Verbandsbürgermeisterin Janine Fischer
Verbandsbürgermeisterin Janine Fischer ist von Haus aus Juristin.
© Benjamin Lassiwe

Bürgermeisterin

"Manchmal geht es nur ums Zuhören"

Sie ist Verbandsbürgermeisterin für 71 Ortsgemeinden: Janine Fischer kennt die Sorgen und Nöte von Menschen in kleinen Dörfern. Sie begann als Gemeinderätin, arbeitete dann als Mitarbeiterin einer Verbandsgemeinde, bevor die 39-jährige Juristin in ihr jetztiges Amt im Bitburger Land kam.

Wenn Janine Fischer morgens in ihr Rathaus fährt, muss die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde „Bitburger Land“ das Gebiet ihrer Gemeinde verlassen. Denn die Verwaltung der Verbandsgemeinde findet sich in einer ruhigen Nebenstraße des für sein Bier weltbekannten Eifelstädtchens Bitburg – und während die 71 rechtlich selbstständigen Ortsgemeinden, die zur Verbandsgemeinde gehören, wie ein Kranz um Bitburg herum liegen, ist das 14.000 Einwohner zählende Bitburg selbst kein Teil davon.

Bürgermeisterin Janine Fischer

„Als man die Gemeinde gründete, wollte man wohl keinen Ort bevorzugen“, erklärt Fischer die merkwürdige Lage der Gemeindeverwaltung. Dabei sitzt die Juristin, die im Ehrenamt auch Ortsbürgermeisterin der Gemeinde Wolsfeld ist, an einem großen Konferenztisch in ihrem Büro. Ihr Gatte, der Tischler ist, hat in die Tischplatte eine Landkarte eingefräst, die die Lage aller Gemeinden der Verbandsgemeinde zeigt. „Das ist bei manchen Besprechungen schon sehr praktisch gewesen“, sagt Fischer. Denn eine Aufgabe der Verbandsgemeindebürgermeisterin ist es, den Blick auf das große Ganze der Verbandsgemeinde zu haben. Wenn es etwa darum geht, einen Nahversorger in die Gegend zu holen, könne die Draufsicht bei der Standortauswahl helfen. „Ich glaube, es ist schon wichtig, dass hier nicht 71 eigene Süppchen gekocht werden, sondern dass wir gemeinsam gucken, wo es Synergieeffekte gibt – nicht jeder muss dasselbe Rad immer wieder neu erfinden.“

Dienstleister für die Ortsgemeinden

Wichtigste Aufgabe der Verbandsgemeinde ist es, Dienstleister für die Ortsgemeinden zu sein. Die Verbandsgemeinde kümmert sich um das Schulwesen im Bitburger Land, die Kindertagesstätten und die Feuerwehren. Sie übernimmt Verwaltungsaufgaben, die in den teils weniger als 50 Einwohner zählenden Ortsgemeinden anfallen, bis hin zur Protokollierung der Sitzungen der Gemeinderäte. In der Stadt Kyllburg ist es beispielsweise der Wiederaufbau eines von den Fluten des Katastrophensommers 2021 zerstörten Freibads, um das sich die Verbandsgemeinde gerade kümmert. „Wir setzen das jetzt gleich barrierefrei um“, sagt Fischer. Im Unterschied zum alten Freibad soll das neue Schwimmbad auch von Rollstuhlfahrern oder Senioren, die mit ihrem Rollator zum Schwimmen kommen, benutzt werden können. Und auch eine sparsame Heiztechnik soll das Bad erhalten.

Bitburg
Das Eifelstädtchen Bitburg ist bekannt durch das Bier.

Gemeinde will PV-Anlagen

„Generell ist es uns wichtig, beim Klimaschutz voranzukommen“, sieht sie die Zukunftsaufgaben. Was in einer ländlichen Gegend wie dem Bitburger Land nicht einfach sei: Ein Projekt, den Fuhrpark der Verbandsgemeinde auf Elektroautos umzustellen, sei etwa daran gescheitert, dass die Reichweite vieler Fahrzeuge für die in der weitläufigen Gemeinde zurückzulegenden Wegstrecken noch zu gering sei. Fördern will sie hingegen die Photovoltaik. „Alle Gebäude, die wir als Gemeinde sanieren, sollen künftig mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet werden“, so die Bürgermeisterin. „Und wenn in den Ortsgemeinden ein Neubaugebiet ausgewiesen wird, weisen wir unsere Gemeinden darauf hin, dass von vornherein klar sein sollte, welche Voraussetzungen dort bei Neubauten erfüllt sein müssen.“

Juristin geht in den Gemeinderat

Warum die Juristin überhaupt in die Kommunalpolitik ging? Im Referendariat hat sie zwei Stationen bei einer Verbandsgemeinde durchlaufen. „Das hat mir gefallen: Im Gericht war ich mit meinen Akten alleine – in der Verwaltung musste ich zwar auch vieles rechtlich prüfen, ich musste es aber auch den Menschen draußen erklären.“ Den Austausch mit den Ortsbürgermeistern und den Menschen in den Gemeinden fand sie spannend. Zehn Jahre lang war Janine Fischer dann in einer Verbandsgemeindeverwaltung tätig. Und parallel engagierte sie sich im Gemeinderat ihrer Ortsgemeinde: „Dort wußte man ja, dass ich Juristin war und in der Verwaltung arbeitete – da wurde ich natürlich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in den Gemeinderat zu gehen.“ Und als einige Jahre später der Ortsbürgermeister starb, wurde Fischer zu dessen Nachfolgerin gewählt.

Heute führt die Kombination aus ehrenamtlicher Ortsgemeindebürgermeisterin und hauptamtlicher Verbandsgemeindebürgermeisterin zwar manchmal zu terminlichen Überschneidungen. „Aber ich habe ja für die Verbandsgemeinde kandidiert, weil ich dachte, dass auch alle anderen von dem profitieren sollten, was ich für die Gemeinde wollte.“

Zitat Bürgermeisterin für Insta

Bürgersprechstunde auch in der Ortsgemeinde

Natürlich, in der heimischen Ortsgemeinde hat es Fischer mehr mit den Sorgen und Nöten der Menschen zu tun. „Aber wir wollen jetzt auch in der Verbandsgemeinde wieder eine Bürgersprechstunde einrichten, denn wir sehen den Bedarf“, sagt Fischer. Immer wieder gebe es Bürger, die Dinge ansprechen wollten, die sie in den heimischen Ortsgemeinden vergeblich vorgetragen hätten. „Manchmal geht es nur ums Zuhören“, sagt Fischer. „Aber manchmal geht es auch um die Herangehensweise an ein bestimmtes Problem.“ Und da könne es schon sein, dass in der Vergangenheit manche Dinge dann nicht so gut gelaufen seien, und es besser sei, wenn man sich der Frage noch einmal annehme. „Dadurch konnten wir durchaus schon Sachen abstellen, die vorher vielleicht ein bisschen verkeilt waren.“

Was die Juristin aus der Eifel für die wichtigsten Eigenschaften einer Bürgermeisterin hält? „Für mich ist das die Neutralität“, sagt Fischer. „Mir ist es wichtig, nicht einer bestimmten Sache parteipolitisch verpflichtet zu sein – wir sind eine Verbandsgemeinde, offen für jedes Interesse, offen für jeden Vorschlag und jede Idee, egal wo sie herkommt.“  Nur so sei nämlich gewährleistet, „dass man am Ende niemanden vergisst, niemanden außen vorlässt und niemand auf der Strecke bleibt.“