
Leitartikel
Deutschland im Panikmodus - warum der ländliche Raum die Republik zusammenhält
Ein zitterndes Land. Nein, nicht vor Kälte. Auch nicht vor Krieg. Sondern vor sich selbst. Wer in diesen Tagen das Radio einschaltet, Zeitung liest oder durch die Talkshows zappt, erlebt ein Deutschland im Panikmodus. Jeder Tag ein Weltuntergang. Jeder Tweet eine Apokalypse. Und wenn mal kein echtes Problem zur Hand ist – keine Sorge: Man bastelt sich eines. Hauptsache, die Erregungskurve bleibt oben. Das Phänomen lässt sich in einem Wort beschreiben: „Alarmismus“. Während in Berlin die Empörungskurve zum Lebenselixier der Politik geworden ist, herrscht in Rathäusern zwischen Oberpfalz und Ostfriesland: Realität.
Alarmismus in Berlin – Pragmatismus vor Ort
Doch was im Berliner Politikbetrieb zur Kernkompetenz geworden ist, wirkt in den Rathäusern zwischen Oberpfalz und Ostfriesland wie ein schlechter Scherz. Dort, wo Bürgermeister Schulen sanieren, Feuerwehrhäuser bauen und Dorfgemeinschaften zusammenhalten, hat man schlicht keine Zeit für Haltungsrituale oder Kanzelrhetorik. Dort regiert noch der gesunde Menschenverstand. Während in den Talkshows von „Brandmauern“ geredet wird, dichten Bürgermeister mit Kältehilfe-Lagern echte Wärme in die Gesellschaft.
Nicht weil sie sich dafür beklatschen lassen wollen – sondern weil es ihre Aufgabe ist. Doch das Land ist aus dem Lot. Es tobt ein regelrechter Wettbewerb der Empörung. Da wird ein unpolitischer Fernsehfilm gecancelt, weil irgendwo in Minute 179 ein angeblich streitbarer Schauspieler auftaucht. Da müssen Kommunalpolitiker sich rechtfertigen, weil sie noch miteinander reden – statt sich symbolisch voneinander abzugrenzen. Und da trägt man im Bundestag lieber ein bedrucktes Pullunderchen als Argumente vor. Willkommen im Theater der Gefühle.
Theater der Gefühle statt Sachpolitik
Dabei sehnen sich die Menschen nach Verlässlichkeit. Nach Sachlichkeit. Nach Politik, die mehr ist als ein Hashtag. Doch die Hauptstadt liefert das Gegenteil: Hysterie in Serie. Da wird der Klimawandel auf die Sekunde genau terminiert, als ließe sich das Weltklima mit einem Taschenrechner retten. Da heißt es, man müsse „letzte Generation“ sein, während die Müllabfuhr der Kommunen montags um sechs wieder durchfährt, ganz ohne Apokalypse.
Während in den Talkshows von „Brandmauern“ geredet wird, dichten Bürgermeister mit Kältehilfe-Lagern echte Wärme in die Gesellschaft.
Der ländliche Raum hält die Republik zusammen
Der ländliche Raum – oft belächelt, selten beachtet – hält dieses Land zusammen. In den Kommunen wird nicht palavert, sondern gepflastert. Während im Bundestag die Ordnungsrufe zunehmen, steigen auf dem Land die Bauanträge. Während in den Großstädten Aktivisten das Stadtbild prägen, prägen Bürgermeister im ländlichen Raum die Realität. Und das oft ehrenamtlich. Ohne Social-Media-Team. Ohne Kommunikationsberater. Einfach aus Pflichtgefühl.
Wer das Land verstehen will, sollte nicht auf die Trends der Hauptstadt hören – sondern auf die Stimmen aus den Gemeinden.
Leider gilt das für einige Großstädte auch nicht mehr. Zu viele von ihnen spielen längst Bundespolitik im Miniaturformat. Manch ein Bezirksbürgermeister hält sich für eine Art moralischen Außenminister. Flüchtlingspolitik, Klimaziele, gesellschaftlicher Wandel – alles wird inszeniert, alles wird aufgeladen. Und wenn dann doch mal die Straßenlaterne nicht leuchtet, war es halt der Bund. Oder das Klima. Oder der politische Gegner. Irgendwas ist ja immer. Doch die Wahrheit ist: Wer täglich Verantwortung trägt, weiß, dass die Welt nicht untergeht, wenn man mal nicht twittert. Dass man Konflikte nicht mit Abschottung löst, sondern mit Gesprächen. Und dass politische Gegner keine Feinde sind, sondern Mitstreiter in derselben Arena. Diese Haltung findet man dort, wo die Menschen einander noch kennen – im Rathaus, im Gemeinderat, beim Frühschoppen. Nicht im Plenarsaal, sondern im Feuerwehrhaus. Es wäre an der Zeit, das anzuerkennen.
Die eigentliche Elite sitzt im Rathaus
Die eigentliche politische Elite dieses Landes sitzt nicht auf der Regierungsbank, sondern auf klapprigen Stühlen in schlecht geheizten Ratssälen. Sie sind es, die dieses Land durch Krisen tragen. Ohne Drama. Ohne Bühne. Dafür mit Realitätssinn. Und ja, manchmal auch mit Mut zum Unpopulären – etwa, wenn die Kassen leer sind, aber die Kindergärten voll. Deutschland braucht mehr von diesem Pragmatismus. Weniger Pathos, mehr Pflasterarbeiten. Weniger Drama, mehr Daseinsvorsorge. Und wenn der Rest der Republik meint, jede Debatte müsse TikTok tauglich sein – nun gut. Dann schauen die Bürgermeister eben weiter, wo das Geld für den nächsten Radweg herkommt. Der ländliche Raum ist kein museales Restgebiet, sondern das stabile Fundament der Republik. Wer das Land verstehen will, sollte nicht auf die Trends der Hauptstadt hören – sondern auf die Stimmen aus den Gemeinden. Dort, wo man nicht ständig ruft: „Fünf vor Zwölf!“, sondern einfach mal ruhig durchzählt.
Was Bürgermeister erfolgreich macht
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Handeln statt hyperventilieren
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Mit allen reden – nicht nur mit der eigenen Blase
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Prioritäten setzen statt Probleme dramatisieren
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Persönlicher Kontakt zu Bürgern – nicht nur per Social Media
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Erdverwachsen statt abgehoben