
Von Strukturreformen bis zu belastbaren Lösungen
Finanzen am Limit: Warum der Diskurs Finanzen 2025 unverzichtbar ist
Die Haushalte der Städte, Gemeinden und Landkreise waren lange der Stabilitätsanker der öffentlichen Finanzen. Doch spätestens mit der Coronapandemie und der Energiekrise hat sich das Bild gewandelt. 2024 verzeichneten die kommunalen Kern- und Extrahaushalte ein Finanzierungsdefizit von unfassbaren 24,8 Milliarden Euro, der höchste Fehlbetrag seit 1990. Im Vergleich dazu betrug das Finanzierungsdefizit im Jahr 2023 „nur“ 6,6 Milliarden Euro. Die Sozialleistungen wuchsen um knapp zwölf, die Personalkosten um knapp neun Prozent. Im Gegensatz dazu stiegen die Einnahmen aus Steuern nur um 1,5 Prozent.
Die Steuerschätzung für 2025 und Folgejahre zeichnet ein düsteres Bild. So werden in Summe für die Jahre 2025 bis 2029 27,2 Milliarden Euro weniger gemeindliche Steuereinnahmen erwartet als noch im Oktober 2024 angenommen. Die prekäre kommunale Finanzlage ist damit auf einem dynamischen Wachstumskurs. Die Daten zum ersten Quartal 2025 bestätigen dies. Parallel türmt sich ein Investitionsrückstand von 215,7 Milliarden Euro auf. Mehr als die Hälfte der Investitionsbedarfe gehen auf die Bereiche Schulen sowie Straßen und Verkehrsinfrastruktur zurück.
Fördermitteldschungel versus Realität: Warum die Gelder oft an den richtigen Stellen vorbeirauschen
Die OB-Barometer-Befragung 2025 des Deutschen Instituts für Urbanistik bestätigt den Befund aus der Praxis: 70 Prozent der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister nennen Finanzen als drängendste Aufgabe. In derselben Erhebung stufen 85 Prozent der Stadtspitzen explodierende Sozialausgaben als „große Herausforderung“ ein. Zugleich locken Bund, Länder und EU mit einem bunten Strauß an Förderprogrammen. Doch der Eigenmittelanteil, die konkrete Zweckbindung sowie fehlendes Personal lassen den Zug mit Fördermitteln häufig an finanzschwachen Kommunen vorbei fahren.
Die paradoxe Folge: Während wohlhabendere Städte ihre Co-Finanzierung stemmen und Personal zur Verfügung stellen können, kommen die Mittel dort nicht an, wo sie am nötigsten wären. Zudem steht der öffentlichen Dienst auf kommunaler Ebene vor einer riesigen Herausforderung. Bereits derzeit fehlen 570.000 Beschäftigte in den Verwaltungen. Zudem werden in den nächsten 20 Jahren von den zum Stand 30. Juni 2023 in den Kommunen tätigen 1.738.700 Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigten insgesamt 937.100 Mitarbeitende und in den nächsten zehn Jahren insgesamt 524.400 ausscheiden. Diese Zahlen sprechen für sich.
Ursachenanalyse: Strukturprobleme statt Einmaleffekte
Die aktuelle Krise ist nicht das Ergebnis eines einzigen externen Schocks. Sie ist das Resultat von fünf strukturellen Trends:
- Demografischer Wandel: Immer mehr Seniorinnen und Senioren treffen auf weniger Beitragszahlende. Folge: steigende Ausgaben im Pflege- und Sozialbereich.
- Aufgabenzuwachs ohne Konnexität: Ob Flüchtlingsunterbringung, digitale Verwaltung oder Inklusion – die Aufgabenlast nimmt zu, doch Ausgleichszahlungen hinken hinterher.
- Fragmentierte Förderlogik: Unzählige Förderprogramme mit oft kurzer Laufzeit, komplexen Antragsverfahren und engen Zweckbindungen blockieren statt zu beflügeln.
- Investitionsverdrängung durch Pflichtausgaben: Sozialausgaben verdrängen zunehmend die freiwilligen und investiven Mittel.
- Fachkräftemangel: Fehlende Stellenbesetzungen durch fehlendes Fachpersonal in nahezu allen Aufgabenfeldern verzögern Projekte und führen dazu, dass die Aufgabenwahrnehmung zunehmend herausfordernder wird.
Was der Diskurs Finanzen 2025 bietet: Impulse, Lösungen und Netzwerke
All diese Spannungsfelder bündelt der Diskurs Finanzen 2025 am 27. und 28. August in Göttingen: zwei Tage, bis zu 40 Teilnehmende, 3 Podiumsdiskussionen, 9 Keynotes und ein Ziel – Lösungen.
