Flüchtlinge und Asylbewerber
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Verwaltungsgericht

Kreis darf Gemeinde keine Asylbewerber zuweisen

Der Landkreis darf der Gemeinde Greiling vorerst keine Asylbewerber zwangsweise zuweisen. Die Kommune hatte vor dem Verwaltungsgericht München geklagt. Die zuständige Kammer am Verwaltungsgericht München kam in einem Eilbeschluss zu dem Ergebnis, dass eine durch das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen geplante Zuweisung von Asylbewerbern an die Gemeinde Greiling einen rechtswidrigen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Kommune darstelle. Was bedeutet das für andere Kommunen?

Der Streit um die Aufnahme von Asylbewerbern zwischen Kommunen und dem Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen führte vor das Bayerische Verwaltungsgericht. Das entschied im Fall der Gemeinde Greiling, dass der Landkreis keine Asylbewerber zwangsweise zuzuweisen darf. Es handelt sich um einen Eilbeschluss, bis in der Hauptsache entschieden wird.

Gegen Zwangszuweisung von Asylbewerbern

Was war passiert? Im Juni 2023 hatte das Tölzer Landratsamt angekündigt, dass dem Landkreis vom Bezirk monatlich 100 Menschen zugewiesen werden. Die Flüchtlinge sollten nach einer Quote auf die Kommunen verteilt werden. Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen gab dann laut Gemeinde Greiling im August 2023 bekannt, dass als notwendige Maßnahme zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise den Gemeinden auch Personen zwangszugewiesen würden. Zu diesen Gemeinden gehört auch die Gemeinde Greiling.

Bürgermeister: Verzweifelte Lage

"Sie können sich sicher vorstellen, in welch verzweifelter Lage ich mich als Bürgermeister nun befinde, da die Gemeinde aktuell nicht einmal über eine freie Wohnung verfügt", wandte Bürgermeister Anton Margreiter sich schriftlich an die Bürger. "Dabei hat sich die Gemeinde immer bemüht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Lösung dieses Problems mitzuwirken: Zum einen haben wir dem Landkreis gleich zu Beginn des Ukrainekrieges unser altes Gemeinde- bzw. Feuerwehrhaus für die Unterbringung von bis zu 15 Personen angeboten."

Das Landratsamt habe daran kein Interesse gezeigt, da hier eine zu kleine Anzahl an Personen zu dezentral untergebracht hätte werden können. Zum anderen hat die Verwaltungsgemeinschaft Reichersbeuern bereits im Februar 2023 Flächen angeboten bzw. auf Flächen hingewiesen, die sich im Besitz der Gemeinde Greiling, dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen oder der Bundesrepublik Deutschland befinden.

Auf diese Vorschläge habe die VG Reichersbeuern und somit auch die Gemeinde Greiling bislang keine Antwort erhalten. "Ist das nun ein Grund, die Gemeinde Greiling in dieser Situation an unsolidarisch anzuprangern, durch Zwangszuweisungen zu bestrafen und somit das soziale Gefüge in unserem Dorf zu gefährden?", fragt der Bürgermeister.

Die Gemeinde hat nun einen ersten Erfolg errungen: Die Verwaltungsrichter sehen in einer Zwangszuweisung von Asylbewerbern einen rechtswidrigen Eingriff in das kommunale Selbstbestimmungsrecht. Denn die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern sei allein Aufgabe des Freistaats. Dieser lässt diese Aufgabe von den Regierungen und Landratsämtern ausführen. Eine Zuständigkeit der Gemeinden bestehe dagegen nicht, so die Richter. In der Begründung des Gerichts heißt es, die Gemeinden müssten zwar daran mitwirken. Das gehe voraussichtlich aber nicht so weit, dass das Landratsamt der Gemeinde Asylbewerber "zuweisen" könne.

Landrat enttäuscht über Gerichtsentscheidung

Und wie reagiert das Landratsamt auf die richterliche Entscheidung? Landrat Josef Niedermaier sagte auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks, er sei verwundert und verärgert über die Gerichtsentscheidung.  Er betonte: "Wir werden ohne eine weitreichende Mitwirkung der Gemeinden sehr schnell keine Menschen mehr unterbringen können, und ich frage mich, wie wir die Aufgabe dann bewältigen sollen." Man werde das weitere Vorgehen prüfen.

Innenministerium: Keine Zwangszuweisung

Das bayerische Innenministerium teilte mit, die Entscheidung entspreche der rechtlichen Auffassung des Freistaats. Das Landratsamt könne die Gemeinden nur auffordern, geeignete Unterkünfte zu benennen. "Zwangszuweisungen" von staatlicher Seite an die Kommunen seien nicht vorgesehen, so eine Ministeriumssprecherin gegenüber dem BR. Dem Innenministerium zufolge betrifft der Beschluss des Verwaltungsgerichts nur einen Einzelfall ohne Signalwirkung.

Hier finden Sie die Erklärung zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts als PDF: