Wikkelhouse kurbelt Tourismus in Helgoland an
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Wikkelhouses boomen

Häuser aus Pappe locken Touristen!

Der Trend zum kleinen Wohnen hält Einzug in die deutsche Tourismusbranche. Helgoland will mit einem innovativen Wohnkonzept Touristen anlocken, die einen nachhaltigen Lebensstil pflegen. Ein Modell das in anderen, insbesondere kleinen Kommunen, funktionieren könnte.

Wenn die Nachfrage so groß ist, dass die Touristikanbieter die Unterkunft meistbietend versteigern können, dann ist im Tourismus offenbar etwas richtig gelaufen. So ist es passiert auf Helgoland: Letztes Jahr im Sommer versteigerten die Insulaner die ersten beiden ihrer insgesamt 15 geplanten Wikkelhouses. Das zusätzliche Geld fließt in einen naturnahen Spielraum für Kinder, um das Urlaubsangebot weiter zu verbessern. Die neuen Haustypen bringen zwischen 350 und 450 Euro pro Woche. Die Anschaffung hingegen ist vergleichsweise günstig. Der Startpreis eines Wikkelhouse liegt bei 30.000 Euro. Ab Bestellung ist ein Haus in nur 8 Monaten bezugsbereit. Für Helgoland zahlt sich der nachhaltige Minimalismus bereits aus: Für 2020 sind die Häuser komplett ausgebucht

Das nachhaltige Tiny House zum Nachahmen

Wikkelhouses knüpfen an das Wohnkonzept der Tiny-House-Bewegung an, die ihren Ursprung in der Immobilienkrise der USA hatte. Die Tiny Houses zeichnet aus, dass sie das Nötigste auf winzigem Raum zur Verfügung stellen. Aufgrund des geringen Platzverbrauchs sind sie flexibel einsetzbar und punkten beispielhaft auch bei der Bodenversiegelung. Letztere ist vielerorts ein Problem, denn dabei wird der Wasserhaushalt der Böden langfristig gestört, weil diese undurchlässig für den Niederschlag sind.

Die Häuser sind Gewinner des Bundespreises Ecodesign 2019

Für seine Nachhaltigkeit erhielt das Wikkelhouse den vom Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt gestifteten Bundespreis Ecodesign 2019. „Der gesamte Lebenszyklus des Wikkelhouse ist nachhaltig konzipiert: von der Produktion, über die Wiederverwendbarkeit der Module, bis zur Möglichkeit, die abnehmbaren Leichtbauteile zu recyceln“, heißt es dazu auf der Webseite. Tatsächlich gibt der Hersteller an, dass die Fertighäuser zu 100% recyclebar sind und einen Lebenszyklus von mindestens 50 Jahren haben.

Die Wikkelhouses bieten Städtern ein naturnahes Erlebnis im ländlichen Raum

Das Wikkelhouse setzt sich aus verschiedenen Fertigmodulen zusammen. Diese können beliebig kombiniert und individuell um Schlafbereiche, Kochnischen oder Sanitäranlagen erweitert werden. Um nicht weiter in die Umwelt einzugreifen, wurde auf Helgoland zum Beispiel auf die Sanitäranlagen verzichtet. Für ihre Notdurft müssen Besucher den nur 50 Meter entfernten Campingplatz aufsuchen. Dafür können die Gäste in der naturnahen Umgebung auf der Helgoländer Dühne wohnen. Aufgrund der einfallsreichen Wickeltechnik aus Pappe sind die Häuser außerdem so stabil, dass sie ganz ohne Fundament auskommen.

Das ist das Geheimnis vom Wikkelhouse

Hergestellt werden die Wikkelhouses in den Niederlanden. Gründer Oep Schilling erzählt in einem  Interview vom Erfinder René Snel, der den Prototypen für die sogenannte Sandwichkonstruktion erfand: Eine aus mehreren Schichten Pappe gewickelte Box. Schon diese zeichnete sich durch ihre hohe Stabilität aus. Der Erfolg der robusten Box blieb aber aus. „Das war eine Art Bedrohung für die Pappindustrie. Wenn du eine Box wie diese herstellst, dann brauchst du halt nur noch eine statt zehn Boxen, “ meint Schilling.

Das innovative Haus ist das Ergebnis einer Pub-Wette

Die ersten Bauteile waren das Ergebnis einer Wette im Pub. Erfinder Snel soll dort mit seiner Sandwichkonstruktion angegeben haben. Als seine Bekannten ihn nicht ernst nahmen, kündigte er an, ein Haus aus gewickelter Pappe zu bauen. Schilling und sein Team haben die Technik für die Serienproduktion erfolgreich weiterentwickelt. Die Nachfrage für die Wikkelhouses ist nicht nur auf Helgoland groß. 2020 sollen die Häuser erstmals außerhalb Europas geliefert werden.