Beruhigungspille gegen Systemzweifel
© shutterstock

Digitalpakt Schule

Technik darf keine Beruhigungspille sein

Im Zweifel für die Technik – ja, nur darf diese nicht als Beruhigungspille verabreicht werden, meint Ilona Benz.

Technologie befördert den sich seit vielen Jahren hartnäckig haltenden Trend von unwirksamen Symptomdebatten anstelle von echter Ursachenforschung. Die Politik beruhigt mit vergleichsweise harmlosen Veränderungen am Werkzeugkasten des Systems, um sich nicht an die Neugestaltung des Maschinenraums wagen zu müssen. Schließlich fehlt uns allen dazu wirklich die Zeit - und die Ressourcen. Der technologische Fortschritt hat die Veränderungen am Werkzeugkasten nun auf ein neues Level gehoben. Das Prinzip „Beruhigungspille Technik“ ist ebenso einfach wie genial. Für die Politik ein Allheilmittel. Mit einem Quasi-Universalitätsanspruch ausgestattet lässt sich das Prinzip auf beinahe jeden Bereich anwenden. Von der Mobilität über die Bildung bis hin zur Gesundheit, Umwelt und Infrastruktur. Gleichzeitig sorgt die Verlässlichkeit des technologischen Fortschritts für eine nie endende Möglichkeit zur Beschäftigung mit immer neuen Anwendungen und verleiht der Pille praktisch eine Endloswirkung.

"Beruhigungspille Technik"

Die Wirkungsweise der „Beruhigungspille Technik“ lässt sich am Beispiel des DigitalPakts Schule besonders eindrücklich aufzeigen: Sein Ziel ist es, Schüler durch moderne technische Ausstattung auf die Digitalisierung in allen Lebensbereichen vorzubereiten. Ein Blick auf die Liste der förderfähigen Maßnahmen im Rahmen des DigitalPakts lässt erhebliche Zweifel an seiner Geeignetheit zur Erreichung der unzweifelhaft richtigen Ziele entstehen. Können interaktive Tafeln dazu beitragen, dass Schüler dazu befähigt werden, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und in ihren Auswirkungen einzuschätzen? Helfen Tablets Schülern bei der Weiterentwicklung ihrer eigenen Kreativität, um schon heute Lösungen für noch nicht bekannte zukünftige Probleme zu finden?

Die folgenden Generationen verdienen eine ganzheitliche Arbeit am deutschen Bildungssystem. Beginnend bei dem Bewertungssystem über Schulnoten, der Abgrenzung von zusammenhängenden Lebensbereichen in einzelne Schulfächer und endend bei der Grundsatzfrage, ob Wissensvermittlung noch der richtige Schwerpunkt von Schule im digitalen Zeitalter sein sollte. Die Kommunen sollten diese grundlegenden Debatten im eigenen Interesse anstoßen und befördern. Denn am Ende könnten es die Städte und Gemeinden sein, die mit aus grundlegenden Systemfehlern resultierenden künftigen Problemen vor Ort umgehen müssen. Das Beispiel DigitalPakt Schule zeigt, wie gefährlich die „Beruhigungspille Technik“ werden kann. Lassen wir nicht zu, dass die Pille in die Massenproduktion geht.