Kanzlerin Merkel verkündet weitere Lockerungen in der Corona-Krise
Kanzlerin Merkel verkündet weitere Lockerungen in der Corona-Krise

Papier der Regierungschefs

Neue Corona-Beschlüsse: Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt

Die Telefonschaltkonferenz vom 6. Mai zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder hat massive Auswirkungen auf das Leben der Menschen und auf die Regeln in den Städten und Gemeinden. Wir dokumentieren, was beschlossen wurde und was die Schritte konkret bedeuten. Das Beschlusspapier finden Sie bei uns im Original als pdf.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie haben die Kommunen in den vergangenen Wochen vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Jetzt werden schrittweise viele Bereiche wieder gelockert. Aber unter Auflagen. Genau diese Auflagen müssen die Städte und Gemeinden kontrollieren und überwachen. Der erhebliche nächste Öffnungsschritt betrifft dabei fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens vor Ort. Grundsätzlich gilt laut dem neuen Beschlusspapier, dass die bisherigen Beschlüsse erhalten bleiben, soweit nicht jetzt abweichende Festlegungen getroffen werden. So steht es wörtlich in dem Papier. Direkt darunter eine klare Anweisung an die Landkreise und die kreisfreien Städte in Bezug auf die Infektionszahlen. Wörtlich heißt es im Corona-Beschlusspapier:

Die Länder werden sicherstellen, dass in Landkreisen und kreisfreien Städten mit kumulativ mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der letzten 7 Tage sofort ein konsequentes Beschränkungskonzept unter Einbeziehung der zuständigen Landesbehörden umgesetzt wird. 

Dieser Beschluss bindet die Kommunen also, sämtliche Lockerungsmaßnahmen zurückzuschrauben, sobald die Infektionsrate wieder steigt. Der Bund gibt also Verantwortung an die Kommunen ab, gibt ihnen aber gleichzeitig klare Vorgaben mit auf den Weg. 

Im Weiteren Verlauf des Papiers wird noch einmal erörtert, dass es bei der Abstandsregel von mindestens einem Meter 50 bleibt. Für Kommunen und Ordnungsämter heißt das, Sie müssen in der Öffentlichkeit weiter gewährleisten, dass die Bürger diesen Mindestabstand einhalten. 

Grundsätzlich gilt: Die coronabedingten Kontaktbeschränkungen in Deutschland wurden grundsätzlich bis 5. Juni verlängert. Allerdings sollen sich künftig auch Angehörige von zwei Haushalten treffen dürfen. Alle Geschäfte in Deutschland dürfen wieder öffnen. 

Die Schulen öffnen schrittweise wieder 

Auch für die Schulen gilt: Sie müssen Hygienemaßnahmen beschließen und die Abstandsregeln einhalten. Das gilt für den Unterricht ebenso wie für die Schülerbeförderung. Gleichzeitig spricht das Papier von einer schrittweisen Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts. Es überlässt also den Kommunen die Entscheidung, ob wieder komplett unterrichtet wird oder nur ein Teil des Unterrichts (z.b. 1-2 Tage pro Woche) vor Ort unterrichtet wird. Besonders genannt werden im Papier Schüler mit besonderem Untersützungsbedarf. Sie sollen vorrangig wieder beschult werden. 

Die erweiterte Notbetreuung von Kindern soll schon ab dem kommenden Montag gelten. Das heißt konkret, dass weitere Gruppen von Kindern wieder betreut werden dürfen, bisher war das beschränkt auf Kinder von Eltern in sogenannten "systemrelevanten" Berufen. Explizit nennt das Papier Kinder mit Sprachförderbedarf, Kinder am Übergang zur Vorschule oder Schule und Kinder in beengten Wohnverhältnissen. Die Einzelheiten sollen aber die Länder regeln.

Krankenhäuser und Pflegeheime werden wieder geöffnet 

Deutliche Erleichterungen gibt es im Bereich der Senioren- und Krankeneinrichtungen. Die Regularien dürften nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen. Die lokalen Gegebenheiten sind zu berücksichtigen, heißt es im Papier. Konkret wurde beschlossen, dass in alle Konzepte zu den Kontaktbeschränkungen vor Ort aufgenommen werden soll, dass wiederkehrende Besuche durch eine definierte Person ermöglicht werden. 

Auch Geschäfte und Sporteinrichtungen öffnen wieder 

Weiter heißt es im Papier: Alle Geschäfte können unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen wieder öffnen. Dabei ist die maximale Personenzahl zu begrenzen. Genaue Regeln obliegen auch hier wieder den Ländern. Ähnliches gilt für Sportstätten und den Trainingsbetrieb. Explizit werden hier auch der Breiten- und Freizeitsport unter freiem Himmel genannt. 

