Impfpflicht: Daumen hoch und runter
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Corona-Pandemie

Impfpflicht Pro & Contra

10. Februar 2022
Im Bundestag wird noch heftig debattiert. Auch unter Deutschlands Mandatsträgern ist die allgemeine Impfpflicht umstritten. Ein Pro & Contra von zwei Bürgermeistern!

Andreas Bausewein, Oberbürgermeister der 214.000-Einwohner-Stadt Erfurt in Thüringen, spricht sich für die allgemeine Impfpflicht aus. Das sind seine Argumente in seinem exklusiven Beitrag für KOMMUNAL!

Nüchtern betrachtet ist die allgemeine Impfpflicht eine Abwägungsfrage, eine gesamtgesellschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung. Die zentralen Fragen lauten doch: Wie lange können Gesellschaft und Volkswirtschaft pandemische Wellen noch tragen? Wie schaffen wir es, eine Überlastung der Krankenhäuser und ein dickes Minus der Krankenkassen abzuwenden? Wie kann Druck aus dem alles lähmendem System der Quarantäneanordnungen und Krankschreibungen genommen werden?
 
Durch Corona-Schutzimpfungen, davon bin ich überzeugt! Wer umfassend geimpft ist, der wird nach einer Ansteckung im Regelfall nicht todsterbenskrank und muss auch nicht in Quarantäne, wenn es im Umfeld einen positiven Corona-Fall gibt. Für mich ist es somit ein erster, ein wichtiger Schritt, dass medizinisches Personal, Pflege- und Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher sich bis Mitte März impfen lassen müssen.

Bausewein
Oberbürgermeister Andreas Bausewein

Ehrlich gesagt, kann ich Menschen aus diesen Berufsgruppen auch überhaupt nicht verstehen, wenn sie es noch nicht freiwillig getan haben. Denn sie tragen ja nicht nur für sich selbst Verantwortung, sondern ebenso für ihre Patientinnen und Patienten, für ihre Schülerinnen und Schüler. Und die können sich in vielen Fällen nicht selbst umfassend vor einer Covid-Erkrankung schützen. Doch nun muss der zweite Schritt folgen, die Impfpflicht für alle ab einem bestimmten Alter.

Die Masernschutzimpfung hat doch gezeigt, wie es geht. Was gab es vorher für einen Aufschrei von einigen Eltern. Heute ist es Usus, dass Kinder nur mit dieser wichtigen Impfung in Kindertagestätten aufgenommen werden. Schwere Krankheitsverläufe und Masseninfektionen können nur mit Schutzimpfungen vermieden werden. Punkt! Das gilt schon seit der ersten Pockenschutzimpfung Ende des 18. Jahrhunderts.  Eine rechtssicher ausgestaltete Impfplicht wird die aktuelle Omikron-Welle nicht eindämmen. Doch sie wird helfen, kommende Wellen und Virusvarianten in Schach zu halten. Nur so kommen wir aus dem seit fast zwei Jahren währenden Ausnahmezustand wieder heraus.

Wenn wir jetzt nicht entschieden handeln, treten wir im kommenden Herbst/Winter genau auf der gleichen Corona-Stelle. Der überwiegende Teil der Bevölkerung hat sich bereits solidarisch gezeigt. Diejenigen, die auf die Schutzimpfung bisher verzichtet haben, müssen wir nun daran erinnern, dass es neben Rechten auch Pflichten gibt. Denn Freiheit ohne Verantwortung ist Willkür. Eine allgemeine Impfpflicht ist eine solche unmissverständliche Erinnerung.

Markus Stettberger, ehrenamtlicher Bürgermeister der 950-Einwohner-Gemeinde Allmannshofen im Kreis Augsburg, erläutert für die KOMMUNAL-Leser seine Bedenken gegen die allgemeine Impfpflicht.

Eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus ist für mich der falsche Weg – die Verhältnismäßigkeit zur körperlichen Unversehrtheit ist nicht gegeben! Warum? Die neuartigen Impfstoffe bieten selbst mit mehrfacher Impfung keinen nachhaltigen Schutz vor einer Infektion, bzw. weiteren Übertragung. Zudem bleibt offen, wie lange die Impfung gegen einen schweren Verlauf schützt.  Auch mögliche Impfnebenwirkungen und mögliche Langzeitfolgen sind nicht abschließend transparent aufbereitet.  Für mich steht daher fest: Jeder Mensch muss unter den aktuellen Rahmenbedingungen die Abwägung selbst treffen können, ob und womit er sich impfen lässt.
Ich habe mich bisher nicht impfen lassen, weil mich die neuartigen mRNA-Impfstoffe nicht überzeugen. Daher kann ich jeden verstehen, der sagt: Die Spätfolgen der in kurzer Zeit zugelassenen Vakzine sind mir bislang zu wenig erforscht.  

Stettberger
Bürgermeister Markus Stettberger


Ich bin kein Corona-Leugner und mir ist bewusst, dass eine Infektion zu schweren Verläufen, ja sogar zum Tod führen kann! Im Oktober des letzten Jahres war ich selbst mit dem Corona-Virus infiziert. Gesundheitlich hatte ich während der Erkrankung Einschränkungen, die sich unter anderem mit Atemproblemen bemerkbar gemacht haben. Meine Frau und meine vier Kinder haben auch die Infektion hinter sich. Sie hatten einen milden Verlauf.


Bislang war ich eigentlich überzeugt, mich mit einem sogenannten Todimpfstoff impfen zu lassen. Die unprofessionellen Regierungsentscheidungen in letzter Zeit, die ohne Daten und Fakten getroffen wurden, lassen mich am Vertrauen weiter zweifeln. Ich möchte hier nur anführen, dass der Genesenstatus von 6 auf 3 Monate reduziert wurde, obwohl führende Virologen das nicht empfohlen haben.  
Es ist schade, dass diese Themen nicht offen diskutiert werden können. Wer sich nicht impfen lässt, wird als Impfgegner abgestempelt, als CoronaLeugner diffamiert und landet flugs in der Ecke zu Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen. Solche Mechanismen schaden der Demokratie. Gerade als Kommunalpolitiker müssen wir darauf achten, die unterschiedlichen Meinungen zuzulassen. Menschen brauchen ein Ventil, sich frei zu äußern. Um wahrgenommen zu werden gehen daher derzeit viele Menschen auf die Straße.


Wir müssen alles dafür tun, keine Zweiklassengesellschaft zu fördern. Das passiert leider, indem ein Teil der Bevölkerung nach wie vor vom öffentlichen Leben nahezu ausgeschlossen wird.
Ein zusätzlicher Impfzwang unterhöhlt das Vertrauen empfindlich! Denn die Regierungsparteien haben vor der Wahl versprochen, dass niemand dazu gezwungen wird, sich gegen seinen Willen impfen zu lassen. Die Folgen eines Wortbruchs werden wir dann so schnell nicht mehr auffangen können.