Die Zukunft der Stadtwerke - immer wieder werden sie totgesagt...
© shutterstock

Die Zukunft der Stadtwerke

Der Umbruch im Energiesektor trifft auch und vor allem viele Stadtwerke, insbesondere im ländlichen Raum. Wie die langfristige Energieerzeugung zum Erfolgsmodell für kommunale Dienstleister werden kann, erläutert Timm Fuchs im KOMMUNAL-Gastbeitrag.

Den Stadtwerken ist in der Vergangenheit bereits mehrfach der Untergang vorausgesagt worden. „Fusionswelle schluckt Stadtwerke“, berichtete der Spiegel bereits vor der Jahrtausendwende angesichts der Liberalisierung des deutschen Strommarktes. Auch aktuell gibt es Stimmen, die dem Geschäftsmodell der Stadtwerke aufgrund der Herausforderungen, die Energiewende, Kohleausstieg und Digitalisierung mit sich bringen, die Zukunftsfähigkeit absprechen.

Stadtwerke als Daseinsvorsorge 

Geschäftsmodell und zugleich Alleinstellungmerkmal der Stadtwerke ist und bleibt die kommunale Daseinsvorsorge. Da diese seit jeher einem Wandel unterworfen ist, waren die Stadtwerke stets aufgerufen, ihr Geschäftsmodell zu überprüfen und anzupassen. Neben dem fachlichen Know-how bringen sie dafür vor allem die lokale und regionale Verankerung und damit Vor-Ort-Kenntnis, aber auch Verantwortung gegenüber den Menschen in der Kommune mit. Zusammen mit der kommunalen Eigentümerschaft sind dies die Kriterien für ihre Beständigkeit, auch in Zeiten des Umbruchs. Dementsprechend haben die kommunalen Unternehmen die Wende des Energiesystems erfolgreich mitgestaltet. Seit 2012 konnten sie ihre Erzeugungskapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien verdoppeln und trotz des schwierigen Marktumfelds die Kapazitäten der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen halten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Energiewende nicht nur für die Stromkonzerne, sondern auch für viele Stadtwerke und Kommunen mit zum Teil erheblichen finanziellen Verlusten und Wertberichtigungen verbunden war. Moderne und hoch effiziente Gaskraftwerke ließen sich aufgrund der Fördersystematik der erneuerbaren Energien nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Das Beispiel zeigt: Auch und gerade in Zeiten des Umbruchs braucht es vor allem verlässliche Rahmenbedingungen, die über Legislaturperioden hinausgehen. Bei der Umsetzung des von der so genannten Kohle-Kommission vorgelegten Fahrplans für einen Kohleausstieg sollte dies berücksichtigt werden. Erforderlich ist eine langfristige Investitionssicherheit für die effiziente und umweltschonende KWK.

Forsa

Der nächste Umbruch zeichnet sich schon ab 

Unter dem Stichwort Sektorkopplung ist der nächste Umbruch bereits in vollem Gange. Damit die dezentrale Energiewende auf lange Sicht ein Erfolg wird, muss nicht nur der Stromsektor auf erneuerbare Energien umgestellt, sondern mit dem Verkehrs- und Wärmesektor sinnvoll verknüpft werden. Die Energiewelt wird dadurch komplexer und eine intelligente Steuerung zwingend notwendig, beispielsweise, wenn volatiler Wind- und PV-Strom zusammen mit Speichern für die Versorgungssicherheit der Bürger und Industrie sorgen muss. Damit dies gelingt, müssen die örtlichen Verteilnetzbetreiber gestärkt werden. Etwa durch den Zugriff auf die Echtzeitdaten, um vor Ort Erzeugung und Verbrauch regulieren zu können. Und auch in der direkten Ansprache der Kunden gehen Stadtwerke neue Wege, wie beispielsweise der Tal.Markt der Wuppertaler Stadtwerke zeigt. Dadurch können Kunden auf einem Blockchain-basierten Handelsplatz der Stadtwerke selbst ihren Energiemix zusammenstellen und den Strom direkt von den Betreibern der Wind-, Solar- oder Biomasseanlagen kaufen.

FORSA

Disruptive Geschäftsmodelle und lokale Stadtwerke 

Die Digitalisierung als disruptive Veränderung der Energiewirtschaft ist Herausforderung und Chance zugleich. Herausforderung, weil bei diesem tiefgreifenden Veränderungsprozess das Entwickeln von Stand-Alone oder Silolösungen nicht der richtige Weg ist. Denn das komplexe Themenfeld der Digitalisierung wird in der Regel nur im Verbund mehrerer Stadtwerke optimal bewältigt werden können. Mit gemeinsamen Plattformlösungen können Kosten durch Skaleneffekte reduziert und Synergien genutzt werden. Es muss nicht mehr jeder alles machen, sondern es bedarf der richtigen Kooperationspartner. Eine wesentliche Chance liegt für die Stadtwerke in Smart-City-Lösungen. Aufgrund ihrer Vor-Ort-Kenntnis und als Betreiber der wesentlichen Infrastrukturen sind sie prädestiniert dafür, verschiedene Bereiche miteinander zu vernetzen, um mehr Lebensqualität für die Bürger zu schaffen. Trotz übergreifender Themen wie Energiewende und Digitalisierung sind die Herausforderungen der Stadtwerke nicht überall identisch. Gerade Unternehmen in ländlichen Regionen haben große Versorgungsnetze mit verhältnismäßig wenigen Kunden, während in den „Boom-Regionen“ in und um die Großstädte die Bevölkerung stetig ansteigt. Beide Entwicklungen stellen die Betreiber von Infrastrukturen der Daseinsvorsorge vor erhebliche Herausforderungen. Nicht zuletzt durch ihre Funktion als Arbeit- und Auftraggeber für das Handwerk sind die kommunalen Unternehmen besonders in strukturschwachen Regionen ein wesentlicher Anker und verlässlicher Akteur bei der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Gestaltung der Energiewende.

FORSA

Die Stadtwerke zeigen: Um Großes für die Menschen zu leisten, braucht es keinen Großkonzern, sondern einen Partner, der die lokalen Gegebenheiten versteht und die Bürger einbindet. Um auf den spezifischen Bedarf der Menschen angepasste Lösungen zu entwickeln, muss man kein Global Player sein, sondern ein Unternehmen, das Vor-Ort-Kenntnis, Kompetenz und Bürgernähe hat: bei der Installation der PV-Anlage auf dem Dach des Eigenheims genauso wie bei der Weiterentwicklung von Städten und Gemeinden zu Smart Cities und Smart Regions.

zum Autor: Timm Fuchs ist Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund und dort unter anderem für Wirtschafts- und Energiepolitik zuständig.

Keine Trends mehr verpassen - mit dem kostenlosen wöchentlichen Newsletter - JETZT ANMELDEN!
 mehr verpassen - mit dem kostenlosen wöchentlichen Newsletter - JETZT ANMELDEN!