Verkäuferin und Kundin im Laden
Der Einzelhandel leidet unter dem Lockdown, auch wenn die Läden geöffnet bleiben dürfen.
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Teil-Lockdown

Corona-Wirtschaftshilfe für den Handel gefordert

Der Teil-Lockdown wirkt sich massiv auf den Handel aus. Laut einer aktuellen Umfrage unter mehr als 500 Händlern sehen knapp 60 Prozent der Händler in Innenstädten ihre Existenz gefährdet. Die Forderungen nach Not-und Überbrückungshilfen für die Einzelhändler werden lauter. Auch die Kommunen sorgen sich.
Aktualisiert am 16. November 2020

Erst die Erleichterung bei den Händlern, dann der Frust: Die Menschen zieht es derzeit nicht wie sonst in die Innenstädte. Das hilft, die weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu reduzieren. Die Händler, die ihre Geschäfte im Teil-Lockdown offen halten dürfen, stehen jedoch zuweilen stundenlang im Laden, ohne dass ein Kunde vorbeikommt.

Laut einer aktuellen Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) unter mehr als 500 Händlern sehen knapp 60 Prozent der Händler in Innenstädten ihre Existenz gefährdet. Der Verband erneuert deshalb seine Forderungen nach Not- und Überbrückungshilfen für die Einzelhändler.

Wirtschaftshilfe auch für den Handel?

Die Bedingungen für die von Bund und Ländern angekündigte außerordentliche Wirtschaftshilfe für den Monat November 2020 gelten für Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen, die von den aktuellen Corona-Einschränkungen besonders betroffen sind. Für den Handel kommt auch Unterstützung - allerdings sehr bedingt.

Außerordentliche Wirtschaftshilfe

Die außerordentliche Wirtschaftshilfe wird laut Bundeswirtschaftsministerium und Finanzministerium,  wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt, ein Finanzvolumen von voraussichtlich rund 10 Milliarden Euro haben. "Abschlagszahlungen sollen so schnell wie möglich erfolgen", verspricht Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Und Bundesfinanzminister Olaf Scholz sagt: „Wir stehen denen bei, die ihren Geschäftsbetrieb im November wegen der Corona-Maßnahmen einstellen müssen. Ich weiß, wie groß die Sorgen sind und dass viele auf nähere Informationen zum Zuschussprogramm warten. Die stehen jetzt fest."

Zuschüsse: Die wichtigsten Punkte

  • Antragsberechtigt sind direkt von den temporären Schließungen betroffene Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen und indirekt betroffene Unternehmen.
  • Direkt betroffene Unternehmen: Alle Unternehmen (auch öffentliche), Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen, die auf der Grundlage des Beschlusses des Bundes und der Länder vom 28. Oktober 2020 erlassenen Schließungsverordnungen der Länder den Geschäftsbetrieb einstellen mussten. Hotels zählen als direkt betroffene Unternehmen.
  • Indirekt betroffene Unternehmen: Alle Unternehmen, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen.
  • Verbundene Unternehmen – also Unternehmen mit mehreren Tochterunternehmen oder Betriebstätten – sind dann antragsberechtigt, wenn mehr als 80 Prozent des verbundweiten Gesamtumsatzes auf direkt oder indirekt betroffene Verbundunternehmen entfällt. Erstattet werden bis zu 75 Prozent des Umsatzes der betroffenen Verbundunternehmen. Dies betrifft etwa eine Holdinggesellschaft, die sowohl Restaurants (geschlossen) und Einzelhandelsunternehmen (weiter geöffnet) hält – hier wird die Nothilfe gezahlt, wenn die Restaurants zu mehr als 80 Prozent des Umsatzes der Holdinggesellschaft beitragen.

So soll die Förderung konkret aussehen:

Mit der Novemberhilfe werden Zuschüsse pro Woche der Schließungen in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im November 2019 gewährt bis zu einer Obergrenze von 1 Million Euro, soweit der bestehende beihilferechtliche Spielraum des Unternehmens das zulässt (Kleinbeihilfenregelung der EU).

  • Zuschüsse über 1 Million Euro bedürfen für die Novemberhilfe noch der Notifizierung und Genehmigung der EU-Kommission. Die Bundesregierung ist derzeit in intensiven Gesprächen mit der Europäischen Kommission, um eine solche Genehmigung für höhere Zuschüsse zu erreichen.
  • Soloselbstständige können als Vergleichsumsatz alternativ zum wöchentlichen Umsatz im November 2019 den durchschnittlichen Wochenumsatz im Jahre 2019 zugrunde legen. Bei Antragsberechtigten, die nach dem 31. Oktober 2019 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen haben, kann als Vergleichsumsatz der durchschnittliche Wochenumsatz im Oktober 2020 oder der durchschnittliche Wochenumsatz seit Gründung gewählt werden.
  • Andere staatliche Leistungen, die für den Förderzeitraum November 2020 gezahlt werden, werden angerechnet. Das gilt vor allem für Leistungen wie Überbrückungshilfe oder Kurzarbeitergeld.

