Neue Regeln
Corona: Länder weiten Notbetreuung in Kitas und Schulen aus
Aktualisiert am 06.05.2020
Je länger die Einschränkungen in der Corona-Krise dauern, umso lauter wird der Ruf nach einer Ausweitung der Kinderbetreuung in Kita und Schule. Die Bundesländer haben die Kontaktbeschränkungen vorerst bis 5. Juni verlängert. Aufgrund der beschlossenen Lockerungen kehrt aber nach und nach wieder mehr Normalität ins Berufsleben ein. Wohin also mit den Kindern, fragen sich die Eltern. Wie Bund und Länder jetzt bei einer Telefonkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel beschlossen haben, wird die Notbetreuung ab 11. Mai in einem ersten Schritt überall in Deutschland ausgeweitet. Sie soll dann auch für Kinder in Vorschulgruppen gelten.
Alleinerziehende dürfen Kinder in Notbetreuung schicken
Die meisten Bundesländer waren bereits vorgeprescht und haben die Notbetreuung bereits ausgedehnt, wie zum Beispiel Schleswig Holstein. Da die Belastung auch für Eltern in sozial schwieriger Lage zunimmt, können diese ihre Kinder dort bereits seit längerer Zeit in die Notbetreuung geben, nach Absprache mit dem Jugendamt. In Schleswig-Holstein gilt seit 20. April ebenfalls die erweiterte Notbetreuung in Kitas und Schulen, wie das Familienministerium auf Anfrage von KOMMUNAL mitteilte. "Neu ist, dass jetzt auch berufstätige Alleinerziehende - unabhängig von ihrem Beruf - die Notbetreuung nutzen können", sagte ein Sprecher damals. Es reiche von jetzt an, dass nur ein Elternteil in einem Beruf der sogenannten kritischen Infrastruktur" also wichtigen Bereichen für das Gemeinwesen, arbeite. Bedingungen bleibe, dass keine anderweitige Betreuung organisiert werden konnte. Das Land hat dazu die Landesverordnung und den Erlass erneuert.
Da die Belastung auch für Eltern in sozial schwieriger Lage zunimmt, können auch sie die Kinder in die Notbetreuung geben, nach Absprache mit dem Jugendamt.
An den Schulen werden bis einschließlich 6. Jahrgangsstufe Kinder von Alleinerziehenden oder Kinder, bei denen ein Elternteil in einem Bereich arbeitet, der für die Aufrechterhaltung wichtiger Bereiche aufgenommen. Auch hier gilt: Es fehlt eine Alternativbetreuung. Außerdem wird auf Elternwunsch nach Entscheidung der Schulaufsichtsbehörden ein schulischer Notbetrieb für Schüler sichergestellt, die einen täglichen hohen Pflege- und Betreuungsaufwand benötigen. Kinder dürfen auch in die Schule, wenn Eltern an Abschlussprüfungen teilnehmen oder sich darauf vorbereiten.
Baden-Württemberg erweitert Regelungen stark
In Baden-Württemberg teilte Kultusministerin Susanne Eisenmann mit: "Weil das wirtschaftliche Leben in den nächsten Tagen langsam wieder hochfährt, haben wir entschieden, die Notbetreuung in Baden-Württemberg auszuweiten, um Eltern zu entlasten, die einer präsenzpflichtigen Arbeit nachgehen."
Vom 27. April an wurde die Notbetreuung in den Kindertagesstätten, in der Kindertagespflege, an den Grundschulen und an den weiterführenden Schulen deshalb ausgeweitet. Sie gilt nun auch für Schüler der siebten Klasse. Neu sei zudem, dass künftig nicht nur Kinder von Eltern in wichtigen systemrelevanten Bereichen Anspruch haben, sondern grundsätzlich Kinder, bei denen beide Erziehungsberechtigen ausser Haus arbeiten müssen.
Die neue Regelung gilt auch für Alleinerziehende. Außerdem hat das Kultusministerium mit einem Schreiben für bestimmte Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren Veränderungen vorgenommen. Die Kultusministerin verweist auf einen Entscheidungsspielrauch vor Ort. Die Träger der Einrichtungen können in der erweiterten Notbetreuung vom Mindestpersonalschlüssel abweichen, sofern die Aufsichtpflicht weiter gewährleistet ist. "
Denn die Kommunen und freien Träger rechnen damit, dass sie bis zu 40 Prozent ihrer Erzieher aktuell nicht einsetzen können, da sie zu Risikogruppen zählen, so die Ministerin. Mit diesem Problem steht Baden-Württemberg wohl nicht allein. Die Personalfrage wird mit den Lockerungen immer drängender.
Sachsen bezieht Verkaufspersonal mit ein
Auch Sachsen hat den Anspruch auf Notbetreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen, Grund- und Förderschulen erweitert. Die neue Regelung begann am 20. April. Zu den systemrelevanten Berufen zählen nun unter anderem Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Verkaufspersonal im Einzelhandel und Handwerker. Auch Kinder von Alleinerziehenden werden unter bestimmten Bedingungen betreut. Bei Kinder, bei denen eine mögliche Kindeswohlgefährdung vorliegt, war eine Notfallbetreuung schon vorher möglich.
Das ändert sich in Berlin
In Berlin dürfen ab 27. April nun auch Alleinerziehende ihre Kinder in die Kita oder Schule schicken und wie jeder, der in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. Ausserdem gilt als Grund, wenn das Jugendamt davon aus geht, dass es für das Kind besser ist ausserhalb der Familie tagsüber betreut zu werden. Ansonsten gibt es keinen rechtlichen Anspruch auf eine Notbetreuung. Kinder aus Brandenburg, die bisher in Berlin betreut wurden, können in die Notbetreuung, sofern die Bedingungen erfüllt sind.
