
Wegweisendes Modell gegen Ärztemangel
Seit dieser Woche ist die letzte Hürde genommen - die Kassenärztliche Vereinigung hat für das Projekt gegen den Ärztemangel Grünes Licht gegeben. Ein Bitburger Arzt hat die erste Praxis-Genossenschaft in Rheinland-Pfalz gegründet. Es ist in dieser Form erst die zweite Genossenschaft in Deutschland. Gründer ist der Allgemeinmediziner Michael Jager. Die Idee: Junge Mediziner in der Region erreichen, die sich nicht selbstständig machen wollen. Sie werden künftig von der neuen Genossenschaft angestellt. Die medizinischen Versorgungszentren sollen ab November rund um Bitburg entstehen. Zum Start in knapp vier Wochen werden immerhin schon elf Mediziner an Bord sein.
Ärztemangel: So sieht das Genossenschaftsmodell aus
Die Genossenschaft will Mediziner anstellen und ihnen flexible Arbeitszeiten bieten, um sie als Landarzt anzulocken. Die Medicus Eifler Ärzte eG mit Sitz in Bitburg wird Mediziner auch in Teilzeit einstellen, wenn diese das möchten. Die Ärzte selbst können jederzeit in die Genossenschaft eintreten oder auch wieder austreten. Bisher gibt es in dieser Form nur ein einziges Modell in Hessen.
Der große Vorteil: Ein Arzt muss hier kein unternehmerisches Risiko übernehmen, hat aber mehr Freiheiten als in der Klinik. Eine größere Einheit bietet eine sichere Perspektive und flexible Arbeitszeitmodelle, gegenseitige Vertretungen und gemeinsames Personal erlauben mehr Flexibilität. IT und Verwaltungsaufgaben wie Abrechnung oder Qualitätsmanagement laufen zentral. Außerdem können die Ärzte auch "Genossen" werden, also Mitspracherecht erhalten und auf Augenhöhe agieren. Eine Genossenschaftseinlage beträgt lediglich 1000 Euro; dazu kommt ein Mitgliedsbeitrag.
Ein Modell für ganz Deutschland
Michael Jager sieht sein Konzept aber auch als Modell für viele andere Regionen an. "Es brennt ja überall in Deutschland", so Jager in einem Interview mit der ARD.
Auf der Homepage der Eifler Ärzte eG schwärmen die Macher wie folgt von dem Modell:
Der Weg zum neuen Modell war steinig - dank Kreistag aber erfolgreich
Vorangegangen war der Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung eine lange Diskussion in der Region. Im Sommer hatte der Kreistag in Bitburg-Prüm dann eine Resolution verabschiedet. Damit wollten sie gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ein Zeichen setzen. Wörtlich heißt es in dem Kreistagsbeschluss: "Der Kreistag fordert, über den Antrag der Medicus Eifler Ärzte eG auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums neu zu entscheiden und dabei die geltende Rechtsgrundlage zu beachten, den Sicherstellungsauftrag zur ärztlichen Versorgung für die Menschen in den Vordergrund der Abwägung zu stellen und den im Eifelkreis entwickelten innovativen Lösungsansatz zu unterstützen".
Hintergrund: Die Kassenärztliche Vereinigung hatte in einem ersten Entscheid den Antrag der Genossenschaft auf Anerkennung abgelehnt. Unterstützung mit ähnlichen Resolutionen kam dann auch von der Verbandsgemeinde Speicher und dem Bitburger Stadtrat. Weitere Verbandsgemeinden unterstützten die Resolution im Verlauf der nächsten Wochen durch entsprechende Ratsbeschlüsse.
Seit wenigen Tagen nun liegt die Zulassung vor. Jetzt sind nur noch kleine Formalien zu erledigen, so die Macher. Pünktlich zum 1. November soll die Genossenschaft starten.
Bundesländer wollen nun Kommunen ins Boot holen
In der Politik hat die Zulassung ein sehr postives Echo gefunden. Man wolle das Modell auf dem Land weiter ausbreiten, hieß es von der Landesregierung in Rheinland-Pfalz. Positive Signale kamen auch aus dem benachbarten Saarland. Die zuständige Ministerin in Rheinland-Pfalz kündigte konkret bereits die Gründung eines sogenannten "Viererbündnisses" an. Dem sollen dann auch Kommunen angehören. Zudem sollen Landesärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung und das Land dabei sein. Ziel sei es, "für die Ärztegenossenschaft zu werben und diesen Prozess in der Anlaufphase zu begleiten", so die zuständige Ministerin Bätzig-Lichetenthäler. Und weiter: Die Form der Genossenschaft sei optimal geeignet zur Sicherung der Versorgung insbesondere auf dem Land. "Junge und ältere Ärzte können sich gleichermaßen beteiligen. Aber auch Dritte wie Kommunen oder Krankenhäuser haben die Möglichkeit, Anteile zu zeichnen", erklärte die Ministerin.