Summer of Pioneers soll ländlichen Raum stärken
© Christian Male

Summer of Pioneers

Großstadt-Kreative und Digitalarbeiter? Kommt aufs Land!

Im Gastbeitrag erklärt Frederik Fischer, Journalist und Mitgründer des Ko-Dorfes, wieso einige Städter nicht aufs Land ziehen. Und wie sich das ändern lässt.

Laut einer jüngst veröffentlichten Umfrage (KOMMUNAL berichtete) gaben nur 13% die Stadt als ihren Lieblingswohnort an. Knapp doppelt so viele leben am liebsten auf dem Land – oder  würden es zumindest gerne. 

Es wird Zeit, das Wachstum der Großstädte zu hinterfragen. Vielleicht hält es viele Menschen gar nicht dort, weil sie sich ein Leben woanders nicht vorstellen können, sondern weil es auf dem Land schlicht keine geeigneten Angebote gibt.

Eine wachsende Zahl von Großstädtern sehnt sich nach Natur, Entschleunigung und Gestaltungsräumen. Sie sehnen sich aber auch nach zeitgemäßen Wohnformen, urbaner Infrastruktur und einer Gemeinschaft aus Gleichgesinnten. Was sie auf Immobilienportalen stattdessen finden: Einfamilienhäuser und Fertigbausiedlungen.

Summer of Pioneers - einmal testen, wie das Landleben so ist

Mit  dem KoDorf schaffen wir die passenden Rahmenbedingungen um Großstädter dauerhaft aufs Land zu holen. Mit dem „Summer of Pioneers“ ermöglichen wir nun auch das Landleben auf Probe.

KoDörfer sollen junge Menschen aufs Land ziehen, indem sie Arbeit und Erholung miteinander verbinden. Sie sollen im ländlichen Raum urbane Infrastruktur schaffen, beispielsweise durch CoWorking Spaces, Seminarräume oder Kinos und nachhaltig gebaute Häuser.

Das brandenburgische Wittenberge richtete im letzten Jahr den ersten Summer of Pioneers aus. Das Angebot: Möblierte Wohnungen und ein eigens eingerichteter Coworking Space. Im Gegenzug für dieses Rundum-Sorglos-Paket bringen sich die Pioniere ehrenamtlich für die Stadt ein.

Über 30 Projekte konnten so innerhalb von sechs Monaten umgesetzt werden – darunter die Verwandlung eines leerstehenden Ladens in den Stadtsalon „Safari“, ein Barcamp zum Neuen Leben und Arbeiten auf dem Land und zahlreiche kostenlose Wissenstransfer-Workshops zu Kreativ- und Digital-Themen wie Kreatives Schreiben oder Online-Marketing.

Der Erfolg wurde vom Bundesinnenministerium im Rahmen des Wettbewerbs „Menschen und Erfolge“ anerkannt. Das brandenburgische Wirtschaftsministerium unterstützte die Verlängerung des Programms um weitere sechs Monate.

Mit dem hessischen Homberg startet im Mai nun ein zweiter Standort. Homberg hat aus einem ganz bestimmten Grund Interesse an den Pionieren. Die Kleinstadt ist jüngst als eine von gerade einmal 22 Gemeinden in Deutschland als Cittaslow anerkannt worden. Das Manifest des internationalen Städtenetzwerks beschreibt eine cittaslow als „eine Stadt, in der Menschen leben, die neugierig auf die wieder gefundene Zeit sind, die reich ist an Plätzen, Theatern, Geschäften, Cafés, Restaurants, Orten voller Geist, ursprünglichen Landschaften, faszinierender Handwerkskunst, wo der Mensch noch das Langsame anerkennt, den Wechsel der Jahreszeiten, die Echtheit der Produkte und die Spontaneität der Bräuche genießt, den Geschmack und die Gesundheit achtet."

Ein Ort, der für Nachhaltigkeit steht

Nachhaltigkeit und die Wertschätzung von Handwerk, Mitmenschen und Kultur ist auch das Leitbild der HOMEberger. Der Nachhaltigkeitsjournalist Jonathan Linker hat 2018 damit ein ganz besonders Unternehmer-Netzwerk gegründet. Linker verzichtete bewusst auf Wachstum und kuratierte lieber sorgsam Unternehmerinnen und Unternehmer deren Werte zueinander passten. Der Produzent des einzigen fair produzierten Smartphones ist ebenso Mitglied wie ein Carsharing-Anbieter für den ländlichen Raum oder innovative Biobauern.

Im Rahmen des Summer of Pioneers sollen nun gezielt Menschen angesprochen werden, die  Lust darauf haben einen Ort mitzugestalten, der deutschlandweit zum Vorbild werden soll für nachhaltiges Unternehmertum und Lebensqualität.

Wie in Wittenberge erhalten die Pioniere erneut eine möblierte Wohnung und Zugang zu einem neu eingerichteten Coworking Space (der wie in Wittenberge natürlich auch allen anderen Menschen in der Region kostenlos zur Verfügung steht). Zusätzlich dürfen sich die Pioniere diesmal über E-Bikes und ein Mentorenprogramm freuen. Der Projektpartner HOMEberger verknüpft jeden Pionier mit einem/einer Gründer/in aus dem Netzwerk.

Summer of Pioneers

Gemeinsam sollen so Projekte umgesetzt werden, die die Idee der Cittaslow-Bewegung mit Leben füllen. Dazu zählt die Suche nach dem Kern kleinstädtischer Lebensqualität im 21. Jahrhundert ebenso wie die Unterstützung der Klima- und Artenschutzbestrebungen der Vereinten Nationen. Auch wer keine konkrete Projektidee hat, ist herzlich eingeladen sich zu bewerben. Vielleicht entstehen Ideen im Austausch vor Ort, vielleicht hilft aber auch das spezielle Wissen und die Netzwerke der Pioniere den Menschen vor Ort bei der Umsetzung der hoch gesteckten Ziele. Am wichtigsten ist die Lust aufs Land und ein werteorientiertes Verständnis von Unternehmertum.

Details zum Summer of Pioneers in Homberg gibt es auf homberg-pioneers.de. Bewerben kann man sich dort noch bis zum 09.03. Offizieller Start des Projekts ist der 01.05. Interessierte können am 03.03. um 19:00 im Berliner St. Oberholz am Info-Abend teilnehmen, zu dem der Bürgermeister Dr. Nico Ritz und HOMEberger-Gründer Jonathan Linker ihre Region vorstellen.

Gemeinden, die selbst einen Summer of Pionners ausrichten wollen, sind eingeladen sich an frederik.fischer@kodorf.de zu wenden.
Wer sich für „Neues Leben und Arbeiten auf dem Land“ interessiert, kann sich hier für den KoDorf-Newsletter anmelden.