Beim Vitamin-Dealer in Ahaus läuft alles digital über eine App
Innenstadtbelebung mal anders: Beim Vitamin-Dealer in Ahaus läuft alles digital über eine App
© @Finderfood

Obst-Taxi-Projekt

Innenstadtbelebung: Eine Stadt lehrt Amazon das Fürchten!

Frisches Obst und Gemüse gibt es in Ahaus per Obst-Taxi. Der Vitamin-Dealer zeigt erfolgreich, wie stationärer Handel vor Ort online funktioniert und wirtschaftlich erfolgreich ist. Die Stadtverwaltung beziehungsweise die Ahaus Stadtmarketing und Tourismus hat zudem mit einem Online-Quiz gezeigt, wie man die Bürger spielerisch dazu bewegt, das Geld vor Ort auszugeben.

Die Innenstadtbelebung ist eines der größten Herausforderungen in diesen Tagen in vielen Kommunen. Neben der direkten Bewältigung der Corona-Pandemie zeigt sich, dass vor allem der Online-Handel von Lockdowns und Maskenpflicht profitiert hat. Immer mehr Händler in den Städten müssen aufgeben, der Boom des Online-Handels ist nicht mehr aufzuhalten. Was bleibt ist also nur, dass der lokale Handel ebenfalls im Internet dabei ist. So wie der "Vitamin-Dealer" von Ahaus. Nein, wir sind auf dem Land nahe der holländischen Grenze, gemeint ist daher nicht das, was einige Großstädter als "Vitamin-Dealer" kennen. Es geht tatsächlich um Obst und Gemüse. Ein junger Mann aus Ahaus hat in der Corona-Krise das erste "Obst-Taxi" der Region eingeführt - und expandiert inzwischen in immer mehr Städte. 

Innenstadtbelebung ganz konkret:  So funktioniert das Obst-Taxi

Philipp Finder ist der Erfinder des Amazon-Schrecks. Anders als bei Online-Händlern von Zeit zu Zeit kritisiert, sind seine Waren wirklich absolut frisch. Die Idee dafür lag aus seiner Sicht daher auf der Hand: "Die wenigsten Menschen haben noch Zeit und Lust ewig lange durch Supermärkte zu tingeln. Außerdem zeigen Amazon und Co, dass die Menschen äusserst gerne online bestellen und es sich nach Hause bringen lassen. Warum sollte das nur weltweit und nicht auch in meiner Stadt mit frischem Obst und Gemüse gehen", so Finder. 

Gesagt, getan. Aufgesetzt hat er eine Online-Plattform. Ganz dem Amazon-Gedanken verschrieben, dass alles auf die Online-Vermarktung ausgerichtet sein muss. Bis 12 Uhr können die Kunden auf der Plattform bestellen. Dann macht sich sein Unternehmen in der Stadt auf den Weg und beliefert alle Haushalte und Firmen, die an diesem Tag bestellt haben. Alles läuft komplett digital ab - vom Kassenzettel bis zur Bezahlung. Nicht zuletzt gibt es online noch Tipps für Zusammenstellungen mit Rezepten, was man aus all den Produkten, die er verkauft so kochen kann. Und ganz nebenbei gibt es die Expertentipps dann bei der Auslieferung auf Wunsch auch noch persönlich an der Haustür. 

Das Konzept hat sich bewährt - der lokale Händler hat seinen Service inzwischen auf zwei Nachbarstädte erweitert. Und stellt inzwischen auch ganze Kochboxen zusammen - übrigens ohne jeden Verpackungsmüll. Die Boxen werden einfach vor der Haustür abgestellt. Profitiert hat Finder dabei noch von einer weiteren Idee der Ahaus Stadtmarketing und Tourismus. Diese haben ebenfalls ein digitales Tool gefunden, um den lokalen Handel vor Ort mit Hilfe von Smartphones und spielerisch zu unterstützen.

Wie Ahaus die Innenstadtbelebung spielerisch per Smartphone ankurbelt 

In Ahaus gibt es seit einem Jahr ein digitales Stadtquiz. Im Sommer gab es dabei einen besondern Anreiz. Jeden Abend haben mehr als 2000 Bürger der Stadt mit dem Handy um Gutscheine gespielt. Die Gutscheine, das waren in dieser Zeit Einkaufsgutscheine für Unternehmen der Stadt. 

Doch der Reihe nach: Ein Software-Hersteller aus der Stadt hat ein "Stadtquiz" ins Leben gerufen. Es läuft jeden Abend um 20.40 Uhr Das Ziel: Die Menschen aus dem Haus zu ziehen und die Wirtschaft In der Stadt ankurbeln. Der Softwarebetreiber Tobit schreibt dazu in einer Mitteilung wörtlich: „Ganz weit oben steht dabei der Stadtgutschein, der mit Geld von der Kommune oder auch privaten Sponsoren subventioniert wird. Der Verkauf von bezuschussten Gutscheinen hilft allerdings erst dann, wenn sie auch wirklich vor Ort eingelöst werden.“ 

Genau das erreichte die Stadt, indem die Gutscheine jeweils nur 75 Stunden gültig waren. Wer also Abends einen Gutschein gewonnen hatte, musste innerhalb von drei Tagen in die Innenstadt, um den Gutschein auszugeben. Und so landeten die Menschen unweigerlich im Zentrum und sorgten für eine Innenstadtbelebung. Und das im großen Stil: 30 Mal in Folge wurden bei der täglichen Live-Quizshow jeweils 300 Ahaus-Gutscheine an die besten Mitspieler ausgegeben. „Über 2000 Ahauser waren im Juni jeden Abend auf ihren Smartphones dabei“, so Mark Sander vom Unternehmen Tobit. „Die Mitspieler haben zwischen 2,50 und 50 Euro als digitalen Gutschein gewonnen und das Geld direkt wieder ausgegeben. Und das ausschließlich in Ahaus.“

Die Bilanz, die die Stadt inzwischen zog, kann sich sehen lassen: Insgesamt wurden rund 9000 Gutscheine an knapp 3000 Gewinner ausgegeben. 85 Prozent ihrer gewonnenen Gutscheine haben die Ahauser eingelöst, 60 Prozent davon im Handel, 37 Prozent in die Gastronomie. Claudia Platte, Geschäftsführerin von Ahaus Marketing und Touristik sieht neben der Innenstadtbelebung noch einen weiteren Vorteil: "Ganz nebenbei stärkt die Quizshow auch noch die Hauser Gemeinschaft" erzählte sie kürzlich stolz der regionalen Münsterlandzeitung. 

Weitere Hoffnung zur Innenstadtbelebung: Der 24-Stunden-Supermarkt 

Etwas weiter, im rheinischen Düsseldorf versuchen Händler, die Innenstadtbelebung ebenfalls mit viel Technik voranzutreiben. Dort hat am Wochenende der erste digitale Supermarkt in der Stadt eröffnet, der rund um die Uhr geöffnet hat. Bestellt wird auch hier per App oder vor Ort am Bestellterminal. Im Hintergrund stellt ein Roboter den Einkauf aus immerhin 750 Artikeln zusammen. Eine digitale Kaffeebar soll zudem dafür sorgen, dass Menschen - trotz der vielen Roboter - miteinander ins Gespräch kommen. Der private Betreiber "TYPY" hat übrigens große Ziele: Man plane innerhalb der nächsten drei Jahre deutschlandweit flächendeckend weitere Märkte.