Daumen hoch: Kommunen sind Kinderrechte wichtig
Daumen hoch: Auch Kommunen kommt der Einsatz für Kinderrechte zugute.
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Neue Studie

Kinderrechte sind Kommunen enorm wichtig

Den deutschen Kommunen sind Kinderrechte sehr wichtig. Fast alle befragten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen gaben für eine Studie im Auftrag des Kinderhilfswerks UNICEF an, dem Thema einen sehr hohen Stellenwert beizumessen. Knapp 93 Prozent der Kommunen legen großen Wert darauf, Kinder und Jugendliche grundsätzlich zu beteiligen. Doch oft hapert es noch an der Umsetzung. Warum auch die Kommune profitiert, wenn sie die Kinderrechte stärkt.

Wie setzen Kommunen Kinderrechte um - und welchen Stellenwert räumen sie ihnen ein? Das wollte UNICEF herausfinden. Das Kinderhilfswerk gab dazu bei der IW Consult, ein Tochterunternehmen des Instituts der deutschen Wirtschaft, eine empirische Studie in Auftrag. Deren Ergebnis liegt jetzt vor: Es zeigt eine hohe Bereitschaft der Kommunalpolitiker, sich für Kinderrechte einzusetzen, allerdings besteht auch noch Verbesserungsbedarf bei der konkreten Berücksichtigung.

Kinderrechte - Bürgermeisterinnen und Bürgermeister interviewt

Von April bis Juni wurden zum Thema Kinderrechte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in ganz Deutschland  befragt. "Trotz der großen Herausforderungen, vor denen die Kommunen bei der Bewältigung der Pandemie standen, haben sich 123 Städte und Gemeinden an der Umfrage beteiligt", heben die Verfasser der Studie anerkennend hervor. "In diesen Regionen leben immerhin 11,7 Millionen Einwohner und mehr als 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche."

Das klare und erfreuliche Ergebnis: Den Kommunen sind Kinderrechte enorm wichtig. Fast alle befragten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen messen nach eigenen Angaben dem Thema einen sehr hohen Stellenwert bei. Immerhin knapp  93 Prozent der Kommunen legen großen Wert darauf, Kinder und Jugendliche grundsätzlich zu beteiligen.

Der kommunale Kinderrechtsindex

Dieser positive  Befund spiegelt sich auch im Kinderrechtsindex wider, den die IW Consult im Rahmen dieser Studie für UNICEF entwickelt hat. Der Index, so wird in der Pressemitteilung erläutert,  basiert auf den fünf Dimensionen der Child Friendly Cities Initiative. Diese setzt sich dafür ein, dass Kinder nicht diskriminiert werden, dass sie beteiligt und informiert werden, Zugang zu Bildung haben, in einer kinderfreundlichen Umwelt aufwachsen und ihnen ausreichend Spiel- und Freizeitangebote bereitgestellt werden. Der Kinderrechtsindex ordnet anhand von 16 Fragen jede Kommune im Rahmen einer Skala von 0 bis 100 Punkten ein. 

Fast 45 Prozent der Kommunen erreichen dabei einen hohen Indexwert, etwa 33 Prozent einen mittleren Wert und nur 23 Prozent ein niedriges Ergebnis. Was dabei nicht überrascht: Große Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern schneiden in der Gesamtbewertung besser ab als kleine Städte. Sie  haben einfach mehr Möglichkeiten, sich dem Thema Kinderrechte zu widmen.

Auch die finanzielle Ausstattung spielt erwartungsgemäß eine Rolle: Kommunen aus reicheren Landkreisen sind  hier gegenüber Städten und Gemeinden aus strukturschwachen Regionen im Vorteil. Die Studienmacher betonen: Manch kleine Kommune engagiert sich aber trotz überschaubarer Strukturen - wenn sie zum Beispiel  auf überdurchschnittlich starke Unterstützung der Zivilgesellschaft zählen kann. Und andererseits hat auch manch große Kommune noch Nachholbedarf.