Neue Regeln in Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz lässt Schüler der Abschlussklassen und diejenigen, die nächstes Jahr ihre Abschlussprüfungen ablegen, ab 4. Mai wieder zur Schule gehen. Das Land weitet die Regelungen aus - auf Alleinerziehende und andere Sorgerechtsberechtigten, die auf eine Betreuung der Kinder angewiesen sind und keine andere Lösung finden.
Bayern öffnet Betreuung schrittweise
Schrittweise will Bayern vorgehen: "Wir wollen die Notbetreuung ab dem 27. April vorsichtig und Schritt für Schritt ausweiten", teilte Bayerns Familienministerium Carolina Trautner KOMMUNAL auf Anfrage mit. "Mir ist es ein besonderes Anliegen, erwerbstätige Alleinerziehende zu entlasten." Deshalb dürfen sie ab diesem Datum die Kinder zur Notbetreuung bringen, auch wenn sie nicht in einem Bereich der kritischen Infrastruktur abreiten. Es genügt, wenn bei zwei Elternteilen nur einer in diesem wichtigen Bereich tätig ist.
Auch die Heilpädagogischen Tagesstätten nehmen künftig nach Einzelfallprüfung Kinder auf. Die Tagespflege sei weiterhin nur im Haushalt der Eltern des betreuten Kindes möglich. In Bayern waren zuletzt 12.700 Kinder in der Notbetreuung, das sind zwei Prozent der regulär betreuten Kinder.
Sachsen-Anhalt regelt ebenfalls neu
In Sachsen-Anhalt dürfen Eltern nun auch eine Notbetreuung für ihre Kinder in Anspruch nehmen, wenn ein Elternteil oder Alleinerziehende im Handel - in der Produktion, Groß- oder Einzelhandel - tätig sind.
Niedersachsen öffnet Notbetreuung für weitere Kinder
Die Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus tritt am 20. April in Kraft. Erweiterungen gibt es insbesondere bei den Härtefällen,bei Alleinerziehenden und der gemeinsamen Betreuung von Geschwisterkindern sowie bei drohender Kündigung und erheblichem Verdienstausfall. Das Kultusministerium will die Kommunalen Spitzenverbände für nächste Woche einladen, um mit ihnen die neuen Regeln auszuwerten und gegebenfalls anzupassen.
Alleinerziehende auch in Hessen bevorzugt
Hessen weitete die Notbetreuung auf hauptberufliche Mitarbeiter von Presse, Rundfunk und Fernsehen und anderen Telemedien, auf Soldaten sowie Mitarbeiter der Bundeswehr, die gebraucht werden und auf berufstätige Alleinerziehende. Kinder aus sozial schwierigen Familiensituation werden von Anfang an notbetreut. In Einzelfällen entscheiden die Jugendämter, wie das Hessische Sozialministerium auf Anfrage von KOMMUNAL mitteilte.
Hamburg unterstützt ebenfalls Alleinerziehende
Hamburg ruft die Eltern dazu auf, ihre Kinder bis voraussichtlich 6. Mai grundsätzlich zu Hause zu betreuen. Die Notbetreuung in der Kita ist für Kinder von Eltern vorgesehen, die zum Beispiel bei der Polizei, Feuerwehr, im Krankenhaus oder bei Versorgungsbetrieben arbeiten. Auch Kinder von Alleinziehenden sowie Kindern mit einem dringlichen sozialpädagogischen Förderbedarf gehören dazu.
Mecklenburg-Vorpommern: Nicht für Kinder von Verkaufsangestellten
Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht ebenfalls eine erweiterte Notbetreuung. Allerdings noch nicht für Kinder von Eltern, die im Handel arbeiten. Geschäfte bis 800 Quadratmeter dürfen aber ab 20. April wieder aufmachen. "Wir öffnen die Kitas gezielt und mit Augenmaß", betont Sozialministerin Stefanie Drese. "Der Infektionsschutz aller Beschäftigten in der Kindertagesförderung hat oberste Prioritöt."
Nordrhein-Westfalen: Bundeseinheitliche Regelung wäre besser
Nordrhein-Westfalen weitet die Kindertagesbetreuung ebenfalls auf erwerbstätige Alleinerziehende aus. Ab 23. April werden die geplanten Anpassungen schrittweise umgesetzt, kündigte das Familienministerium an. Unter Leitung von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg wird nun nach einem Beschluss der Jugend- und Familienkonferenz ein Konzept erarbeitet, unter welchen Kriterien die Betreuung weiter gestaltet wird. "Ich hätte mir eine bundeseinheitliche Regelung gewünscht", sagte NRW-Familienminister Joachim Stamp.
Familienministerin Franziska Giffey: Schnelle Lösung nicht in Sicht
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bedauerte nach der jüngsten Beratung von Bund und Ländern am 6. Mai: "Leider ist eine schnelle Lösung nicht in Sicht." Denn der Übergang in die Normalität sei nicht von heute auf morgen machbar.
Vier-Punkte-Plan zur Kinderbetreuung in Kitas
Die Familienminister-Konferenz hat einen Vier-Punkte-Plan zur Öffnung der Kitas vorgeschlagen, der nun als Orientierung für die Länder und Kommunen gilt. Die Notbetreuung wird jetzt im zweiten Schritt flächendeckend weiter ausgeweitet, danach folgt die Phase mit eingeschränktem Regelbetrieb. Zum Normalbetrieb könnte voraussichtlich erst zurückgekehrt werden, wenn ein Impfstoff vorliege, kündigte Giffey an. Die Jugend- und Familienminister wollen noch im Mai erneut zusammenkommen, um die weiteren Schritte zu beraten.