Nachhaltige Lösung
Modulbauweise für Schulen: Das Vorbild aus Prüm
Text: Christian Erhardt-Maciejewski und Marc Wilhelm Lennartz
Wenn eine Schule generalsaniert wird, ist der Ärger meist programmiert: Baulärm, Staub, Unterrichtsausfall, Notlösungen in Containern. In der Eifel hat man daraus gelernt – und eine Lösung geschaffen, die Schule machen dürfte. Das Regino-Gymnasium in Prüm wurde während seiner Komplettsanierung kurzerhand ausgelagert – allerdings nicht in Container, sondern in ein dreigeschossiges Gebäude aus 276 vorgefertigten Holzmodulen. Eine komplette Schule auf Zeit, aber mit Dauerwirkung.
Die Stadt setzte auf ein System, das in der kommunalen Bauwelt inzwischen für Aufsehen sorgt. Denn die Module sind kein Wegwerfprodukt. Sie werden nach Abschluss der Sanierung an vier weiteren Standorten im Eifelkreis weiterverwendet. Was hier als Notlösung begann, entpuppt sich als Musterbeispiel für nachhaltiges Denken und effiziente Baupolitik.
Vom Provisorium zur Dauerlösung
Die Ausgangslage: Das traditionsreiche Gymnasium war seit 1852 in der historischen Abtei St. Salvator untergebracht. Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes machte einen regulären Unterricht unmöglich. Also zog die Schule für die nächsten vier Jahre in eine temporäre Holzschule um – fußläufig entfernt, energetisch auf höchstem Stand und mit Platz für 800 Schüler und 80 Lehrer.
Details der Modulbauweise
Die neue Schule wurde in L-Form errichtet, komplett aus 3-D-Holzbaumodulen. Vier Erschließungskerne mit Treppenhäusern und Aufzügen ergänzen das Ensemble. Auf einer Betonbodenplatte wurden die Module mit Buchenholz-Steckverbindern montiert – nicht verleimt, sondern lösbar, um sie später wieder zu verwenden. Jedes Standardmodul misst 22,3 Quadratmeter und kann flexibel kombiniert werden. Heute Obergeschoss, morgen Erdgeschoss – das System funktioniert in beide Richtungen. Selbst unterschiedliche Raumgrößen lassen sich durch geschicktes Koppeln variieren.
Ausstattung und Raumkonzept der temporären Schule
Die Schule ist durchdacht bis ins Detail: 36 Klassenräume mit je 60 Quadratmetern, helle Holzlamellendecken, natürliche Linoleumböden und bodentiefe Fenster sorgen für eine Lernatmosphäre, die mit herkömmlichen Schulbauten locker mithält. Sogar die Haustechnik ist integriert – in Einbauschränken versteckt, die gleichzeitig Stauraum, Garderobe und Technikzentrale sind. Toiletten wurden als fertige Sanitärmodule geliefert, und auch eine kleine Bibliothek – die „Reginothek“ – besteht aus sieben Modulen.

Energieeffizienz: Fast Passivhausstandard im Modulbau
Besonders bemerkenswert ist die energetische Qualität. Die Gebäudehülle ist hochwärmegedämmt und erreicht fast Passivhausstandard. Sechs Luft-Luft-Wärmepumpen und eine Photovoltaikanlage auf dem Flachdach übernehmen die klimaneutrale Versorgung. Im Sommer kühlen Splitgeräte die Räume, im Winter heizen sie – jedes Klassenzimmer lässt sich individuell regulieren. Die Lüftung funktioniert über dezentrale Geräte mit Wärmerückgewinnung, die in den Wandschränken eingebaut sind. Kurz gesagt: besser als mancher Dauerbau.
Nachnutzung: Aus einer Schule werden fünf Projekte
Nach Abschluss der Sanierung zieht das Gymnasium wieder in die alte Abtei zurück – die Module aber bleiben im Kreis. Rund 2.800 Quadratmeter gehen an die Berufsbildende Schule Prüm, 2.600 an die Bitburger Otto-Hahn-Realschule, 500 an die Bitburger Maximin-Förderschule und 2.000 an die Prümer Sporthalle. Ein kleiner Teil bleibt vor Ort: Auf der künftigen Turnhalle des Gymnasiums entsteht obenauf ein 60 Quadratmeter großer Klassentrakt.
Flexibilität über den Schulbau hinaus
Architekt Erhard Botta schwärmt: „Das Problem einer Nachnutzung stellt sich nicht. Die Raummodule sind flexibel in Bezug auf Demontage, Transport und Wiedermontage – und ebenso in der Nutzung. Sie taugen nicht nur für Schulen, sondern auch für Kitas, Vereinsheime, Büros oder sogar für Wohnraum.“ Seine Botschaft an Kommunen: „Mobile Immobilien sind attraktiv, weil sie schnell Raum schaffen, hochwertig ausgestattet sind und mehrfach eingesetzt werden können.“
Vorteile modularer Schulgebäude für Kommunen
Tatsächlich zeigt die Erfahrung aus ähnlichen Projekten: Kommunen sparen durch modulare Bauweisen nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Die Bauzeit sinkt um bis zu 60 Prozent, der Unterrichtsbetrieb kann weitgehend störungsfrei weiterlaufen. Die Investition lohnt sich langfristig – schließlich wird aus einem Zwischenbau ein echtes Anlagegut.
Ökologischer Fußabdruck von Holzmodulbauten
Auch der ökologische Nutzen überzeugt. Holzmodule sind ressourcenschonend, können mehrfach verwendet werden und erfüllen moderne Energiestandards. Während klassische Containerlösungen nach wenigen Jahren auf dem Müll landen, bleibt der Modulbau im Kreislauf. Für Kommunen mit dauerhaftem oder wechselndem Raumbedarf – ob für Bildung, Verwaltung oder Vereine – ist das ein entscheidender Vorteil.
Modulbauweise als Blaupause für Deutschland
Für Städte und Gemeinden, die in den kommenden Jahren Sanierungen oder Erweiterungen planen, lohnt sich der Blick auf das Projekt: Einmal gebaut, lässt sich das System immer wieder einsetzen. Wer so denkt, baut nicht nur für heute, sondern für die Zukunft.
Oder, wie es ein Lehrer des Gymnasiums trocken formulierte: „Wir haben jetzt eine Schule, die reist. Aber sie bleibt trotzdem unser Zuhause.“