Partizipation von Kindern und Jugendlichen verbessern

Gefragt wurde auch, in welchem Umfang Kinder und Jugendliche in Kommunen an wichtigen Entscheidungen beteiligt  werden. Nur knapp die Hälfte aller Kommunen verfügt über einen konkreten Maßnahmenkatalog, der die Situation von Kindern und Jugendlichen verbessern soll. Darunter sind vor allem kleine und mittelgroße Gemeinden und Städte sowie Kommunen aus ärmeren Landkreisen. 18 Prozent der Kommunen haben zwar einen konkreten Plan – der allerdings Kinder und Jugendliche nicht beteiligt. Nur jede dritte Kommune kann mit beiden Aspekten aufwarten.

Die Kommunen sollten bei der Umfrage  darüber hinaus alle Bereiche identifizieren, in denen die Interessen von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden -  und zudem bewerten, ob es dort für Kinder und Jugendliche die Möglichkeit der Partizipation gibt. Das kam dabei heraus: Die Interessen von Kindern und Jugendlichen werden nicht in allen Bereichen einbezogen. "Damit scheint sich der Befund zu bestätigen, dass die Kinderrechte auf kommunaler Ebene zwar auf sehr breiter Basis einen hohen Stellenwert genießen, die Partizipation der Kinder und Jugendlichen aber ausbaufähig ist", schreiben die Verfasser.

Angebote für Kinder und Jugendliche in der Corona-Krise

Noch eins brachte die Studie zutage: In der Corona-Krise haben sich die Kommunen um eine gute Information der Kinder bemüht. Laut Studie zeigte die große Mehrheit der befragten Kommunen ein sehr hohes Engagement zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in dieser Zeit.  Dies verdeutlicht auch die Top 5" der Corona-spezifischen Angebote für Kinder und Jugendliche aus der Online-Umfrage. 

  • Informationen für die Eltern 76,5 Prozent
  • Mediale oder digitale Lernangebote für Kinder und Jugendliche 72,3 Prozent
  • Finanzielle Unterstützung für Familien 48,4 Prozent
  • Informationen in kinder- und jugendgerechter Sprache 47,2 Prozent
  • Spezielle Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt 46,8 Prozent

Positive Effekte von Kinderrechten für die Kommune

Kinderrechte zu berücksichtigen, das kann sich auch wirtschaftlich lohnen. Die Städte und Gemeinden wurden nach Bereichen gefragt, in denen sie von Kinderrechten spürbar profitieren: Im Durchschnitt geben dabei drei von vier Kommunen an, bereits in mindestens einem der abgefragten Bereiche von kinderfreundlichen Maßnahmen profitiert zu haben. 

So beobachten 86 Prozent der Kommunen, dass ihr Engagement für Kinderrechte den Zuzug von Jüngeren und Familien fördert. Eine positive Entwicklung bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen stellen mehr als 70 Prozent der Kommunen fest. Fast 62 Prozent attestieren einen Rückgang der Arbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen. Auch in Folge dieser spürbaren Verbesserungen engagieren sich Unternehmen bereits vielfach in ihrer jeweiligen Region. 

Kinderrechte stärken - Folgen für ländlichen Raum

Das Fazit der Autoren: Viele Kommunen – gerade im ländlichen Raum – leiden unter den Folgen des demografischen Wandels und einem anhaltenden Fachkräftemangel. Junge Menschen sind entscheidend für die Zukunftsfähigkeit vieler Regionen, entsprechend wichtig ist es, allen Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen und für Bedingungen zu sorgen, unter denen sie ihre Fähigkeiten entfalten können.

Die bewusste und nachhaltige Stärkung der Kinderrechte könne einen Ansatzpunkt bieten, um als Kommunen den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Der Direktor des IW,  Michael Hüther, mahnt an: "Die Ergebnisse verdienen große Öffentlichkeit, denn die Zukunft unserer Kinder in Kommunen ist ein wichtiges strategisches Thema für die Zukunft unseres Landes."

Die Studie hier.