Feuerwehrfahrzeuge auf Sylt
Einsatzbereit - die Feuerwehr in List auf Sylt ist bestens ausgerüstet für die Zukunft als Freiwillige Feuerwehr.
© Feuerwehr List

Ehrenamt

Aus Pflichtfeuerwehr wird Freiwillige Feuerwehr

In der Gemeinde List auf Sylt feiern Feuerwehrkräfte die Rückkehr zur Freiwilligen Feuerwehr. Nach 18 Jahren Organisation als Pflichtwehr ein großer Schritt. Wie war er überhaupt möglich?

Schnell und erfolgreich helfen, wenn es brennt – das ist das Herzensanliegen der Feuerwehr und all jener, die sich unter Einsatz ihres Lebens für den Brandschutz engagieren. Auch in List auf der Insel Sylt sind seit vielen Jahrzehnten Feuerwehrfrauen und –männer aktiv. 18 Jahre lang allerdings war die dortige Feuerwehr notgedrungen als Pflichtwehr organisiert. Nun ist das Geschichte und die Feuerwehr in List wieder freiwillig. Dazu hat auch die nördlichste Gemeinde Deutschlands ihren Teil beigetragen.

Erste Pflichtwehr in Deutschland seit 2. Weltkrieg

Zurück ins Jahr 2005. Bei der Lister Feuerwehr im Norden der Insel gibt es nur noch 15 Kameraden, zudem ist keine Wehrführung mehr vorhanden und auch kein Ersatz in Sicht. "Es gab damals interne Querelen, außerdem wollte keiner Wehrführer sein. Letztlich war es eine Menge an Gründen, die zum Ende der Freiwilligen Feuerwehr geführt hat“, erzählt Felix Reder, der heutige Gemeindewehrführer. Klar war damals: Mit einer derart geringen Mitgliederzahl war die Aufgabe nicht zu stemmen und auch die Option, dass im Notfall eine Nachbarswehr übernimmt, gab es nicht – zu weit entfernt liegt auf Sylt die nächste Feuerwehr, um im Notfall schnell im abgeschiedenen List vor Ort zu sein.

Gemeinschaftsgefühl trotz Pflichtwehr

Die Folgen waren klar: deutschlandweit erstmalig seit dem 2. Weltkrieg wurde aus der Freiwilligen Feuerwehr in List eine Pflichtwehr. Um hierfür genügend Feuerwehrkräfte zu haben, wurden 50 Bürger im Alter zwischen 18 und 50 Jahren angeschrieben und verpflichtet, von denen letztlich 30 die Grundausbildung absolviert haben, wie Reder berichtet. Auch wenn einige von den neuen Mitgliedern nicht aus freien Stücken zur Feuerwehr gegangen wären, entstand bald wieder ein Gemeinschaftsgefühl, wie Reder sagt. „Bei den Einsätzen hat sich das meist nicht anders angefühlt als bei einer freiwilligen Feuerwehr. Wir sind kameradschaftlich zusammengewachsen und wurden auch von außen als hochmotivierte Truppe mit gut ausgebildeten Mitgliedern wahrgenommen, die Lust hatten, für die Feuerwehr im Einsatz zu sein“, so der Gemeindewehrführer. Dies sei im Übrigen auch die absolute Grundlage für einen funktionierenden Brandschutz: „Nur, wenn man die Gemeinschaft schätzt und mit Freude im Einsatz ist, funktioniert das“, so Reder.

Zwangsverpflichtung auch für Freiwillige

Auch wenn in der konkreten Einsatzpraxis kaum Unterschiede spürbar waren – die zwangsmäßige Organisation als Pflichtwehr schmerzte die Lister Feuerwehrkräfte und brachte zudem spürbare Nachteile mit sich. So kamen aufgrund der guten Stimmung in der Wehr zwar zunehmend neue Ehrenamtliche hinzu, aber selbst wenn diese freiwillig zur Feuerwehr gehen wollten, mussten sie sich für mindestens 6, bei Verlängerung für 12 Jahre verpflichten lassen. „Ein freiwilliges Ehrenamt über einen solch langen Zeitraum anzunehmen, hat viele abgeschreckt“, sagt Reder und sei sehr hinderlich dabei gewesen, neue Leute zu gewinnen. Umso größer war der Wunsch der Lister, möglichst schnell wieder zu einer Organisation als freiwillige Feuerwehr zurückzukehren.