Sonderregelungen für Restaurants:

  • Wenn im November trotz der grundsätzlichen Schließung Umsätze erzielt werden, so werden diese bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Vergleichsumsatzes nicht angerechnet. Um eine Überförderung von mehr als 100 Prozent des Vergleichs-Umsatzes zu vermeiden, erfolgt bei darüberhinausgehenden Umsätzen eine entsprechende Anrechnung.
  • Für Restaurants gilt eine Sonderregelung, wenn sie Speisen im Außerhausverkauf anbieten. Hier wird die Umsatzerstattung auf 75 Prozent der Umsätze im Vergleichszeitraum 2019 auf diejenigen Umsätze begrenzt, die dem vollen Mehrwertsteuersatz unterliegen, also die im Restaurant verzehrten Speisen. Damit werden die Umsätze des Außerhausverkaufs – für die der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt – herausgerechnet.
  • Im Gegenzug werden diese Umsätze des Außerhausverkaufs während der Schließungen von der Umsatzanrechnung ausgenommen, um eine Ausweitung dieses Geschäfts zu begünstigen.
  • Ein Beispiel: Eine Pizzeria hatte im November 2019  insgesamt 8.000 Euro Umsatz durch Verzehr im Restaurant und 2.000 Euro durch den Außerhausverkauf. Sie erhält daher 6.000 Euro Novemberhilfe (75 Prozent von 8.000 Euro), das heißt, zunächst etwas weniger als andere Branchen (75 Prozent des Vergleichsumsatzes). Dafür kann die Pizzeria im November 2020 deutlich mehr als die allgemein zulässigen 2.500 Euro (25 Prozent von 10.000 Euro) an Umsatz mit Lieferdiensten erzielen, ohne dass die Förderung gekürzt wird.

So funktioniert die Antragstellung:

Die Anträge auf Unterstützung können laut Wirtschaftsministerium über die bundeseinheitliche IT-Plattform der Überbrückungshilfe gestellt werden (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de). Die elektronische Antragstellung muss hierbei durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erfolgen. Die Auszahlung soll über die Überbrückungshilfe-Plattform durch die Länder erfolgen.



Für Soloselbständige, die nicht mehr als 5.000 Euro Förderung beantragen, entfällt die Pflicht zur Antragstellung über einen prüfenden Dritten. Sie werden unter besonderen Identifizierungspflichten direkt antragsberechtigt sein. Hier finden Sie die Informationen.

Städte- und Gemeindebund: Innenstädte stärken

Bernd Düsterdiek, Referatsleiter für Stadtentwicklung beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, sagte zu KOMMUNAL auf Anfrage: "Corona ist ein Brandbeschleuniger für die Innenstädte. Wir brauchen also einen umfassenden Ansatz, um die Innenstädte zu stärken." Er spricht sich dafür aus, dass der Bund nocheinmal prüft, ob die geplanten Hilfen für den Handel befristet nicht noch stärker ausgeweitet werden können. Nach den Vorgaben des Bundes erhalten jene Händler eine Unterstützung, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen.

Umfrage: Umsatzrückgang im Handel

Laut einer aktuellen Umfrage des Handelsverbandes unter mehr als 500 Händlern  sehen knapp 60 Prozent der Händler in Innenstädten ihre Existenz gefährdet.  Die Umsätze im innerstädtischen Einzelhandel verharren auch in der zweiten Novemberwoche auf einem Niveau weit unter den Vorjahreswerten, heißt es. Nach der aktuellen HDE-Umfrage verzeichnen die Händler in den Stadtzentren im Vorjahresvergleich durchschnittlich einen Umsatzrückgang von mehr als einem Drittel. Bei den Kundenfrequenzen liegen die Werte im Schnitt um 43 Prozent unter denen von 2019. „Der Lockdown light sorgt dafür, dass die Händler in den Innenstädten in vielen Fällen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können.

"Existenzen in Gefahr - Händler brauchen Hilfe"

Trotz geöffneter Ladentüren geraten hier viele Existenzen in Gefahr, das sind schlechte Nachrichten auch für unsere Innenstädte“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. „Die Politik hat versprochen, die Unternehmen mit den Folgen der Pandemie nicht allein zu lassen. Jetzt gilt es, dieses Versprechen auch für den innerstädtischen Einzelhandel einzulösen. Ansonsten bluten unsere Stadtzentren aus und veröden dauerhaft“, betonte Genth.Gefragt seien jetzt rasche und entschlossene Hilfen.

Kommune vertreibt Gutscheine für Händler und Gastronomen

Auch die Städte und Gemeinden sorgen sich um die Unternehmen. In Seßlach im Coburger Land wirbt die Stadtverwaltung unter Bürgermeister Maximilian Neeb zum Beispiel für eine Kampagne mit dem Slogan: Wir lassen Gastronomie und Handel nicht im Regen stehen." Es können Gutscheine erworben werden, die sich bei 35 Geschäften und Gastronomiebetrieben einlösen lassen.  Erhätlich sind die Gutscheine unter anderem bei der Tourist-Information und im Bürgerbüro der Stadt.