Das Programm des Diskurs Finanzen 2025
Doppik, SDGs und Förderdschungel - Dr. Ulrich Keilmann
Die Doppik ist noch nicht final implementiert, dennoch sollen schon Nachhaltigkeitsziele implementiert und über die erfolgreiche Transformation der SDGs (Sustainable Development Goals) berichtet werden. Zur „Unterstützung“ wird ein Förderdschungel angeboten, den selbst die, die Förderungen ausloben, nicht mehr überblicken. Kann das alles gut gehen und wie? Das erklärt Dr. Ulrich Keilmann, Direktor beim Hessischen Rechnungshof auf dem Diskurs Finanzen.
Die Eingliederungshilfe als Kardinalproblem kommunaler Finanzen? - Dr. André Jethon
Das gegenwärtige Finanzierungssystem der Eingliederungshilfe für Menschen mit wesentlichen Behinderungen hat vor allem die kommunalen Aufgabenträger längst an die Grenze ihrer finanzwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geführt. Es stellt sich daher die dringende Frage, mittels welcher Reformoptionen eine faire Lastenverteilung im steuer- und beitragsfinanzierten Sozialstaat erreicht werden kann. Dr. André Jethon, Beigeordneter und Kämmerer der Stadt Lünen, wird sich „seinem Thema“ der Eingliederungshilfe widmen.
Investitionsbedarfe und Stärkung der Investitionsfähigkeit - Dr. Mario Hesse
Investitionsbedarfe und Stärkung der Investitionsfähigkeit – Wie können die „goldenen Handschellen“ der Kommunen gelöst werden? Unter diesem Titel wird Dr. Mario Hesse, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums für kommunale Infrastruktur Sachsen (KOMKIS), in seinem Vortrag der Frage nachgehen, wie trotz vielfältiger Krisen und Herausforderungen für die Kommunalfinanzen die Investitionsfähigkeit der Kommunen gestärkt werden kann. Hierbei geht es nicht nur um „mehr Geld“, sondern um Ideen zur Pauschalierung von Förderprogrammen. Eingebettet werden die Ausführungen in aktuelle Erkenntnisse zu den Investitionsbedarfen und -schwerpunkten der Kommunen.
Pionier-Gemeinden der Grundsteuer C - Prof. Dr. Andreas Burth
Die Grundsteuer steht unter anderem am zweiten Tag im Fokus. Prof. Dr. Andreas Burth, Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Salzgitter, wird in seinem Fachvortrag auf die Grundsteuer C eingehen. Seit 2025 können Gemeinden diese auf unbebaute, baureife Grundstücke erheben. Die meisten Gemeinden verzichten vorerst darauf. Es gibt aber auch 14 Pionier-Gemeinden, die bereits ab 2025 die Grundsteuer C einführten. Diese Gemeinden werden gegenübergestellt (zum Beispiel Hebesätze, geplante Steuererträge, politische Verhältnisse, demographische Entwicklung).
Mit freundlichen Grüßen aus dem Maschinenraum der Demokratie - Sandro Zehner
Sandro Zehner, Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises, geht in seinem Vortrag der Frage nach, Was es braucht, damit die Kommunen ihrer Aufgabe der Daseinsvorsorge und der Rolle als erste Ebene des Staates gerecht werden können? Nur mehr Geld wird das nicht richten. Der Praxisblick der Kommunen und echte Konnexität müssen bei neuen Gesetzen handlungsleitend sein, nicht nur für die kommunale Selbstverwaltung, sondern für das Gelingen unserer Demokratie. Es warten Vorschläge aus einem Landkreis, dessen Haushalt mit einem Drittel strukturell unterfinanziert ist.
Liquiditätssicherung durch Forderungsmanagement - Matthias Wiener
„Liquiditätssicherung durch Forderungsmanagement – ein vernachlässigter Baustein“ - in diesem Fachvortrag steht die Liquiditätslage im Fokus. Zur Verbesserung können ein gezieltes Forderungsmanagement und eine aktive Vollstreckung von Forderungen beitragen. Häufig genießen die darin liegenden Chancen nicht die notwendige Priorität. Matthias Wiener nimmt die Vorteilhaftigkeit des Forderungsmanagements mit Blick auf die Liquiditätslage in den Blick und spannt den Bogen zur rechtsicheren Organisation der Vollstreckungsbehörden und der erforderlichen Wertberichtigungen zum Jahresabschluss.
