In einigen Teilen der Stadt Augsburg könnte das Gasnetz früher abgeschaltet werden, als gesetzlich nötig
In einigen Teilen der Stadt Augsburg könnte das Gasnetz früher abgeschaltet werden, als gesetzlich nötig
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Gebäude-Energiegesetz

Heizgesetz: Erste Großstadt könnte früher aus dem Gasnetz aussteigen

Augsburg hat knapp 300.000 Einwohner. Die Stadt will nun schon früher als bisher vorgesehen auf Gas verzichten. Nämlich zumindest in einigen Teilen der Stadt ab dem Jahr 2035 - und somit zehn Jahre früher, als das Heizgesetz es vorsieht. Die Stadt hat dafür Gründe, Verbände sind jedoch alarmiert.

Wenn ein Gasnetz einfach früher stillgelegt wird, fehlt jede Planungssicherheit für Millionen Bürger. Mit diesen und ähnlichen Worten haben Verbände auf die Ankündigung aus Augsburg reagiert, das Gasnetz möglicherweise deutlich früher als gesetzlich nötig stillzulegen. Konkret hatten die Stadtwerke in Augsburg erste Kunden informiert, dass ihr Anschluss ab dem Jahr 2035 gekappt werden könnte.

Der VKU, in dem die Stadtwerke organisiert sind, fürchtet, dass sich "die Zukunft von Stadt zu Gasnetz zu Gasnetz und von Strang zu Strang unterscheiden" wird. Auch beim Verband Haus und Grund sieht man das ähnlich. Ihr Präsident Kai Warnecke sagte der Bild-Zeitung: "Augsburg macht, was wir in Zukunft bei ganz vielen Städten sehen werden. Dabei müssen die Eigentümer doch wissen, womit sie künftig heizen können - nicht, was nicht mehr geht. Das schafft wieder massive Unsicherheit". 

Das sind die Gründe für den Ausstieg aus dem Gasnetz 

Die Stadt Augsburg will den Fokus künftig auf Fernwärme legen. Man werde aber das Gasnetz nicht zurückbauen, sondern das Fernwärmenetz massiv ausbauen. "Wir wünschen uns von der Politik für die Verbraucher ehrliche Aussagen, wie die selbstgestecken Klimaziele erreicht werden sollen", begründet der Vertriebsleiter der Augsburger Stadtwerke (SWA) Ulrich Längle den Schritt. Per Brief wurden von den Stadtwerken erste Wohngemeinschaften und Firmen über die Pläne informiert. Dem Unternehmen ist aber wichtig zu sagen, dass es erst dann einen Umstieg geben wird, wenn "wir eine alternative Wärmeversorgung anbieten und eine aureichende zeitliche Komponente" eingebaut haben. 

Für eine flächendeckende Stilllegung des Gasnetzes gebe es keine konkreten Pläne, betont er. Die Stilllegung plane man in Gebieten, die bisher mit Gas und nun neu mit Fernwärme erschlossen werden und in denen die Gasleitungen perspektivisch erneuert werden müssten.

Es werde niemandem der Gashahn zugedreht. Und wer in einem Gas-Bestandsgebiet noch einen neuen Hausanschluss wolle, bekomme einen. 

Auf die Ankündigung hätten die meisten Kunden im Übrigen positiv reagiert. „80 Prozent der Kunden nehmen die Ankündigung gut auf“, sagt Ulrich Längle gegenüber dem „Handelsblatt“. Allerdings gibt es auch Kunden, die dafür kein Verständnis zeigen. Das sind besonders jene, die sich vor wenigen Monaten oder Jahren eine neue Gasheizung eingebaut haben.

Steigen weitere Kommunen früher aus dem Gasnetz aus? 

Überlegungen gibt es durchaus in mehreren Kommunen. Denn teure Doppelstrukturen führen zu weiter steigenden Kosten. Ein Umstieg muss irgendwann erfolgen. Wenn immer weniger Kunden das Gasnetz nutzen, wird es wirtschaftlich unbezahlbar. „Wir prüfen, wie viele andere Netzbetreiber auch, systematisch, welche Teile der Leitungsinfrastruktur in Zukunft nicht mehr benötigt werden“, sagt ein Sprecher des Essener Konzerns Eon.

Wann genau der Umstieg erfolgt, bleibt auch den Kommunen überlassen. Fakt ist, dass es bis spätestens zum Jahr 2045 erfolgen muss - so sieht es das Heizgesetz vor. Konkret dürfen Haushalte ab 2045 keine fossilen Brennstoffe mehr zum Heizen, Kochen und für das Warmwasser nutzen. Das gibt den Kommunen 20 Jahre Zeit, ihre Wärmeplanung fertig zu stellen. Überall dort, wo es geht, soll dann Fern- oder Nahwärme zum Einsatz kommen. Wo keine kommunale Wärmeplanung möglich ist, sollen Haushalte auf Wärmepunpe, Pelletheizung oder Solarthermie umsteigen.