Neues Fahrzeugkonzept bringt die Wende

Das Hauptproblem war laut Reder allerdings lange Zeit die zu geringe Zahl der aktiven Kameraden. Schließlich hatte die Lister Feuerwehr einen großen Fuhrpark mit drei älteren Fahrzeugen und wurde von diesem abhängig die Mindeststärke der Truppe berechnet – bei drei Fahrzeugen konkret 47 Kameraden, was laut Reder kaum erreichbar war. Die Wende kam mit der Entwicklung eines neuen Fahrzeugkonzepts. Die alten Fahrzeuge wurden weggegeben und stattdessen zwei neue Großfahrzeuge erworben. „Nun waren nur noch 37 Kameraden nötig, gleichzeitig aber haben wir unsere Schlagkräftigkeit als Feuerwehr verbessert“, so Reder.

Feuerwehrgerätehaus
Die Einsatzzentrale der Feuerwehr in List

Hohe Investitionen für die Zukunft der Wehr

Ergänzend zu den auch durch private Spenden mitfinanzierte Fahrzeugen investierte die Gemeinde List eine Million Euro in ein neues Feuerwehrgerätehaus, zudem wurden Fördergelder vom Land in Anspruch genommen. Die Investitionen haben Wirkung gezeigt: Die Mannschaft der Lister Feuerwehr wuchs wieder und auch die Wehrführung stabilisierte sich. „Wir alle wollten zur freiwilligen Feuerwehr zurückkehren“, sagt Reder. So habe sich jeder Einzelne, der zu diesem Zeitpunkt noch verpflichtet war, dazu bereit erklärt, auch unter neuer Organisation weiter ehrenamtlich tätig zu sein und freiwillig weiterzumachen. Schließlich gab es in der Gemeindevertretung einen einstimmigen Beschluss, wieder zur freiwilligen Feuerwehr zurückzukehren und in Folge einen Antrag an den Kreis Nordfriesland.

Pflichtwehr
Ende einer Ära: 18 Jahre Pflichtwehr in List

Neustart mit Perspektiven

Seit 1. April gibt es nun wieder eine freiwillige Feuerwehr in List. Einerseits sei das ein „Weiterleben“ so Reder, andererseits aber fühle es sich wie ein „kompletter Neustart“ an. Zwar war die Feuerwehr schon vorher mit Herzblut bei der Sache, nun aber wird die Freiwilligkeit ihres Engagements wieder unterstrichen und könne der Zusammenhalt als Gemeinschaft noch einmal ganz anders gelebt werden. „Während bei der Pflichtwehr nur gesundheitlich fitte und aktive Mitglieder dabei sein konnten, können bei der Freiwilligen Feuerwehr auch ältere Kameraden Teil der Gemeinschaft bleiben“, sagt Reder. So würde die Tradition wieder stärker im Fokus stehen, parallel zu einer weiteren Öffnung. "Es hat sich längst herumgesprochen, dass wir hier ein ganz guter Haufen sind und viel Spaß haben miteinander“, sagt Reder. Entsprechend würden immer wieder neue Mitglieder hinzukommen und ist die Mannschaftsstärke im Moment gesichert. Dass das gelungen ist, hat auch mit dem Einsatz der Kommune zu tun. „Die große Unterstützung durch die Gemeinde war ganz entscheidend für uns“, so Reder. „Sie hat uns gezeigt, dass sie unsere Arbeit wertvoll findet und wir wichtig sind für den Ort“.

Fotocredits: Feuerwehr List