Wann öffnen Freibäder?
Fällt die Freibad-Saison aus?
Eins ist klar: In Zeiten der Corona Pandemie ist eine Badesaison, wie man sie aus heißen Sommertagen des vergangenen Jahres kannte, nicht vorstellbar. Bei gutem Wetter lagen die Gäste dicht an dicht auf den Liegewiesen, Jugendliche drängten sich an den Sprungtürmen, Kinder an den Rutschen und plantschten im übervollen Kinderbecken. Fitnessbewusste nutzten die Beachvolleyballplätze oder andere Sportangebote in den Bädern. Lange Warteschlangen vor den Kassenhäuschen, vor der Rutschen und Sprungtürmen oder den Getränke-, Eis- oder Pommesbuden aus den vergangenen Jahren passen nicht zu den aktuellen Abstandsgeboten. Dennoch dürfen nach den Rechtsverordnungen der Länder die ersten Bäder nach wochenlanger Schließung nun wieder öffnen. Allerdings müssen sie dafür viele Regeln beachten.
Freibad und andere Schwimmbäder - Orte der Begegnung auch in Coronazeiten
Verständlicherweise hoffen viele Menschen auf eine Öffnung der Freibäder. In Deutschland gibt es eine historisch gewachsene, ausgeprägte Kultur öffentlicher Schwimmbäder. Sie machen das Sport- und Freizeitangebot einer kommunalen Infrastruktur attraktiv. Über 80 % der Bevölkerung halten Bäder für unverzichtbar. Schwimmbäder sind ein wichtiger Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge Nach Radfahren und Laufen ist Schwimmen die beliebteste Sportart. Schwimmbäder bieten nicht nur Menschen aller Altersgruppen und aller sozialen Schichten ein Angebot zur Bewegung und Gesundheitsprävention, sie sind auch ein Ort der Kommunikation, der Entspannung und dienen dem Wohlbefinden und der Lebensfreude. Schwimmbäder sind so ein wichtiger Bestandteil der örtlichen Daseinsvorsorge (zu 80 Prozent sind die Kommunen die Träger). Die Schwimmbäder waren schon immer wichtige Orte für Gesundheit, Sport und vor allem auch für ein funktionierendes Gemeinschaftsleben. Gerade dem letzten Punkt wird in diesem Jahr eine sehr wichtige Bedeutung zukommen: Viele Familien werden in diesem Jahr den Urlaub zu Hause verbringen, weil sie nicht verreisen wollen oder sich aus wirtschaftlichen Gründen keinen Urlaub leisten können. Der Besuch eines Freizeitbades bietet hier eine wohnortnahe Alternative. Aber auch in den Urlaubsorten gehören die Schwimmbäder zu den notwendigen Angeboten, wenn sie denn geöffnet sind. Schwimmbäder dienen auch der Tourismusförderung.
Konzepte für Öffnung von Freibad und Hallenbad notwendig
Nach einer Expertise des Deutschen Umweltbundesamtes vom 12. 3. 2020 geht von einem Besuch eines öffentlichen Bades mit konventioneller Aufbereitung des Beckenwassers keine erhöhte Infektionsgefahr für die Menschen aus: „Schwimm- und Badebeckenwasser wird in Deutschland entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik aufbereitet und desinfiziert. Bei Bädern, die normgerecht gebaut und betrieben werden, in denen die Wasseraufbereitung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und bei denen insbesondere die Durchströmung, Aufbereitung und Betriebskontrolle normgerecht erfolgen,
kann davon ausgegangen werden, dass eine hygienisch einwandfreie Wasserbeschaffenheit erzielt wird und das Schwimm- und Badebeckenwasser gut gegen alle Viren, einschließlich Coronaviren, geschützt ist“. Das Umweltbundesamt betont jedoch ausdrücklich, dass darauf zu achten sei, dass die Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen im Schwimmbad strikt eingehalten werden.
Gleichzeitig warnt das Bundesumweltamt, dass von Bädern mit biologischer Aufbereitung grundsätzlich ein höheres Infektionsrisiko ausgehe, auf welches der Badegast vor Ort hingewiesen werden sollte. Infolge dieses Hinweises haben sich bereits einzelne Kommunen entschlossen, ihre Badeseen zumindest aktuell nicht zu öffnen.
Der Wiedereröffnung der Bäder stehen noch einige Hürden im Weg. Zum einen gestatten die Bundesländer den Kommunen die Öffnung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Noch entscheidender ist aber, dass die Bäderbetreiber Konzepte für eine Bäderöffnung haben, die den Anforderungen an die Freibadöffnungen in Zeiten der Corona-Pandemie Rechnung tragen. In den Freibädern sind derzeit erhöhte Hygienemaßnahmen und Vorgaben zu den Verhaltensweisen der Gäste und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabdingbar, um einen wirkungsvollen Beitrag zur gemeinsamen Bekämpfung des Corona-Virus zu leisten.
