Erbbaurecht Tafelsilber
Das Tafelsilber sollten Kommunen behalten
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Bodenvorratspolitik

Tipps zum Erbbaurecht für Kommunen

Das Erbbaurecht wird in Kommunen noch viel zu selten genutzt. Dabei ist es die perfekte Methode, Wohnraum zu schaffen, nicht benötigte Grundstücke auf den Markt zu geben, gleichzeitig Planungshoheit zu bewahren und mögliche Filetgrundstücke auch für kommende Generationen zu sichern. Hans-Christian Biallas, Präsident des deutschen Erbbaurechtsverbands, gibt Tipps für Kommunen.

Die Stadt Frankfurt am Main vergibt schon seit Jahren Grundstücke in der Regel im Erbbaurecht. Das DomRömer-Quartier, „Frankfurts neue Mitte“, wurde zum Beispiel vollständig auf Erbbaurechtsgrundstücken gebaut. Die Berliner Landesregierung machte die verstärkte Nutzung des Erbbaurechts schon 2016 zum Bestandteil ihres Koalitionsvertrags. 2018 beschloss der Senat außerdem, die Erbbauzinsen bei Neuverträgen um die Hälfte zu senken. Hamburg möchte seine Grundstücke ebenfalls vermehrt im Erbbaurecht vergeben und legte hierfür 2019 veränderte Konditionen vor. Die Stadt Köln kündigte im Juni 2020 an, bei der Vergabe von Grundstücken für den Wohnungsbau künftig dem Erbbaurecht den Vorrang vor dem Verkauf einzuräumen. Die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen, denn immer mehr Städte und Gemeinden entdecken derzeit das Erbbaurecht für sich wieder. Warum ist das so?

Darum ist das Erbbaurecht für Kommunen nützlich

Der große Vorteil beim Erbbaurecht für Kommunen liegt in den Einflussmöglichkeiten auf die Nutzung des Grundstücks. Wer ein Erbbaurecht vergibt, bleibt erstens Eigentümer des Grundstücks. Insofern liegt eine starke Motivation für die Kommunen häufig darin, dass sie ihr „Tafelsilber“ nicht verkaufen wollen – insbesondere im Angesicht der steigenden Grundstückspreise. Es geht also um eine langfristige Bodenvorratspolitik.

Zweitens erhalten sich die Städte und Gemeinden bei der Vergabe von Erbbaurechten eine größere Einflussmöglichkeit auf die Nutzung der Flächen. Denn: Wer ein Erbbaurecht vergibt, kann daran bestimmte Bedingungen knüpfen. Zum einen können Zustimmungsvorbehalte Bestandteil des Vertrages sein – zum Beispiel ein Mitspracherecht oder ein Vorkaufsrecht im Falle des Weiterverkaufs. Zum anderen ist es möglich, die Höhe des Erbbauzinses an die Höhe der Mieten, die auf dem Grundstück erzielt werden, zu koppeln, und zwar für die gesamte Laufzeit des Vertrages. Dies hat der Bundesgerichtshof zuletzt in einem Urteil von 2019 bestätigt (BGH Urteil vom 08.02.2019 – V ZR 176/17). Hierin besteht ein wichtiger Unterschied zum geförderten Wohnungsbau, bei dem die Bindungen zwangsweise zeitlich begrenzt sind.

Manche Kommunen vergeben kostenlose Erbbaurechte

Allerdings raten wir als Verband dazu, die Grenzen nicht zu eng zu ziehen. Das Erbbaurecht ist ein eigentumsgleiches Recht. Die Verträge sollten also für beide Seiten attraktiv bleiben. Ein wichtiger Hebel bei der Vertragsgestaltung ist der Erbbauzins. Dessen Höhe ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Laut einer Studie aus diesem Jahr liegt der durchschnittliche jährliche Erbbauzins für Wohnimmobilien in Deutschland momentan bei 3,7 Prozent der Berechnungsgrundlage. Als solche wird meist der Bodenwert inklusive der Erschließungskosten herangezogen. Die Spanne reicht von weniger als 2 bis zu mehr als 6 Prozent. In Berlin liegt der Erbbauzins für Wohnnutzungen derzeit bei 2,25 Prozent, in Hamburg bei 1,5 Prozent. Manche Kommunen vergeben sogar kostenlose Erbbaurechte an Wohnungsunternehmen und verbinden damit bestimmte Bedingungen, wie zum Beispiel Belegungsrechte.

Zudem sollte der Vertrag eine Wertsicherungsklausel über die lange Laufzeit enthalten, damit der Erbbauzins während der Laufzeit angepasst werden kann. Üblich ist hierbei die Orientierung am Verbraucherpreisindex.

Nach Ende der Laufzeit bietet sich ein frühzeitges Gespräch an

Neben dem Erbbauzins ist das Ende der Laufzeit häufig ein „Knackpunkt“: In den meisten Fällen haben sowohl der Erbbaurechtsnehmer als auch der Erbbaurechtsgeber ein Interesse daran, das ablaufende Erbbaurecht zu verlängern. Es zahlt sich aus, in diesem Fall frühzeitig das Gespräch zu suchen, um die Optionen auszuloten. Dabei sollten beide Seiten nicht unbedingt das Vertragsende abwarten, sondern bereits frühzeitig über vorzeitige Verlängerungen miteinander verhandeln.

Hieran können wiederum bestimmte Konditionen geknüpft werden – wie etwa die Miethöhen für Wohnungen auf dem Grundstück. Wenn das Grundstück nach Vertragsablauf doch an den Erbbaurechtsgeber zurückfällt, zahlt dieser meist eine Entschädigung für die darauf stehenden Gebäude. Die Höhe dieser Entschädigung ist ebenfalls verhandelbar. Knapp die Hälfte der Erbbaurechtsgeber zahlt laut JLL-Studie 66 bis 75 Prozent des Immobilienwertes. 19 Prozent entschädigen mit dem vollen Wert.

Das Fazit: Es zeigt sich, dass das Erbbaurecht für die Kommunen ein sinnvolles Instrument einer aktiven Bodenvorratspolitik ist. Die Ausgestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig und sollten genau abgewogen werden. Je näher der Erbbauberechtigte an die Position vertraglich eines Eigentümers rücken kann, umso wirtschaftlich attraktiver ist der Vertrag insgesamt.

Hans-Christian Biallas ist Präsident der Klosterkammer Hannover sowie des Deutschen Erbbaurechtsverbands.