Kommunen zugemutet werden. Erhebliche Rechts- und damit Handlungsunsicherheit aller dem „neuen Recht Unterworfenen“ werde den Arbeitsalltag bestimmen. „Größte Gefahr bei der Legalisierung ist, dass der Schwarzmarkt auch weiterhin Bestand haben und sich schlimmstenfalls ganz auf Jugendliche konzentrieren wird", warnt der hessische GdP-Vorsitzende. Zudem wird der illegale Markt auch auf die „Preise des Staates“ reagieren. Die Gefahr eines grenzüberschreitenden „Cannabis – Tourismus“ bestehe, da mit der Legalisierung von Cannabis aus dem Schwarzmarkt, den Anbauvereinigungen und dem Eigenanbau wird eine noch größere Verfügbarkeit von Cannabis einhergeht.

Stadt Nürnberg: Zuständigkeiten noch ungeklärt

Auf Anfrage von KOMMUNAL sagte ein Sprecher der Stadt Nürnberg: "Wie das Gesetz umgesetzt werden soll, ist noch nicht final geklärt." Vor allem die Umsetzung in Bayern und damit die Zuständigkeiten seien noch offen. "Insofern warten wir noch konkrete Vollzugshinweise und Zuständigkeitsregelungen ab", heißt es aus dem Ordnungsamt der Stadt. Bayern plant laut Presseberichten eine zentrale Cannabis-Kontrolleinheit, um die Erlaubnisse für Anbauvereinigungen zu erteilen und zu überwachen. "Was den Konsum im öffentlichen Raum beziehungsweise dessen Beschränkungen angeht, ist aktuell noch keine Ressourcenplanung erfolgt und hängt letztlich auch von weiteren Faktoren oder auch der Kontrolldichte durch die Polizei ab", so der Sprecher der bayerischen Stadt.

Hanau: Zuständigkeit regeln

Ein Sprecher der hessischen Stadt Hanau sagte auf Anfrage von KOMMUNAL: "Wir fordern nachdrücklich, dass die Zuständigkeiten möglichst bald geregelt werden."

Den Gesetzesentwurf finden Sie hier.