Kommunale Investitionen. Zwischen Schlaglöchern, Sondervermögen und fehlenden Umsetzungskapazitäten - Dr. Henrik Scheller
Die Investitionstätigkeit der Kommunen steht mit dem Sondervermögen "Infrastruktur" vor neuen Herausforderungen. Denn die Erwartungen an eine zügige Verausgabung sind groß. Noch sind viele Verteilungsfragen unklar. Angesichts der in der Vergangenheit aufgebauten Investitionsrückstände, fehlendem Personal und einem Wandel des Investitionsverständnisses werden die Herausforderungen der Kommunen nicht kleiner. Wie ein Weg durch die Herausforderungen aussehen kann, erklärt Dr. Henrik Scheller vom Deutschen Institut für Urbanisitk.
Nachhaltige Haushalts- und Verwaltungsführung mit dem Hamburger Steuerungsmodell - Arne Schneider
Arne Schneider, Haushaltsdirektor der Freie und Hansestadt Hamburg wird in seinem Vortrag die Nachhaltige Haushalts- und Verwaltungsführung mit dem Hamburger Steuerungsmodell vorstellen. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat ihre Verwaltung stets modernisiert. Sie hat frühzeitig und kontinuierlich Elemente neuer Verwaltungssteuerung eingeführt. Mit der Strategischen Neuausrichtung des Haushaltswesens wurde auf Basis eines leistungsbezogenen Produkthaushalts nach den Standards der staatlichen Doppik ein effektives und effizientes Planungs- und Steuerungssystem für Politik und Verwaltung geschaffen. Im Hamburger Steuerungsmodell werden die eingeführten Reformansätze zusammenfassend aufbereitet, die dazu dienen die Freie und Hansestadt Hamburg als Konzern wirksam steuern zu können. Umfassend dargestellt werden die fünf Elemente des Hamburger Steuerungsmodels: Strategische Steuerung, Zielbezogene Budgetierung, Leistungsbezogener Produkthaushalt, Integrierte Fach- und Ressourcenverantwortung sowie Berichtswesen und Controlling.
Innovative Ansätze zur Stärkung der Arbeitgeberattraktivität - Prof. Dr. Oliver Junk
Die Aufgabenerfüllung in den Kommunen und die damit verbundene kommunale Selbstverwaltung sind in Gefahr. Der Mangel an Bediensteten belastet die Leistungsfähigkeiten der Gemeinden, Städte und Landkreise bereits heute, die Bugwelle steht allerdings noch bevor. Gerade in Gebietskörperschaften mit kleinen Personalkörpern und engen finanziellen Budgets ist die Handlungsfähigkeit an vielen Stellen kaum noch gegeben. Für die Kommunen ist es entscheidend, ihre Attraktivität für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zu steigern und insbesondere qualifizierte Bedienstete langfristig zu binden. Wie also können die Kommunen ihre Arbeitgeberattraktivität steigern und qualifizierte Bedienstete gewinnen und binden, ohne die Anforderungen der Haushaltskonsolidierung aus dem Blick zu verlieren? Wie können Ansätze entwickelt werden, die sowohl die Personalgewinnung und -bindung fördern als auch zur finanziellen Stabilität im kommunalen Haushalt beitragen? Prof. Dr. Oliver Junk, Professor für Verwaltungsrecht an der Hochschule Harz liefert die Antworten.
Deshalb ist der Diskurs Finanzen 2025 so wichtig
Der kommunale Finanzdruck hat sich von einer stillen Belastung zu einem strategischen Risiko ausgewachsen: Rekorddefizite, ausufernde Sozialausgaben, fragmentierte Förderlandschaften und lähmende Investitionshemmnisse bringen selbst gut geführte Kommunen an ihre Grenzen. Wer weiterkommen will, braucht mehr als operative Feuerwehrmaßnahmen – er braucht Strukturreformen, Netzwerke und belastbare Lösungen. Der Diskurs Finanzen 2025 liefert genau das: fundiertes Wissen, praxistaugliche Tools und direkte Kontakte zu Entscheidern aus allen Ebenen. Zwei Tage reichen, um neue Perspektiven zu gewinnen – und mit einem Koffer voller Ansätze zurückzukehren, die in der eigenen Kommune wirklich etwas verändern können. Der Diskurs Finanzen 2025 bietet nicht nur kluge Analysen, sondern vor allem Handlungsperspektiven. Wer vor Ort Verantwortung trägt – in Kämmerei, Politik oder Verwaltung – wird hier mit Werkzeugen, Kontakten und Argumenten ausgestattet, die unmittelbar nutzbar sind. Wer nicht nur verwalten, sondern gestalten will, sollte dabei sein.
Hier finden Sie alle Informationen zum Diskurs Finanzen 2025.