Steuerlicher Querverbund: Schwimmbad
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kommunale Unternehmen betroffen

Steuerlicher Querverbund: Wird schwimmen deutlich teurer?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem EuGH den steuerlichen Querverbund zur Prüfung vorgelegt. Er soll nunmehr klären, ob die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten von kommunalen Wirtschaftsbetrieben mit dem EU-Beihilfenrecht vereinbar ist. Kommt der EuGH zum Ergebnis, dass es sich dabei um eine Beihilfe handelt, steht eines fest: Das Baden in kommunalen Schwimmbädern und das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln könnte dadurch deutlich teurer werden!

Die Zeichen in den Kommunen und Städten stehen schlecht, denn ein bislang von der Steuerverwaltung anerkanntes Modell der Finanzierung der Daseinsvorsorge droht nunmehr vom EuGH gekippt zu werden. Ins Rollen hat das Ganze der BFH, mit einem Vorlagebeschluss, indem er ausführt, dass vom EuGH zu klären ist, ob die Steuerbegünstigung für dauerdefizitäre Tätigkeiten kommunaler Eigengesellschaften gegen die Beihilfenregelung der Europäischen Union verstößt.

Im Kern geht es um die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG. Danach können politisch motivierte Dauerverlustgeschäfte der Daseinsvorsorge steuerlich anerkannt werden, sodass diese Verluste nicht als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gelten. Rechtssystematisch wird dies dadurch erreicht, dass die Rechtsfolgen der vGA nicht gezogen werden, obschon die verlustbringende Daseinsvorsorge allein im Interesse der Kommunen liegt. Im Ergebnis wird durch diese Steuerbegünstigung ermöglicht, Verluste mit Gewinnen aus der kommunalen Energie- und Wasserversorgung so zu verrechnen, das die Steuerbelastung vereinfacht gesagt um rund 30 % der Dauerverluste gesenkt wird.

Steuerlicher Querverbund: Der Streitfall gibt Anlass zur Sorge

Damit erhält die Trägerkommune einen höheren Gewinn ausgezahlt. Dies gilt naturgemäß nur dann, wenn die Gewinne, die im Bereich der Versorgung erzielt werden, höher sind als die Verluste beispielsweise des Bäderbetriebes. Hintergrund ist eine BFH-Entscheidung aus dem Jahre 2007, wonach der BFH seinerzeit die dauerdefizitäre Tätigkeit eines Bäderbetriebes steuerlich nicht anerkannt und als vGA beurteilt hatte. Mit seinem „Bäderurteil“ wurde auf Druck kommunaler Spitzenverbände eine Gesetzesänderung ausgelöst. Die Querverbundfinanzierung von Schwimmbädern und ÖPNV sowie kultureller Einrichtungen stand auf dem Spiel. Der Gesetzgeber reagierte und verankerte den steuerlichen Querverbund mit dem Jahressteuergesetz  2009 ins KStG. Damit wurde der Erhalt der steuerlichen Querverbundfinanzierung zunächst einmal gesetzlich abgesichert.

Der Streitfall, der aktuell beim EuGH gelandet ist, gibt nun erneut Anlass zur Sorge, da der BFH die Steuervorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG als Beihilfe beurteilt und dies der EuGH jetzt zu entscheiden hat. In dem streitgegenständlichen Sachverhalt hat ein Energieversorgungsunternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern, welches in der Rechtsform der GmbH geführt wird, gegen das örtliche Finanzamt geklagt. Die GmbH-Anteile werden von der Stadt zu 100 Prozent gehalten; somit handelt es sich bei dem Unternehmen um eine kommunale Eigengesellschaft. Die klagende GmbH erwirtschaftete in den Streitjahren 2002 und 2003 dauerhaft Verluste, die nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG auf anderer Ebene mit Versorgungsgewinnen verrechnet wurden. Diese Verrechnung bzw. die Verluste aus dem Bäderbetrieb wurden vom Finanzamt nicht anerkannt, da sie als vGA gewertet wurden. Der BFH vertritt im Vorlagebeschluss vom 13.03.2019 die Auffassung, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG grundsätzlich eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 i.V.m. Art. 108 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist. Danach sind selektive Beihilfen, z.B. in Gestalt von Steuergesetzen, für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige genehmigungspflichtig. Für den Fall, dass der EuGH ebenfalls diese Rechtsauffassung vertritt, wäre § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG eine beihilfenrechtswidrige Subvention und somit der steuerliche Querverbund als Teilfinanzierung kommunaler Schwimmbad- und ÖPNV-Betriebe nicht mehr anwendbar. Aus bekannten Gründen sind diese kommunalen Einrichtungen der Daseinsvorsorge nicht kostendeckend zu betreiben. Ein Beihilfenverbot hätte für öffentliche Schwimmbäder, ÖPNV sowie auch soziale und kulturelle Einrichtungen und Umwelt- und Bildungseinrichtungen erhebliche Auswirkungen. Gegensteuern könnte man mit höheren Einritts- oder Fahrpreisen, die stärker die Bürger belasten würden. Anderenfalls würden öffentliche Haushalte stärker belastet werden.

Aktuell hat der Bundestag mit der Reform des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes beschlossen, die Förderung für den öffentlichen Nahverkehr auf 665 Millionen Euro in diesem Jahr zu verdoppeln; ab 2021 sollen die Fördermittel auf eine Milliarde und ab 2025 auf 2 Milliarden pro Jahr angehoben werden. Ausreichen wird dies indes nicht, sodass die Kommunen auf der Finanzierungslücke letztlich hängen bleiben würden. Schon bei Einführung des Gesetzestatbestandes wurde damit argumentiert, die Rechtspraxis des steuerlichen Querverbundes sei schon weit vor den Römischen Verträgen von 1958 vorherrschend gewesen und wäre damit als sogenannte Altbeihilfe kein Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Ein weiteres Argument gegen eine Beihilfe wäre, dass es sich im Bereich der Daseinsvorsorge um ein klassisches Marktversagen handelt und daher eine potentielle Wettbewerbsbeeinträchtigung schon deswegen nicht angenommen werden kann. Vor 2021 dürfte mit einer Entscheidung des EuGH wohl nicht zu rechnen sein. In Fachkreisen wird sogar die Meinung vertreten, dass das betroffene Stadtwerk die Revision beim BFH zurücknimmt – dann wäre dem EuGH die Prüfung zwangsläufig entzogen und das Beihilfenproblem wäre so gesehen erst einmal vom Tisch.