Denkmalschutz in Kommunen
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Kommunen und der Denkmalschutz

17. Oktober 2019
Was tun, wenn ein Neubauprojekt nicht möglich ist, weil da ein altes Haus steht? KOMMUNAL-Interview mit Brandenburgs Landesdenkmalpfleger Thomas Drachenberg. Er meint: Im Verhältnis von Kommunen und Denkmalbehörde kommt es vor allem auf gute, rechtzeitige und vertrauensvolle Kommunikation an.

Herr Drachenberg, kann zu viel Denkmalschutz einer Kommune schaden?  

Nein. Eine Kommune hat eine Geschichte. Eine Geschichte der Leute, die da wohnen und der Bauten, die da stehen. Es ist schön, wenn diese Geschichte mithilfe des Denkmalschutzes weitergeschrieben wird, wenn dabei so viel wie möglich an Wertvollem integriert wird. Dass eine Kommune immer auf die eigenen Wurzeln zurückblicken kann, auch in der Diskussion, wie sie künftig weiterkommen will: Das ist ein großer Vorteil für jeden Ort.  

Denkmalschutz in Kommunen
Brandenburgs Chefdenkmalpfleger Thomas Drachenberg im KOMMUNAL-Interview

Trotzdem klagen Bürgermeister darüber, dass es oft nicht möglich ist, marode Gebäude abzureißen, weil sie unter Denkmalschutz stehen. Was raten Sie solch einer Kommune?  

Aus meiner Praxis kann ich nur sagen: Kommunen und die Denkmalpflege müssen miteinander reden, miteinander kommunizieren. Es muss darum gehen, schon zu Anfang jeder Planung und jedes Projekts im Gespräch zu sein. Man muss sich vorbereiten auf die bürokratischen Prozessse einer denkmalrechtlichen Erlaubnis. Man muss Vertrauen aufbauen, auf Augenhöhe reden. Das funktioniert in den meisten Fällen, vorausgesetzt, es ist genügend Personal da und dann auch die Zeit, um auf Augenhöhe miteinander reden zu können. Generell hängt das auch von den Strukturen ab, die in jedem deutschen Bundesland unterschiedlich sind. Aber am Wichtigsten ist, dass die Denkmalpflege soweit in die kommunale Planung integriert ist, dass ein frühzeitiges Reden auf einer Basis des Vertrauens und der gegenseitigen Wertschätzung möglich ist. Dann lassen sich viele gemeinsame Wege finden. 

Denkmalschutz und Streitereien

Was raten Sie einem Bürgermeister im Konfliktfall?  

Er sollte einen Ansprechpartner in den Strukturen suchen, der das Reden möglich macht. Denn Denkmalpflege geht nicht, ohne dass Kommunen und Experten miteinander im Gespräch sind. Und dazu braucht es auch immer die nötige Vorlaufzeit.  

Kann ein Denkmal überhaupt gegen den Willen von Nutzern und Eigentümern erhalten werden?  

Theoretisch geht das. Praktisch sind die Chancen der Erhaltung gegen einen Eigentümer schlechter als mit dem Eigentümer. Der Besitzer entscheidet schließlich, wie viel er in ein Denkmal investieren möchte. Er ist übrigens nur verpflichtet es zu erhalten, die Sanierung ist keine Pflicht. Aber damit ein Denkmal von der Denkmalliste gestrichen werden kann, gibt es legal nur drei Möglichkeiten: Entweder das Denkmal ist fälschlich auf der Denkmalliste gelandet. Das kann jederzeit korrigiert werden und kommt selten vor. Oder die Zumutbarkeit der Erhaltung und Pflege ist nicht mehr gegeben – das ist ein juristisch ausgeurteilter Begriff, bei dem es am Ende um die schwarze Null geht. Oder das Gebäude ist in einem Zustand, bei dem alles, was sie tun, sowieso zum Abriss führt. Da sollten sich alle Partner vorher in Ruhe die (Zustands-) Karten legen. Der Wunsch nach einem Neubau oder dem maximalen, aus einem Gebäude erzielbaren Profit sind dagegen keine legitimen Gründe. Sie sehen, es muss viel kommuniziert werden. 

Ist jedes alte Gebäude immer denkmalwürdig?  

Bürokratisch heißt die Antwort: Die Kriterien für ein Denkmal stehen in den Denkmalschutzgesetzen der Länder. Übersetzt in barrierefreie Sprache lauten sie: Ein Denkmal muss eine besondere Geschichte erzählen. Das kann eine städtebauliche, eine landeskundliche oder eine kunsthistorische Geschichte sein. Aber für deren Beurteilung ist einzig das jeweilige Landesamt für Denkmalpflege zuständig. Da sitzen dann Wissenschaftler, die die Begründungen stichhaltig und objektiv handhaben müssen, damit keine Willkür herrscht. Das muss natürlich auch nachvollziehbar sein - nicht nur für den Besitzer und die Kommune. 

Was sind denn die Vorteile, die Städte und Gemeinden dank des Denkmalschutzes haben?  

Städte, die über historische Bausubstanz verfügen, sind von Lübeck über Erfurt, Brandenburg an der Havel, Quedlinburg bis Tübingen ganz vorn im Ranking des Wohlgefühls und der Zufriedenheit der Menschen. Die Substanz zu nutzen, zu ergänzen, sie nicht zu vernutzen, das bringt Lebensqualität. Es ist immer gut und macht sich sehr gut, seine eigene Baugeschichte erzählen zu können: Der Ort, wo früher die Tanzveranstaltungen waren, wo wer zur Schule ging. Man merkt es dort, wo es Verluste gab, was das in den Köpfen der Menschen auslöst. Daher kommt auch der oft starke Wille, Verlorenes wieder aufzubauen. Zum Beispiel die Dresdner Frauenkirche. Doch das sind dann Neubauten, die die Geschichte des Wiederaufbaus erzählen können, aber nicht die der Barockzeit.

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