Dabei braucht bereits die normale Inbetriebnahme einen zeitlichen Vorlauf. Die Inbetriebnahme eines Schwimmbades bedeutet viel mehr als nur den Wasserhahn der Badewanne aufzudrehen. Das Wasser aus dem Winter muss aus den Becken gepumpt werden, die Becken müssen gereinigt werden. Oft stehen nach dem Reinigen noch kleinere Reparaturen an. Dann muss das neue Wasser eingelassen und das ganze Becken durchgechlort werden. Dieses Hochfahren der technischen Anlagen und die Beprobung zur Sicherstellung der Hygiene von Badewasser und Trinkwasser benötigt bei Freibädern allein bis zu zwei Wochen.
Zusätzlich muss es bei einer Öffnung jetzt allerdings auch darum gehen, das Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus zu minimieren. Denn immerhin droht den Betreibern bei unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen und unzulänglichen hygienischen Standards die Haftungsfrage, sollte es zu Infektionen kommen. Die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus droht gerade im Kontakt der Menschen im Umkleidebereich, in Warteschlangen beim Einlass, vor dem Schwimmbecken oder der Gastronomie sowie auf der Liegewiese. Um eine Balance zwischen Bäderbetrieb und Gesundheitsschutz herzustellen, fordern die Bäderbetreiber zu Recht klare Kriterien der Landesregierungen. Auf dieser Basis könnten dann praxistaugliche und hoffentlich rechtssichere Betriebskonzepte mit klaren Hygiene- und Abstandsregeln entwickelt werden. Leider fehlt es aber daran, so dass die Kommunen und ihre Bäderbetriebe eigene Konzepte erstellen müssen. Orientierung geben die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. In einzelnen Bundesländern gibt es darüber hinaus Arbeitsgruppen der Landesgruppen des VKU und den kommunalen Spitzenverbände bzw. den Bäderbetrieben. Zu den unstreitig notwendigen Maßnahmen gehören die kontrollierte Steuerung des Zugangs und die Vermeidung von Warteschlangen, Kontrollen beim Einlass, Wahrung des Abstandsgebotes auf den Liegewiesen und im Schwimmbecken, reduzierte Besucherzahl und Zutrittszeiten, enge Taktung der Reinigung und Desinfektion, Zugangsbeschränkung der Becken, Sperrung der Beckenränder, um unkontrollierten Zugang zu unterbinden, Sperrung von Sprungtürmen, Rutschen und Attraktionen (Strömungsbecken, Sprudelliegen, Schwallduschen u.ä.), wenn die Einhaltung des Mindestabstands nicht möglich ist.
Diese Maßnahmen können nur Hinweise sein. Zur Minimierung von Haftungsrisiken des Freibadbetreibers, insbesondere wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und aus Organisationsverschulden, ist es notwendig, ein umfassendes Hygiene- und Sicherheitskonzept mit der jeweils zuständigen Gesundheitsbehörde abzustimmen und von dieser genehmigen zu lassen.
Bleibt das Freibad aus finanziellen Gründen geschlossen?
Klar bleibt aber, dass letztlich jeder öffentliche Badbetreiber, also die Stadt oder Gemeinden in eigener Verantwortung zu entscheiden hat, ob und wann eine Öffnung möglich ist oder nicht. Nicht ausgeschlossen ist, dass man auf eine Öffnung verzichtet. Begrenzte Nutzungsmöglichkeiten, Warteschlangen am Schwimmbecken oder abgegrenzte Planquadrate auf den Liegewiesen dürften nicht bei allen Badegästen auf Begeisterung stoßen. Letztlich kommen auch finanzielle Aspekte der kommunalen Haushalte hinzu. Finanziell ist der Betrieb eines Freibades für die Kommunen schon unter normalen Bedingungen ein Zuschussgeschäft. Umgerechnet auf den einzelnen Besucher der Badeanstalt liegen die Zuschüsse zwischen 5 und 10 Euro pro Person. Die Kostendeckungsgrade schwanken zwischen 27,2 % in Freibädern, 31 % in Hallenbädern und bis zu 83 % in Freizeitbädern. Das allein ist sicherlich kein Argument gegen Frei- und Hallenbäder, zumal man sicherlich bedenken muss, dass bei Kultureinrichtungen wie Opern und Festspielhäuser der Fehlbetrag pro Besucher teilweise noch wesentlich höher ist. In der Coronakrise haben die Bäderbetriebe die Kosten durch Kurzarbeit und geringere Ausgaben für Energie und Wasser reduziert. Die Öffnung der Freibäder führt aber nicht nur dazu, dass die Betriebskosten wieder hochgefahren werden müssen, sondern die Einnahmen werden durch die Zugangsbeschränkungen noch einmal geringer ausfallen. Höhere Kosten entstehen durch die notwendigen Schutzmaßnahmen und den zusätzlichen Personaleinsatz. Dies würde sich weiter verschärfen, wenn die Bäder bei einem erneuten Ansteigen der Infektionszahlen wieder schließen müssen. Von daher brauchen die Kommunen die finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder für die Sicherstellung der Daseinsvorsorge vor Ort.