Drohbriefe zwangen Landrat Erich Pipa in Gelnhausen die Abgabe seines Amts zu verkünden. ©Barnyz/Flickr

Drohbriefe zwingen Landrat aus Amt

Immer wieder hat er Drohbriefe erhalten - jetzt will Landrat Erich Pipa aufgeben. Auch seine Familie wurde immer wieder bedroht - leider kein Einzelfall!

"Das Boot ist nicht voll" - dieser Satz bei der Eröffnung eines Erweiterungsbaus des örtlichen Flüchtlingsheims war offenbar Auslöser der Drohungen. Nicht nur er, auch seine Familie musste darunter leiden. Nun wird ihm die Angelegenheit zu heikel. Er kündigte an, nicht erneut anzutreten. Pipa zeigt sich vor allem vom Staatsschutz enttäuscht.

Nach 21 Jahren als Landrat beendet Erich Pipa (SPD) seine Karriere aufgrund konstanter Drohbriefe gegen ihn und seine Familie. ©SPD-MKK

Seit Juli 2015 erreichen Pipa regelmäßig Drohbriefe unterzeichnet mit "Initiative Heimatschutz Kinzigtal". "Alle zwei Wochen kommt ein Brief", erzählt Pipa. Auch Wahlplakate wurden mit den Worten "Volksverräter" und "Erwache Deutschland" beschmiert. Begonnen hat alles mit einer Rede, die der Landrat beim Richtfest eines Erweiterungsbaus für Flüchtlinge gehalten hat. "Das Boot ist nicht voll", hat Pipa in seiner Rede verkündet. Seither wird ihm und seiner Familie regelmäßig Gewalt angedroht. "Wir erstellen gerade ein Bewegungsprofil von Dir", heißt es im ersten Drohbrief. "Fühl dich nur nicht zu sicher!" Seit 2005 ist Pipa Landrat und seit 2013 Präsident des Hessischen Landkreistages. Erst im März 2016 war er zuletzt wiedergewählt worden. Seine Karriere zu beenden hatte der 68-Jährige so bald nicht vorgehabt.

Wegen der Drohbriefe fühlt sich Pipa vom Staat alleine gelassen

Enttäuscht zeigt sich Pipa von der fehlenden staatlichen Hilfe. "Ich fühle mich vom Staat alleine gelassen. Kommunalpolitiker werden vom Staatsschutz nicht geschützt", sagt Pipa. "Ich halte jeden Tag meinen Kopf für unseren Staat hin. Was tut der Staat im Gegenzug für Landräte, Bürgermeister und Bürger, die im Ehrenamt tätig sind, wenn diese bedroht werden?" Der Staatsschutz hat im Falle der Drohungen an den Landrat keine nützlichen Ermittlungsergebnisse erzielen können. Pipa geht auf der Pressekonferenz einen eigenen Schritt Richtung Aufdeckung der Täter. Für Informationen, die zur Überführung der Briefschreiber führen könnten, will er privat 3.000 Euro zahlen. Gewaltandrohungen und -taten gegen Politiker wegen ihrer Asylpolitik sind keine Einzelfälle. Das Bundesinnenministerium verzeichnet in diesem Jahr über 200 Angriffe auf Amts- und Mandatsträger in Verbindung mit ihrer Asylpolitik. Zuvor hatte eine Umfrage von KOMMUNAL unter 1.000 Bürgermeistern erschreckende Zahlen hervorgebracht. Demnach wurden in fast jeder zweiten deutschen Kommune (47 Prozent) Bürgermeister, Mitarbeiter oder Gemeinderäte im Zusammenhang mit ihrer Flüchtlingspolitik bereits persönlich beschimpft oder beleidigt. Persönliche körperliche Angriffe erfuhren sechs Prozent der befragten Bürgermeister.