Bundeskanzleramt
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs beraten am 10. August erneut.
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Bund-Länder-Beratung

Streit um die Corona-Regeln und ums Impfen

Vor der Konferenz der Kanzlerin mit den Länderchefs am heutigen Dienstag, 10. August, tobt der Streit um die weitere Strategie in der Corona-Pandemie. Kontrovers ist vor allem die Frage, wie es beim Impfen weitergeht. Ein weiteres Thema wird der Wiederaufbau in den Überschwemmungsgebieten sein. Bürgermeister aus dem stark betroffenen Ahrtal hatten einen Hilferuf an die Kanzlerin geschickt.
Aktualisiert am 10. August 2021

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten jetzt dann am heutigen Dienstag, 10. August, um 12.30 Uhr zu einer Videokonferenz zusammenkommen, könnte die Debatte hitzig werden. Denn die bevorstehenden Bundestagswahlen im September verschärfen die Konfliktlinien zusätzlich. Während beim Vorgehen nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands weitgehend Einigkeit herrschen könnte, zeichnet sich bei der Corona-Bekämpfungsstrategie in wichtigen Punkten zu den Corona-Regeln und zum Impfen keine Einigkeit ab.

Corona-Regeln und Nachteile für Ungeimpfte

Mehrere SPD-Ministerpräsidenten lehnen die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgeschlagenen Verschärfungen für Ungeimpfte kategorisch ab. In einem Positionspapier an die Länder schlug das Gesundheitsministerium künftige Corona-Regeln vor - abhängig von der Inzidenz, aber auch von der Impfquote und den Schwer-Erkrankten, die in den Krankenhäusern behandelt werden müssen. Gerungen wird auch darüber, wie wichtig in der Bewertung der reine Indizidenz-Wert künftig noch sein soll. Er steht für die Zahl der Corona-Infektionen pro 100.000 Einwohner.

Umstrittene Pläne aus Spahns Gesundheitsministerium

Vor allem Ungeimpften drohen nach dem umstrittenen Papier aus dem Hause Spahn harte Zeiten:  Ab Anfang oder Mitte September sollen sie nur noch eingeschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen können. So sollten ab dann nur Geimpfte, Genesene und Getestete, also die "3G", ein Lokal besuchen und im Hotel übernachten können sowie Sport im Innenbereich ausüben dürfen. Das gleiche soll bei Veranstaltungen in Innenräumen und Großveranstaltungen - auch draußen, der Fall sein.

Wann laufen die kostenlosen Corona-Tests aus?

Es gilt aber als sehr unwahrscheinlich, dass Spahn diese Vorschläge durchsetzt. Nicht Geimpfte dürften sich wohl durch den Nachweis eines negativen Corona-Tests weiterhin in allen öffentlichen Bereichen bewegen können. Nicht zuletzt um die Impfmüdigkeit auszubremsen, wird  auch darüber diskutiert, ab wann die bislang kostenlosen Bürgertests selbst bezahlt werden müssen.  Bundesgesundheitsminister Spahn will die Gratis-Tests Mitte Oktober auslaufen lassen. Allerdings soll es auch Ausnahmen geben, etwa für Personen, für die keine Impfempfehlung vorliegt.

Ungeimpfte nicht aus dem öffentlichen Leben ausschließen

Die Reaktionen auf die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium riefen Empörung hervor, selbst bei der Mitregierungspartei SPD.  Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke warnte: "Niemand soll vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden."  Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte sagte der "Bild", er halte es für falsch und auch rechtlich unzulässig, Ungeimpfte aus dem öffentlichen Leben auszuschließen. 

Die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Manuela Schwesig,  betonte, es sei wichtig, dass sich mehr Menschen in Deutschland impfen  lassen. Doch: "Drohungen bringen uns da nicht weiter. Wir müssen überzeugen." Die sozialdemokratische Bundesjustizministerin Christine Lambrecht betonte gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" Spahns Position sei nicht die der Bundesregierung.