Die Länder regeln fast alle anderen Bereiche komplett selbstständig 

Der Bund zieht sich mit dem Papier sehr stark aus der Corona-Beschlussfassung zurück. Nahezu alle Bereiche sollen laut dem Beschluss nun von den Ländern eigenständig geregelt werden. Wörtlich heißt es: Die Länder werden in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten über die schrittweise Öffnung der folgenden Bereiche unter Auflagen entscheiden (hier genannt nur die kommunal relevanten Bereiche) 



Kontaktbeschränkungen, Vorlesungsbetrieb an Hochschulen, Übergang der Kinderbetreuung in den eingeschränkten Regelbetrieb, VHS, Musikschulen und sonstige öffentliche und private Bildungseinrichtungen, Gastronomie, Bars, Clubs, Diskotheken, Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen, Messen, Kosmetikstudios, Theater, Oper, Konzerthöäuser, Indoor-Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbäder, Fitnessstudios, Feiern und Veranstaltungen, Kinos, Spielhallen, Wettannahmestellen, Bordelle. 

Einzig Großveranstaltungen wie Volksfeste und Schützenfeste sind weiter ausgenommen. Hier wird weiter davon gesprochen, dass dies "mindestens" bis zum 31. August so bleiben wird. 

HIER FINDEN SIE DIE BESCHLÜSSE IM ORIGINAL ALS PDF: 

Das machen die Länder aus dem Papier: 

Die Länder übernehmen nun also die Verantwortung für die Lockerungen. Und haben auch schon konkrete weitreichende Beschlüsse gefasst. Hier die wichtigsten im Überblick (Stand: Mittwoch, 6. Mai 14 Uhr) 



Schleswig-Holstein plant Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Gastronomie und Tourismus ab Mitte Mai. Ab dem Zeitpunkt soll Tourismus wieder möglich sein. 



Mecklenburg-Vorpommern verspricht derweil Urlaub an der Ostsee:  Gaststätten sollen ab Samstag von 6-21 Uhr wieder öffnen dürfen - unter Hygieneauflagen und mit maximal 6 Personen pro Tisch. Ab dem 18. Mai sollen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen wieder öffnen. Ab dem 25. Mai sollen Touristen auch wieder aus anderen Bundesländern kommen dürfen.

In Sachsen-Anhalt dürfen ab dem 15. Mai wieder Ferienhäuser und an Einheimische vermietet werden. Restaurants sollen ab dem 22. Mai öffnen dürfen. 

Schon seit heute dürfen in Hamburg Spielplätze, Museen, Gedenkstätten, Zoos und botanische Gärten wieder öffnen. Auch Gottesdienste dürfen wieder stattfinden. 

Bayern hat derweil die Ausgangsbeschränkungen gelockert. Seit heute darf eine Person außerhalb des eigenen Hausstands besucht werden und auch Familienangehörige dürfen wieder besucht werden. 

NRW und Rheinland-Pfalz lockern die Beschränkungen für Besuche in Altersheimen. 

In Niedersachsen öffnen ab Montag die Gaststätten wieder, in 2 Wochen auch die Hotels. 

Reaktionen auf die Beschlüsse

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die Beschlüsse von Bund und Länderchefs als richtigen Ansatz begrüßt. Ihr Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte gegenüber KOMMUNAL: "Das ist ein Signal, auf das Gesellschaft und Wirtschaft schon lange warten. Die genaue Betrachtung des regionalen und örtlichen Infektionsgeschehens hat sich bereits in der Vergangenheit bewährt. So waren im Kreis Heinsberg die Schulen bereits geschlossen, bevor man bundesweit darüber überhaupt diskutiert hat. Das Infektionsgeschehen ist in Deutschland sehr unterschiedlich, von Land zu Land, von Region zu Region und auch von Stadt zu Stadt. So haben sich beispielsweise einzelne Städte bereits für "Corona-frei" erklärt. Dies muss bei den geplanten Lockerungen, aber auch bei etwaigen zukünftigen neuen Einschränkungen, die entscheidende Rolle spielen."

Gleichzeitig nimmt Landsberg die Kommunen aber auch in die Pflicht, wenn er sagt: "Wir werden alles dafür tun, dass die Regeln eingehalten werden und mögliche Infektionsketten so schnell wie möglich unterbrochen werden können. Eine große Hilfe kann dabei die geplante Tracing-App sein, wenn Menschen informiert werden, ob, wann und wo ein Riskokontakt zu einem Infizierzen bestand. Dieses Konzept wird allerdings nur funktionieren, wenn Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in einem Kommunikationskonzept diese App erklären und zugleich für Vertrauen und den entsprechenden Datenschutz werben. Ohne dass notwendige Vertrauen werden Menschen diese App nicht in ausreichendem Maße installieren. Die Kommunen, die an vorderster Front bei der Pandemiebekämpfung stehen, erwarten, dass sie zukünftig in die Bund-Länder-Gespräche frühzeitiger eingebunden werden. Gerade wenn man jetzt die lokalen und regionalen Aspekte zurecht besonders betont, müssen die lokalen Akteure umfassend und frühzeitig eingebunden werden."

DER KOMMENTAR VON KOMMUNAL-CHEFREDAKTEUR CHRISTIAN ERHARDT ZU DEN LOCKERUNGEN