Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Gericht stärkt Kommunalpolitiker
Direktkandidaten, die in den Bundestag gewählt werden, sind keine Kommunalpolitiker. Das ist übersetzt die ganz klare Aussage, die das Bundesverfassungsgericht den Bundestagsabgeordneten ins Stammbuch geschrieben haben. Und überhaupt ist das Urteil ein Festtag für die lokale Demokratie. Fangen wir mal vorne an:
Erstens hat das Gericht erwartungsgemäss die Streichung der Grundmandatsklausel zurückgewiesen. Nach der Ampel-Reform sollte eine Partei nur noch dann im Bundestag vertreten sein, wenn sie mindestens 5 Prozent der Stimmen bekommt. Die Linke etwa (und das könnte potenziell auch die CSU, die ja nur in Bayern antritt und bei der letzten Bundestagswahl deutschlandweit 5,2 Prozent der Stimmen holte, treffen) hatte drei Direktmandate errungen und zog somit ebenfalls mit fast 40 Abgeordneten in den Bundestag ein.
WICHTIG in dem Urteil: Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung nicht gekippt, weil ihr das Direktmandat so wichtig war. Im Gegenteil. Es geht um insgesamt zu hohe Hürden für kleinere Parteien. Die Karlsruher Richter haben beispielsweise in der Verhandlung eine Absenkung auf drei Prozent ins Spiel gebracht. Und darum heißt das Urteil, dass die Grundmandatsklausel bis zu einer Neuregelung in Kraft bleibt. So lange also, bis sich der Bundestag überlegt hat, wie die Hürden für kleinere Parteien auf andere Weise verringert werden können.
Nur die Zweitstimme ist ausschlaggebend - die Erststimme ist eigentlich überflüssig
Die "Zweitstimmendeckelung" hingegen kommt. Das heißt: Bundestagssitze werden künftig ausschließlich aufgrund der Zweitstimmen vergeben. Holt eine Partei 40 Sitze aber 45 Direktmandate, werden die 5 Kandidaten mit den schlechtesten Ergebnissen, die ein Direktmandat gewonnen haben, trotzdem nicht einziehen. Das heißt: Das Direktmandat ist in seiner Bedeutung deutlich abgewertet worden. Und das zu Recht!
Ein Beispiel: Im Landkreis Leipzig erhielt Edgar Naujok von der AfD 24,6 Prozent der Stimmen. Er wurde direkt gewählt, aber nicht einmal ein Viertel der Wähler wollte ihn. Direkt hinter ihm landete Georg Ludwig von Breitenbuch von der CDU mit 24,4 Prozent - also hauchdünn dahinter. Auch er hat nicht einmal ein Viertel der Wähler im Wahlkreis hinter sich - mit welchem Recht will nun ein solcher Kandidat behaupten, er würde die Interessen aller Menschen im Landkreis vertreten?
Kommunalpolitik gehört in die Kommunen
Etwas anderes ist aber noch viel wichtiger, und das ist die eigentlich großartige Aussage des Bundesverfassungsgerichts. Die Aufgabe von Herrn Naujok ist es auch gar nicht, seinen Landkreis im Bundestag zu vertreten. "Die Forderung einer regionalen Repräsentanz leitet sich nicht aus dem Bundesstaatsprinzip ab". Heißt übersetzt: Herr Naujoks leistet seinen Eid zum Wohle des gesamten Volkes - von Erding bis nach Rostock. Wörtlich sagt das Gericht: "Sie sind Vertreter des ganzen Volkes und allein ihrem Gewissen verantwortlich".
Wie groß war doch jüngst erst die Kritik, als sich zeigte, wie der damalige Bundesverkehrsminister - in Bayern direkt gewählt - Gelder für den Straßenbau zu erheblichen Teilen für Straßenprojekte in Bayern nutzte. Und der Rest der Republik zu kurz kam. Genau das darf nicht passieren.
Die CSU ist also laut Urteil keine "Bayernpartei", sondern hat zum Wohle aller zu arbeiten. Und natürlich ist auch die Linke keine Regionalpartei, die nur Politik für Mitteldeutschland machen kann, auch wenn ihre drei Direktkandidaten allesamt in den neuen Bundesländern gewählt wurden.
Alle Macht vor Ort den Kommunalpolitikern
Die Ebenen sind also klar zu trennen, sagt das Gericht. Und so sehr ein Bundestagsabgeordneter ganz Deutschland im Blick haben muss, umso klarer ist auch: Ein Kommunalpolitiker muss seinen Einfluss auf allen Ebenen geltend machen, um seine Kommune, seinen Landkreis oder im Landtag auch seine Region nach vorne zu bringen. Es braucht also so viele Rechte und Gestaltungsmöglichkeiten wie irgend möglich auf der kommunalen Ebene, um dem gerecht werden zu können.
Wenn also alle kommunale Macht in die Hände von Gemeinderäten, Bürgermeistern, Landräten oder Kreistagsmitgliedern gehört, dann gehört auch die finanzielle Ausstattung dazu. Indirekt heißt das für die Mitglieder im Bundestag auch:
Hört auf, über Vorschriften den Kommunen vorzuschreiben, was sie wie zu tun und zu lassen haben. Eure Aufgabe ist es, den gesamtgesellschaftlichen Rahmen zu schaffen. Wie das vor Ort umgesetzt wird, ist Aufgabe der Kommunen.
Hört auf, Fördergelder für bestimmte Projekte zu vergeben. Wir in den Kommunen wollen selbst über die Verwendung des Geldes bestimmen. Die Förderprogramme führen zu einer Aushöhlung der Selbstverwaltung und der Autonomie der Kommunen. Das Gericht sagt klar: Kommunalpolitik ist Sache der Kommune - also mehr direkte Finanzierung statt immer neuer Vorgaben, was Kommunen dürfen und wofür sie Geld bekommen. ES IST UNSER GELD, das Geld der Steuerzahler vor Ort!
Alle Macht vor Ort den Kommunalpolitikern - diese Haltung ist wirklich föderal!
Und genau das fordert das Bundesverfassungsgericht ein!
Danke dafür!