Recht aktuell

Wann sind Ehrenamtliche haftbar?

14. März 2018
Ehrenamtliche Kommunalpolitiker tun Tag für Tag einen Dienst an der Allgemeinheit. Werden Beschlüsse, die sie (mit-)verantworten, angefochten, kann ihnen dieser Dienst jedoch teuer zu stehen kommen. Wann und wie Ehrenamtliche haftbar sind, erklärt unser Rechtsexperte Stefan Mager.

Kommunale Mandatsträger sind in vielen Bereichen in juristische Materien verwickelt, die zum Teil sehr spezielle Kenntnisse voraussetzen. Nicht alle wissen, dass man eine hohe Verantwortung trägt und gegebenenfalls auch persönlich haftet, wenn etwas im Rat nicht rechtens entschieden wird. Fälle, in denen von der Rechtsprechung Amtspflichtverletzungen durch Ratsmitglieder bei der Beschlussfassung behandelt wurden, beinhalteten häufig eine rechtswidrige Versagung des Einvernehmens nach § 36 BauGB oder Fehler bei der Aufstellung eines Bebauungsplans, meist im Zusammenhang mit der Überplanung von Altlasten. Hinsichtlich der Frage nach der Haftung eines Gemeinderatsmitglieds gilt zunächst einmal, dass sie nur dann greift, wenn die Kommune sich dazu entschließt beziehungsweise entschließen muss, im Anschluss an einen verloren gegangenen Schadensersatzprozess Ratsmitglieder in den Regress zu nehmen. Die Möglichkeit einer unmittelbaren Inanspruchnahme durch einen Dritten – zum Beispiel einen Grundstückseigentümer – der einen Schaden durch einen rechtswidrigen Ratsbeschluss erleidet, existiert nicht. Dritte können nur die Gemeinde selbst verklagen. Eine Klage gegen einen Ehrenamtlichen kann nur von der Kommune kommen.

Während es in den meisten Bundesländern an einer Konkretisierung hierzu fehlt, existiert für Ratsmitglieder in Nordrhein-Westfalen eine Anspruchsgrundlage (Art. 43 Abs. 4 GO NRW). Sie regelt, wann ein Regress der Gemeinde beim einzelnen Ratsmitglied möglich ist. Diese Norm gilt unmittelbar für Beschlüsse des Rates. Für Ausschussmitglieder verweist § 58 Abs. 2 S. 1 GO NRW auf die für den Rat geltenden Vorschriften, so dass bei schadensverursachenden Ausschussbeschlüssen – beispielsweise im wichtigen Hauptausschuss – auch ein Rückgriff der Gemeinde auf Ausschussmitglieder möglich ist. Nur in den im Gesetz genannten Ausnahmefällen ist ein Regress der Gemeinde gegenüber einzelnen Rats- oder Ausschussmitgliedern möglich. Liegt allerdings ein solcher Fall vor, so ist die Gemeinde aus Sicht der Rechtsprechung verpflichtet, diese Ansprüche auch gerichtlich geltend zu machen. Das liegt an dem ihr obliegenden Wirtschaftlichkeitsgebot. Wird die Gemeinde nicht tätig, kann die Aufsichtsbehörde die Geltendmachung der Regressansprüche gegenüber Ratsmitgliedern anordnen. Eine Haftung von Ratsmitgliedern setzt dabei voraus, dass eine Amtspflicht verletzt worden ist. Amtspflicht ist jede persönliche Verhaltenspflicht des Ratsmitglieds bezüglich seiner Amtsführung. So hat sich das Ratsmitglied etwa im Rahmen seiner Zuständigkeit zu halten, es hat sein eingeräumtes Ermessen ordnungsgemäß auszuüben, ist zu konsequentem Verwaltungshandeln verpflichtet und darf nicht amtsmissbräuchlich handeln, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wenn Ehrenamtliche verklagt werden, können sie sich nicht auf ihre Stellung als Laie berufen!

Zwar reicht für eine Haftung der Gemeinde selbst im Außenverhältnis bereits jede fahrlässige Amtspflichtverletzung aus. Für einen Regress im Innenverhältnis muss allerdings mindestens grobe Fahrlässigkeit des Ratsmitglieds erforderlich sein, so dass der Haftungsmaßstab hier ein anderer ist als im Außenverhältnis. Grob fahrlässig handelt ein Ratsmitglied dann, wenn es etwa ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt oder sich gegebenen Erkenntnissen verschließt. Dabei kommt es auf die für die Führung des Amtes im Durchschnitt erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten an, nicht auf diejenigen, die der Amtsträger tatsächlich hat. Mitglieder von Gemeinderäten können sich – wenngleich ehrenamtlich tätig und meist ohne einschlägige Ausbildung – also nicht auf ihre Stellung als Laie berufen. Es ist daher sowohl für die Kommune als auch für die Ehrenamtlichen selbst wichtig, dass sie sich in ihrer Funktion als Ratsmitglieder auf ihre Entscheidungen sorgfältig vorbereiten und, soweit ihnen die eigene Sachkunde fehlt – bei technisch oder rechtlich komplexen Fragestellungen –, den Rat ihrer Verwaltung oder die Empfehlungen von sonstigen Fachbehörden einholen beziehungsweise sogar außerhalb der Verwaltung stehende Sachverständige zuziehen. So können sie vermeiden, schuldhaft amtspflichtwidrig zu handeln