In dieser Region arbeiten 31 Kommunen gemeinsam an der Energie- und Wärmewende
Eine ganze Region arbeitet gemeinsam an der Energie- und Wärmewende
© Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel

Umweltschutz

Energie- und Wärmewende: eine ganze Region arbeitet gemeinsam daran

Die Energie- und Wärmewende ist eine große Herausforderung für die Kommunen. In Bayerns äußerstem Südosten ist dazu Großes in Planung. Hier soll in den kommenden Jahren unter anderem eine "Fernwärme-Autobahn" entstehen. 31 Kommunen arbeiten gemeinsam daran.

Als Chiemgau bezeichnet sich die Region rund um den Chiemsee in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim. Unmittelbarer Nachbar ist der sogenannte Rupertiwinkel in Oberbayern. Dazu gehören Teile der Landkreise Altötting, Traunstein und Berchtesgadener Land. Hier im südöstlichsten Zipfel Deutschlands gibt es viele kleine, ländliche Kommunen, viele PV-Flächen und Biogasanlagen - die aber schon bald aus der Förderung rutschen dürften. Ohne feste Einspeisungsvergütung ist ein wirtschaftlicher Betrieb aber schwer zu realisieren. Abhilfe schaffen soll in den Regionen Chiemgau und Rupertiwinkel ein Großprojekt. Teil eins: Eine grüne Stromversorgung mit einem zentral gesteuerten "virtuellen Kraftwerk". Teil zwei: Eine vernetzte "Fernwärme-Autobahn, die sich bis in die österreichischen Regionen Salzburg und Oberösterreich erstrecken könnte. Ein ambitioniertes Vorhaben, das für andere ländlich geprägte Regionen Modellcharakter haben könnte. 

Energie- und Wärmewende: gemeinsam planen, gemeinsam umsetzen

Hinter der Idee stehen 31 Kommunen, die die Zukunft ihrer Wärme- und Stromversorgung gemeinsam planen, finanzieren und umsetzen wollen. Mit ein Grund für die Etablierung des neuen Regionalwerks Chiemgau-Rupertiwinkel ist eine Erkenntnis, zu der nicht nur Hans-Jörg Birner als Bürgermeister der kleinen Gemeinde Kirchanschöring in den vergangenen Jahren kam: "Wir als Gemeinden sind wahrscheinlich alle zu klein, um bei dem Thema nachhaltige Energie und dezentrale Energiewende wirklich etwas Substanzielles bewirken zu können." Hinzu sei das Gefühl gekommen, dass immer mehr Globalisierung gerade in den existentiellen Bereichen der Daseinsvorsorge nicht der richtige Weg sein könne und die Wertschöpfung wieder vermehrt in der Region gehalten werden müsse. Die Ergebnisse der Debatte in der Bürgermeisterrunde waren erste Schritte in Richtung einer gemeinsamen Strategie: eine Machbarkeitsstudie, die Auswertung von bereits anderswo laufender Großprojekte, die Definition von Handlungsfeldern, die realistische Abschätzung der eigenen Möglichkeiten - und die Gründung des Regionalwerks Chiemgau-Rupertiwinkel.

Das Regionalwerk: Die wesentlichen Handlungsfelder

  • Wärme: In der Planung sind Projektierung und Betriebsführung von dezentralen Wärmeversorgungen und Fernwärmenetzen, die in einem möglichen Zusammenschluss in einem  übergeordneten Fernwärmenetz mündet.
  • Dienstleistung: Wärmenetzplanung, gemeinsame technische Betreuung kommunaler Energieversorgung, Einrichtungen und Gebäude.
  • Beteiligung: Die finanzielle Beteiligung aller derzeit 31 Kommunen an Großprojekten und die Organisation bzw. Möglichkeit von Bürgerbeteiligung bei Einzelprojekten.
  • Strom: Der Zusammenschluss aller grüne Energie produzierenden Anlagen - inklusive Mieterstromprojekte - zu einem zentral gelenkten "virtuellen Kraftwerk". Besonders im Fokus: Der Ausbau von Geothermie in der gesamten Region. 

Das sind die Handlungsfelder des neuen Regionalwerks.



Ausgeschlossen: privatwirtschaftliche Akteure

Warum das so ist ist, erläutert Michael Perkmann, erster Vorstand des Regionalwerks: "Unser Ziel ist es ja gerade, die Versorgung mit Wärme und grünem Strom nach all den Privatisierungsmaßnahmen als wesentliche Elemente der Daseinsvorsorge wieder zurück in die Hände der Kommunen zu bringen. Allerdings sind auf der Erzeugerseite Beteiligungsprojekte mit privatwirtschaftlichen Akteuren nicht ausgeschlossen. Als Dachgesellschaft dient eine kommunale Holding, während auf der unteren Ebene kommunale Energiegesellschaften angesiedelt werden. Auf die Weise bleiben sowohl das Steueraufkommen als auch die Wertschöpfung bei den beteiligten Kommunen." Bei speziellen Einzelprojekten, unterstreicht Perkmann, seien die Kommunen aber frei, Unternehmen, Genossenschaften oder auch Bürgerschaften zu beteiligen.

Weitere Details zur Arbeit des Regionalwerks Chiemgau-Rupertiwinkel finden Sie hier.

Energie- und Wärmewende: Zentralismus wenig zielführend

Michael Perkmann bemängelt zum einen, dass bei allen Bemühungen der Politik in Bund und Ländern vor der Verabschiedung von neuen Gesetzen der Ausbau der Stromnetze gar nicht  mitgedacht worden sei und dass die Energienetze mehrheitlich privatisiert worden seien. Auch das ist ein Hinderungsgrund beim Netzausbau – die Aktionäre großer Betreiber investieren nicht gerne. Aber das sei nur ein Beispiel für eine falsche Vorgehensweise in der Energie- und Wärmewende. "Generell wäre es sinnvoll, Ziele zu priorisieren, die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort mit einzubeziehen und dann entsprechende Gesetzespakete zu vereinbaren, die dann auch zügig abgearbeitet werden können." Michael Perkmann nennt ein Beispiel: das Verbot von Pelletheizungen. In Regionen, in denen es generell viel Wald gebe und jede Menge Schadholz anfälle, könne Holz ein wichtiger Teil der Wärmewende sein. In anderen Gebieten, böten sich eher der Ausbau von Windenergie, von Wasserkraft oder Geothermie an. "Es macht einfach keinen Sinn, die Wärme- und Energiewende nur zentralistisch anzugehen und die unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort unbeachtet zu lassen."                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    

Fotocredits: Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel