Bayern: Erste Stichwahlen nur per Briefwahl
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Trotz Briefwahl gute Wahlbeteiligung

Bayern: Stichwahlen in Zeiten des Coronavirus

Millionen von Briefwahlunterlagen waren in den letzten Wochen in Bayern unterwegs. Erstmals konnten Bürger in einer Wahl nur per Brief abstimmen. Das Ergebnis: Die Wahlbeteiligung war besonders hoch!

Es kam zu einigen Machtwechseln, doch die Machtverhältnisse bleiben gleich. Die CSU verliert nach 48 Jahren Ingolstadt an die SPD, die SPD verliert nach 18 Jahren Nürnberg an die CSU. Doch diese Machtwechsel, die sich etwa die Waage halten, sind es nicht, die den vergangenen Wahlsonntag so außergewöhnlich gemacht haben. Während die Kommunalwahl vor zwei Wochen - zu Beginn der Coronakrise - noch ganz normal durchgeführt wurden, war das bei den circa 750 Stichwahlen nicht mehr möglich. Die Ausgangssperren zur Eindämmung des Coronavirus machten eine ausschließliche Briefwahl nötig - eine Premiere in Deutschland.

Millionen Briefwahlunterlagen für Stichwahlen

Das Land Bayern entschied, jeder wahlberechtigte Bürger sollte automatisch Briefwahlunterlagen zugeschickt bekommen. In kürzester Zeit mussten Millionen von Wahlunterlagen gedruckt werden. In München etwa, war die Stadt von den üblichen circa 300.000 Briefwählern ausgegangen. In den letzten zwei Wochen musste die Stadt nicht nur über 700.000 weitere Briefwahlunterlagen ducken, sondern die Unterlagen auch rechtzeitig an die 1,1 Millionen Wahlberichtigten in der Stadt schicken. Der logistische Kraftakt ist allen von Stichwahlen betroffenen Kommunen gelungen. Doch es blieben noch andere Unsicherheiten.

"Bitte hier keine Wahlbriefe einwerfen"

Viele Bürger würden bei den Stichwahlen erstmals per Brief wählen. Damit alle Unterlagen rechtzeitig bei den Rathäusern ankommen, hat die Deutsche Post am Samstagabend eine Sonderleerung aller Postkästen in den betreffenden bayerischen Kommunen durchgeführt. In einigen Kommunen sorgte man sich zudem darum, ob die Bürger die Wahlbriefkästen an den Rathäusern finden. In Pfaffenhofen etwa brachte das Wahlamt an einem Mülleimer am Rathaus ein Schild an: "Bitte hier keine Wahlbriefe einwerfen."

Stichwahlen mit hoher Beteiligung

Doch die Wahlbeteiligung zeigt: Die Briefwahl ist sehr gut gelaufen. Laut Infratest dimap lag die Wahlbeteiligung im Durchschnitt aller Stichwahlen bei 59 Prozent. Bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen waren es 58,8 Prozent. Ein ungewöhnlich gutes Ergebnis für die Briefwahl in Bayern. Denn Stichwahlen erzielen gewöhnlich eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung als die Wahlen zwei Wochen zuvor. Nicht verwunderlich sagen Experten: Da die Bürger ihre Briefwahlunterlagen automatisch zugeschickt bekamen, waren viele Hürden bereits abgebaut. Zudem haben die Bürger derzeit viel Zeit und können nicht etwa über eine Urlaubsreise die Stichwahlen vergessen. 

Corona-Sicherheitsmaßnahmen für Wahlhelfer

Auf die Ergebnisse der Stichwahlen müssen Bürger in vielen Kommunen jedoch länger warten. Durch die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus laufen die Auszählungen deutlich langsamer als gewöhnlich ab. Zum Schutz der Wahlhelfer müssen sie während der Auszählung mindestens 1,5 Meter Abstand zueinander halten können. Zudem muss es ausreichende Möglichkeiten geben sich regelmäßig die Hände zu waschen. Die Kommunen stellen ihren Wahlhelfern außerdem Desinfektionsmittel, Handschuhe und Mundschutz zur Verfügung. In der Folge wurde vielerorts die Zahl der Wahlhelfer stark verringert. In einigen Kommunen wird gänzlich auf freiwillige Wahlhelfer verzichtet. In der Gemeinde Ramerberg und im Landkreis Rosenheim etwa wurden die Stimmen unter Einhaltung der wegen Corona nötigen Vorsichtsmaßnahmen am Montag in der Gemeindeverwaltung ausgezählt. Ein Ergebnis wird erst für Dienstag erwartet. Ähnlich ist es auch in Erlangen, Regensburg, Aschaffenburg und Forchheim.

Straßenwahlkampf wegen Ausgangssperren unmöglich

Auch der Straßenwahlkampf der Kandidaten für die Stichwahlen musste wegen des Coronavirus größtenteils auf die Sozialen Medien verlegt werden. Die Grünen nutzten etwa Kettenbriefe via WhatsApp, um Wahlkampf zu machen. Viele Kandidaten stellten Videos bekannter Parteikollegen ins Netz, die sie unterstützten. Der SPD-Kandidat Peter Reiß, der den Oberbürgermeisterposten in Schwabach für sich gewinnen konnte, setzte darüber hinaus auf Live-Chats mit den Bürgern. Seine Reichweite schnellte dabei in kurzer Zeit auf 10.000 hoch. Viele Kandidaten setzten daneben auch auf klassische Annoncen in den lokalen Zeitungen. 

Wahlmanipulation, Drohbriefe und wichtige Themen

Doch nicht nur Corona bewegte die Stichwahlen in Bayern. In einigen Orten gab es weitere Störfaktoren. So war in Kulmbach bis Freitag noch nicht sicher, ob die Stichwahl am Sonntag stattfinden kann. Es wurden Ermittlungen wegen möglicher Wahlmanipulation eingeleitet. Die Wahl konnte stattfinden, die Ermittlungen dauern jedoch weiter an. Zu weiteren Drohungen kam es während der Stichwahl in Hauzenberg. Die amtierende Bürgermeisterin, Gudrun Donaubauer, bekam schon vor der Kommunalwahl Drohbriefe, weil sie sich nicht gegen den geplanten Bau von vier Windrädern im Stadtgebiet stellte. Ihre neutrale Position zu dem Projekt sorgte dafür, dass die Gegner des Projekts massiv Werbung für ihren Kontrahenten machten. Bei der Stichwahl konnte sich Gudrun Donaubauer trotzdem deutlich durchsetzen. 

Befragt zu den wichtigsten Themen für den Beginn der neuen Amtszeit, fielen die Antworten einmütig aus: Corona und Kitas.