Wasserwacht Freibad
Als Wasserrettungsdienst kümmert sich die Wasserwacht auch um die Sicherung von Badestellen.
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Interview mit Bundesleiter

Wasserwacht: Mehr Vorsicht und mehr Kommunikation

Andreas Paatz ist der Bundesleiter der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). KOMMUNAL sprach mit ihm über die besonderen Herausforderungen des Jahres 2020 und darüber, was Kommunen tun können, um Badestellen sicherer zu machen.

KOMMUNAL: Herr Paatz, was ist in diesem Jahr für die Wasserwacht anders?

Andreas Paatz: Es ist einiges anders: Wir haben unseren Kolleginnen und Kollegen verschiedene Pandemie- und Hygienekonzepte an die Hand gegeben. Wir haben sie aufgeklärt, wie sie sich im Normalbetrieb besser schützen können. Außerdem entscheiden sich aufgrund von Corona mehr Menschen für einen Kurzurlaub in Deutschland. Das macht sich auch an den Badegewässern bemerkbar. Damit kommt auf uns mehr Arbeit zu. Aber wir sind gewappnet.

Gibt es etwas, was Sie den Urlaubern sagen wollen?

Ich möchte an alle Urlauber und Erholungssuchenden appellieren, dass sie sich besonders in Zeiten von Corona, immer wieder vor Augen halten, dass wir für sie da sind und ehrenamtlich für ihre Sicherheit sorgen. Daher möchte ich darum bitten, dass Abstands- und Hygieneregeln an Stränden und Ufern eingehalten werden, sodass sich die Leute nicht unnötig in Gefahr begeben. Für unsere Rettungsschwimmer würde das nämlich auch bedeuten, dass sie einem größeren Risiko ausgesetzt sind.

Andreas Paatz DRK
© Henning Schacht / DRK

Wegen Corona ist auch Schwimmunterricht ausgefallen. Rechnen Sie damit, dass es zu mehr Badeunfällen mit Kindern kommen wird?

Ja und nein. Natürlich muss man ganz klar sagen, wenn der Schwimmunterricht ausfällt oder unterbrochen wird, dann führt das dazu, dass Kinder weniger gut schwimmen können.  Aber da jetzt wirklich zu sagen: Ausfall von Schwimmunterricht führt zu mehr Badetoten, würde ich nicht unterschreiben.

Warum ist das so?

Das ist auch ein Ansatz von uns als Wasserwacht: Die Eltern sind immer in der Pflicht. Nur weil mein Kind irgendwann mal ein Seepferdchen absolviert hat, darf ich nicht davon ausgehen, dass es in jeder Situation zurechtkommen kann. Um ein Beispiel zu nennen: In den Küstenregionen der Nord- und Ostsee habe ich Strömungen und das Wasser ist deutlich kälter. Ich habe dort Situationen, mit denen ein Kind im Schwimmunterricht gar nicht konfrontiert wird.

Die meisten Badeunfälle gibt es an unbewachten Binnengewässern. Wie gehen Kommunen vor?

Die Gemeinden schreiben ein Badegewässer aus und treten mit einer Rettungsorganisation wie dem DRK in Kontakt. Dann betreiben wir eine Rettungsstation und können die Absicherung übernehmen. Ich empfehle Kommunen, keine Scheu zu haben, auf die Wasserrettung zuzugehen und mit ihr zu bereden: Was könnt ihr leisten und was müssen wir leisten? Sprecht mit ihr vor Ort und findet eine Lösung, um das unbewachte Baden hin zu einem bewachten Baden zu bringen. Viele Gemeinden haben leider keine bewachten Badestellen oder die Gewässer liegen so, dass sich niemand dafür zuständig fühlt.

Wer interveniert, wenn sich niemand für ein Badegewässer zuständig fühlt?

Wir als Wasserrettung sind in so einem Fall mit den Kommunen in Kontakt. In der Regel entwickelt sich so ein wilder Badesee im Laufe der Zeit. Es ist ja nicht so, dass da heute auf einmal 100 Leute sind, die vergangenes Jahr noch nicht da waren, sondern das ist eine schöne Badestelle und es werden immer mehr Badende. Dafür versuchen wir gemeinsam mit der Kommune ein Konzept zu entwickeln, um dann den Betrieb eines bewachten Badestrands mit der Gemeinde lukrativ zu gestalten. Da geht es dann auch um Bewirtschaftung und Parkplätze – Aufgaben die im Bereich der Kommunen liegen. Die Konzepte dafür gibt es bei den regionalen Verbänden. Dort sind sie auch auf die jeweiligen Begebungen so runtergebrochen, dass eine Kommune auf sie zurückgreifen kann.

Das sind die Vereine oder Verbände vor Ort, die direkt mit der Kommune kommunizieren?

Genau. Sie können sich vorstellen, wenn wir als Wasserrettung auf den Bürgermeister einer kleinen Gemeinde zugehen, dann sieht dieser natürlich ganz andere Themenfelder als wir. Dort müssen wir ihn auch unterstützen und ein paar Antworten liefern. Als Bundesleiter der Wasserwacht entwickele ich dafür Konzepte. Aber, ich sag mal, in einer bayerischen Gemeinde funktioniert das auch ein Stück weit anders als in einer Gemeinde in Schleswig-Holstein.

Warum funktioniert das anders?

Ganz einfach, weil das Landesgesetz anders ist. Eine strategische Zielrichtung der Wasserwacht ist es daher, dass wir in die Landesrettungsdienstgesetze aufgenommen werden.

Da würde verankert werden, dass es an bestimmten Badestellen eine Wasserwacht geben muss?

Ja und dass beispielsweise eine Wasserrettung entsprechende Kosten verursacht, die auch abrechenbar sind. Das ist nämlich meistens die Sorge des Bürgermeisters: Achtung, ich habe dort am Wochenende fünf bis sechs Rettungsschwimmer. Was kommen da für Kosten auf mich zu? Durch das Landesrettungsdienstgesetz bekommt er dort eine ganz klare Aussage. Exemplarisch sind Mecklenburg-Vorpommern und Bayern zu nennen. Aufgrund der Küste beziehungsweise den vielen Binnengewässern war der Druck dort groß, eine entsprechende Regelung zu finden.

Das bundesweite Schwimmbadsterben ist ein Problem, das auch wir von KOMMUNAL mehrmals thematisiert haben. Was sagt die Wasserwacht dazu, dass es immer weniger kommunale Schwimmbäder gibt?

Das bereitet uns Sorge. Um ein regionales Beispiel zu bringen: Im bayerischen Landtag gab es eine Anhörung, bei der auch die Wasserwacht gehört worden ist. Dort ist ein Forderungskatalog eingebracht worden, der auch sagt, dass ein Schwimmbad zugänglich sein muss. Dieses muss in einem Zeitraum von 30 Minuten erreichbar sein, um allen Leuten den Schwimmunterricht zu ermöglichen. Natürlich wissen wir, dass ein kommunales Bad teuer ist. Viele Gemeinden überlegen sich gut, für was sie ihr Geld verwenden. Das ist völlig richtig. Aber wir sind der Meinung, dass die Schwimmfähigkeit im Bereich der Daseinsvorsorge liegt.