Bayern bekommt ab dem nächsten Jahr einen Wassercent - was das ist und was das für Verbraucher bedeutet
Bayern bekommt ab dem nächsten Jahr einen Wassercent - was das ist und was das für Verbraucher bedeutet
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Beschluss im Landtag

Wassercent in Bayern: Neue Steuer trifft auch Kommunen

Ab 2026 erhebt Bayern einen Wassercent – angeblich als Antwort auf den Klimawandel. Doch was bedeutet das für Städte, Gemeinden und ihre Bürger?

Markus Söder nennt es eine „klimafreundliche Maßnahme“. Ab 2026 will Bayern für jede entnommene Tonne Wasser 10 Cent kassieren – Freimengen und Ausnahmen gibt es für Wasserversorger, Landwirte und Unternehmen mit eigenem Brunnen. Der Hintergrund: Der Freistaat leidet unter zunehmender Trockenheit. Der „Wassercent“ soll den sparsamen Umgang mit der Ressource fördern und gleichzeitig Milliardeninvestitionen in die Wasserversorgung finanzieren.

Kommunen doppelt belastet?

Was Söder als ökologisches Lenkungsinstrument verkauft, könnte in der Praxis zum Bumerang für die Städte und Gemeinden werden. Denn viele kommunale Wasserversorger müssten die neue Abgabe an die Verbraucher durchreichen – sprich: an die Bürger. Für Kommunen, die ohnehin mit hohen Investitionen in Infrastruktur und Daseinsvorsorge kämpfen, kommt die neue Abgabe zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

Auch Klärwerke betroffen

Brisant: Der Wassercent soll nicht nur für die Trinkwasserentnahme, sondern auch für Wasser aus Oberflächen- und Grundwasserquellen gelten – also auch für Kläranlagen und industrielle Kühlung. Damit stehen auch kommunale Abwasserbetriebe im Fokus, die sich auf teurere Betriebskosten einstellen müssen.

Was Kommunen jetzt wissen müssen

  • Noch kein Gesetz: Derzeit gibt es nur Ankündigungen, das konkrete Gesetzesvorhaben liegt noch nicht vor. Kommunen sollten die politische Debatte jedoch frühzeitig begleiten.

  • Finanzielle Ausgleichsmechanismen? Die Staatsregierung will einen Teil der Einnahmen in die „Förderung kommunaler Wasserprojekte“ stecken – ob das mehr als Symbolpolitik wird, bleibt offen.

  • Anreiz oder Strafzahlung? Ob der Wassercent wirklich einen ökologischen Lenkungseffekt hat – oder am Ende nur Haushalte belastet – wird von Experten bezweifelt.

Scharfe Kritik von Kommunalverbänden

Der Bayerische Gemeindetag zeigt sich bereits skeptisch. „Das darf nicht zu einer versteckten Wasserpreiserhöhung für Bürger führen!“ Ihr Präsident Uwe Brandl nennt die Pläne "ungerecht". Es dürften nicht schon wieder Ausnahmen für ein bestimmtes Klientel geschaffen werden. Die SPD im Landtag in Form ihrer Umweltpolitischen Sprecherin Anna Rasehorn sagt: "Während Privatpersonen über die Wasserversorger belastet werden, kommen industrielle Großverbraucher durch großzügige Freimengen und Ausnahmen weitgehend ungeschoren davon."

Wasserentnahmegeld für Bayern - Ein Überblick für Städte und Gemeinden 

1. Was regelt der neue Wassercent?

  • Ab dem 1. Juli 2026 wird in Bayern eine Einheitsabgabe von 10 Cent pro Kubikmeter Grundwasser eingeführt 

  • Es gibt einen Freibetrag von 5.000 m³ pro Jahr – allerdings für den Wasserversorger oder Brunnenbetreiber, nicht für private Haushalte 

  • Zahlungen entfallen etwa bei Wasserentnahmen für die Feuerwehr, Tierhaltung, Fischerei oder Kühlanlagen sowie bei Nutzung erneuerbarer Energien 

  • Die Entnahmemengen dürfen auf Basis der Glaubhaftmachung angegeben werden; eine generelle Zählerpflicht ist nicht vorgesehen

2. Wer zahlt – und wer bleibt verschont?

  • Wasserversorger, Zweckverbände, Brunnenbetreiber und Industrie sind grundsätzlich abgabepflichtig – sofern sie über dem Freibetrag liegen 

  • Privathaushalte zahlen indirekt über den Wasserversorger – rund 15 € pro Haushalt und Jahr laut Schätzung 

  • Großverbraucher und landwirtschaftliche Betriebe profitieren von Sonderregelungen und teilweise großzügigen Freimengen 

Pro und Contra zum Wassercent 

Die Befürworter argumentieren: 
1. Bewusstseinsbildung: Die Abgabe setzt ein ökonomisches Signal für den sparsamen Umgang mit Wasser – Wasser wird nicht mehr zum Selbstverständnis

2. Finanzierungsquelle für Schutzmaßnahmen: Einnahmen fließen zweckgebunden in Wasserschutz und Hochwasserschutz – wichtig für klimapolitische Anpassung.

3. Signalwirkung für nachhaltiges Ressourcenmanagement: Bayern orientiert sich an anderen Bundesländern, die entgeltpflichtige Wasserentnahme bereits umgesetzt haben.

Die Gegner liefern im Kern folgende Argumente:
 

1. Ungleich verteilte Lasten: Private zahlen, während Großverbraucher dank hoher Freimenge und Ausnahmen teils abgabenfrei bleiben

2. Geringe ökologische Lenkungskraft: Die hohe Freigrenze und viele Ausnahmen lassen Zweifel an der Wirksamkeit des Instruments aufkommen.

3. Zusätzlicher Verwaltungsaufwand für Kommunen: Besonders kleine und finanzschwache Kommunen sehen Belastungen durch Abwicklung, Einhaltung und Kommunikation.

Hintergrund zum Wassercent 

Der Wassercent ist keine ganz neue Idee, es gibt ihn in verschiedenen Variationen in mehreren Bundesländern. Neben Bayern haben bisher Hessen und Thüringen keinerlei Abgabe in der Form. 

Die Abgabe wird auf den Wasserpreis aufgeschlagen und von den Verbrauchern gezahlt. Die Höhe und Verwendung sind in den jeweiligen Ländern unterschiedlich geregelt, zudem gibt es vielerorts Ausnahmen für Industrie, Bergbau und Landwirtschaft. In der Mehrzahl der Länder variieren die Abgabesätze nach Art der Entnahme, Zweck, Menge oder Herkunft des Wassers. Die Einnahmen werden nach Deckung des Verwaltungsaufwandes zumeist zweckgebunden in Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerzustände investiert, in einigen Bundesländern ist dies nur anhand von Sollvorschriften vorgesehen.