Das Dorfleben ist beliebt wie nie zuvor
Das Dorfleben ist beliebt wie nie zuvor
© 123rf

Wohnwünsche der Deutschen

Massenflucht aufs Dorf?

Der Lieblingswohnort der Deutschen ist das Dorf. Je kleiner, desto besser. Das zeigt eine neue Umfrage des Instituts Kantar/Emnid. Nur jeder Achte will demnach gerne in der Großstadt leben. Selbst unter sehr jungen Menschen ist die Sehnsucht nach der Großstadt nicht sonderlich ausgeprägt.

Es ist erst wenige Tage her, da hat der Zukunftsforscher Daniel Dettling in seiner KOMMUNAL-Kolumne die Renaissance des Dorflebens vorausgesagt. Eine Meinung, mit der er nicht alleine dasteht. In einem Interview zum Ausblick auf das neue Jahr 2020 hatte auch Zukunftsforscher Matthias Horx zum Jahreswechsel genau diese These aufgestellt. Jetzt hat auch das Institut Kantar (ehemals Emnid) diese These mit Fakten unterlegt. Das Institut hat mehr als 2500 repräsentativ ausgewählte Menschen befragt, wo sie gerne leben würden, wenn sie frei wählen dürften. Demnach zieht es selbst die Mehrheit der Großstadtbewohner mindestens an den Stadtrand oder gar aufs Dorf oder in die Kleinstadt. Die Aussagen, die mit dem Landleben verbunden sind, sind ebenfalls bemerkenswert. Vom Landleben versprechen sich vor allem Großstädter beiweitem nicht nur günstigeren Wohnraum und eine größere Wohnung. Auch Aussagen wie "Ich möchte mehr im Grünen wohnen" werden mit dem Veränderungswunsch häufig genannt. Es geht also um weit mehr als um bezahlbaren Wohnraum.

Dorf

Das Dorf kommt allerdings nicht bei allen gleich gut an, es gibt auffallend große Unterschiede zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland. Während im Westen das Landleben Erstwunsch von 62 Prozent der Menschen ist, sind es in den jungen Bundesländern "nur" 52 Prozent. Die Bewohner ostdeutscher Bundesländer wollen deutlich häufiger "an den Stadtrand" ziehen. (38 Prozent, im Westen sind es 23 Prozent). Der Grund liegt auf der Hand: In Ostdeutschland sind die "Großstädte" insgesamt deutlich kleiner, die Landeshauptstadt von Brandenburg, Potsdam, hat rund 180.000 Einwohner, die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern (Schwerin) kommt gar nur auf 95.000 Einwohner. Westdeutsche Landeshauptstädte wie Düsseldorf (610.000 Einwohner) oder München (1,5 Mio Einwohner) sind meist erheblich größer. 

Gleichzeitig ist die Infrastruktur in vielen sehr ländlichen Regionen in Ostdeutschland nach wie vor geprägt von Leerstand, Abwanderung, fehlenden Ärzten, Apotheken oder Supermärkten. Denn auch kurze Wege zu Geschäften und Behörden bleiben für die Bürger weiter wichtig. Wer die Regionen in Ostdeutschland also fördern will, muss genau hier ansetzen und in Infrastruktur investieren. 

Dorf

Die wichtigste Botschaft der Umfrage aber ist: Das Dorf hat eine Zukunft. Denn es ist beiweitem nicht so, dass junge Menschen automatisch gerne in die Großstadt ziehen möchten und somit das "demografische Problem" zwangsläufig durchschlägt. Im Gegenteil: Auch bei den jungen Menschen unter 40 Jahren dominiert der Wunsch nach dem Landleben. 59 Prozent sagen, dass Sie auf dem Dorf oder auf dem Land bzw. einer Kleinstadt leben möchten. Zwar ist das Stadtzentrum für sehr junge Menschen deutlich attraktiver als für Ältere Menschen, aber selbst hier will "nur" jeder fünfte Deutsche freiwillig gerne hinziehen. 

Junge Menschen wollen auch auf dem Dorf kleinere Wohnungen 

Was Planer auf dem Dorf und in kleinen Städten aber unbedingt auf dem Schirm haben sollten. Die Junge Generation ist mit deutlich weniger Platz zufrieden, als Ältere Menschen. Gefragt, auf wie viel Quadratmetern pro Person sich die Menschen wohlfühlen, antworteten bei den unter 30 jährigen die meisten mit "26-45 Quadratmeter pro Person", nämlich jeder Zweite. Ältere Menschen über 60 hingegen wünschen sich deutlich mehr Platz (mindestens 60 qm pro Person). Aktuell wohnt in Deutschland statistisch betrachtet übrigens jeder Einwohner auf rund 46 Quadratmetern. Diese Zahl ist seit 20 Jahren kontinuierlich gewachsen. Folgt man der Umfrage, könnte sich dieser Trend langsam aber sicher wieder umkehren, zumindest wenn es nach jungen Menschen geht. 

Dorf

Die Wohnkosten sind weder auf dem Dorf noch in der Stadt das größte Problem 

Und noch ein interessantes Ergebnis hält die Umfrage zur Diskussion um "explodierende Wohnpreise" parat. Nur jeder siebte Deutsche wünscht sich, künftig weniger Geld fürs Wohnen auszugeben. Unterm Strich sind die Deutschen also offenbar mit den Miet- und Kaufpreisen recht zufrieden. Das gilt übrigens insbesondere für Frauen, hier empfindet nur jede Neunte den Wunsch, künftig weniger Geld fürs Wohnen ausgeben zu wollen. Bei den Männern ist es jeder Sechste. Als "zu teuer" empfinden im Grunde "nur" Single-Haushalte ihre Wohnkosten (28 %), bei 2 Personen-Haushalten sinkt dieser Wert auf 9 Prozent, bei Familien mit Kindern liegt der Wert um 11 Prozent.