Justizministerin: Veranstalter und Gastronomen entscheiden selbst

Dennoch wird der Corona-Herbst und Winter für Ungeimpfte eine harte Probe:  Private Veranstalter, Geschäftsinhaber und Gastronomen haben laut der Justizministerin Vertragsfreiheit haben und können selbst entscheiden, wen sie teilnehmen  lassen oder bewirten wollen.  "Wer seinen Gästen einen besonderen Schutz anbieten will, kann deshalb auch Angebote machen, die sich nur an Geimpfte richten", sagte die Ministerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

"Für essenzielle Dinge wie öffentliche Verkehrsmittel oder den Rathaus- oder Krankenhausbesuch muss es die Möglichkeit geben, auch nur mit einer Maske oder mit Test Zugang zu haben", erklärte Spahn inzwischen im "Münchner Merkur". "Aber für Discos, Stadien oder Theater, also Bereiche, die nicht zur Grundversorgung gehören, kann ich mir auch einen Zutritt nur für Geimpfte oder Getestete vorstellen." Denkbar sei es auch, Ungeimpften nur einen beschränkten Zugang zu ermöglichen: "Dass zum Beispiel zu einem Fußballspiel im Bayern-Stadion 30.000 Geimpfte und dazu noch 2000 Getestete kommen dürfen", so Spahn. 

Städte- und Gemeindebund für eingeschränkten Zugang von Ungeimpften

Die kommunalen Spitzenverbände lehnen eine Impfpflicht zwar ab, der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, spricht sich aber für mehr Anreize für Geimpfte aus. Er kann sich durchaus vorstellen, dass der Zugang zu bestimmten Veranstaltungen nur für Geimpfte ermöglicht wird.   "Man wird auch darüber nachdenken können, ob nicht irgendwann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem für Personen, die ein Impfangebot nicht angenommen haben, der PCR-Test kostenpflichtig wird", sagte Landsberg jüngst KOMMUNAL.

Impfempfehlung für Jugendliche ab 12 Jahren

Umstritten ist st auch immer noch, ob es eine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche  ab 12 Jahren geben soll. Die Gesundheitsminister sind dafür, obwohl die Ständige Impfkommission (Stiko) eine solche Empfehlung bisher nicht gegeben hat. Dazu sagte Landsberg auf Anfrage von KOMMUNAL: "Es ist richtig, dass den Jugendlichen von 12 bis 16 jetzt ein Impfangebot gemacht wird." Vor der Impfung finde eine spezielle Beratung durch Jugend- und Kinderärzte statt. "Gerade in Hinblick auf den Schulbeginn kann das ein wichtiger Baustein bei der Pandemiebekämpfung sein", betonte Landsberg. Er verweist darauf, dass die Stiko nicht von den zugelassenen Impfungen für Jugendliche explizit abgeraten habe. Ein Thema bei der Bund-Länder-Konferenz am Dienstag wird zudem  eine mögliche Corona-Auffrischungsimpfung für Risikogruppen sein.

Corona-Notlage verlängern trotz niedriger Inzidenzen?

Diskutiert wird derzeit auch, ob die" Epidemische Lage von nationaler Tragweite" über Ende September hinaus verlängert wird. Sie ermöglicht dem Bund besondere Befugnisse nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel, sagte "BILD": "Alle Zeichen stehen darauf, dass wir die pandemische Lage einfach auslaufen lassen."  Doch dafür wäre die Entscheidung des Bundestags nötig und der soll vor den Bundestagswahlen nicht mehr tagen.

Vize-Kanzler Olaf Scholz hat sich hingegen dafür ausgesprochen, die Pandemie-Notlage über Ende September hinaus zu verlängern. Nötig seien weiter bestimmte Regeln zum Schutz vor Corona. "Und dafür brauchen wir einen rechtlichen Rahmen", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".