Exklusiv-Umfrage
Bürgermeisterinnen häufiger bedroht als männliche Kollegen
Es ist kein Einzelfall, sondern traurige Realität: Die Bürgermeisterin von Hauzenberg im Landkreis Passau, Gudrun Donaubauer, hat voriges Jahr mehrere Drohbriefe erhalten. Zwei der Briefe enthielten eine tote Maus. In einem dritten Brief befand sich eine pulverähnliche Substanz. Die Briefe waren an das Rathaus geschickt worden und zu ihr nach Hause. Die Bürgermeisterin vermutete damals, dass es einen Zusammenhang mit geplanten Windrädern in der Gemeinde gab. Auch ihr Vater, so berichtete der Bayerische Rundfunk, erhielt Drohungen.
In größeren Gemeinden häufiger Bedrohungen gegen Politiker
Weibliche Amtsinhaberinnen berichten noch häufiger als ihre männlichen Kollegen von Erfahrungen mit Beleidigungen und Übergriffen und Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in größeren Gemeinden häufiger als diejenigen in kleinen Gemeinden. 76 Prozent der Frauen wurden im Rahmen ihrer Tätigkeit schon einmal beschimpft, bedroht oder sogar tätlich angegriffen. 13 Prozent gaben an, sexuell belästigt worden zu sein, bei den Männern hingegen sind es nur 2 Prozent, die dies berichten.
Je größer die Gemeinde, desto häufiger wurden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister durch Briefe oder Faxe bzw. durch Hass-Mails oder in sozialen Netzwerken beleidigt oder bedroht. Bürgermeister/innen in Ostdeutschland berichten noch etwas häufiger ihre Kolleg/innen in Westdeutschland von Hass-Mails oder Beleidigungen in sozialen Netzwerken.
Die Hälfte der befragten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister (49 Prozent) gibt an, bei der nächsten (Ober-) Bürgermeisterwahl wieder antreten zu wollen. 33 Prozent wollen nicht wieder antreten, 18 Prozent haben sich noch nicht entschieden.
Nur jede zehnter Bürgermeister ist weiblich
Dabei sind Frauen an der Spitze der Rathäuser ohnehin massiv unterrepräsentiert. 91 Prozent der Bürgermeister in Deutschland sind männlich, wie die repräsentative Forsa-Umfrage ergeben hat. Dass nicht einmal jede zehnte Kommune von einer Frau regiert wird, hat viele Gründe. Die Bedingungen für Frauen sind im Amt schwerer als für Männer, so geben Bürgermeisterinnen an, bei ihrer Kandidatur stärker mit Widerständen konfrontiert zu sein.27 Prozent sind mit Vorbehalten wegen ihres Geschlechts konfrontiert, so das Ergebnis der Umfrage.
Doch auch Bürgermeister werden immer wieder Ziel von Angriffen und Bedrohungen. Der Oberbürgermeister von Weißwasser(O.), Torsten Pötzsch, kann froh sein, dass er mit dem Leben davon kam. 2019 hatten Unbekannte die Radmuttern an den Rädern meines Privatautos gelockert, eine Mutter und Radmutterbolzen fehlten ganz. Die Tat konnte bislang nicht aufgeklärt werden, die Ermittlungen laufen immer noch.
"Nach 70 Kilometern Fahrt habe ich gemerkt, dass etwas mit dem Wagen nicht stimmt und bin langsam nach Hause zurückgefahren. In der Werkstatt wurde dann festgestellt, dass sich jemand an den Reifen zu schaffen gemacht haben muss", erinnert sich Pötzsch. Für sein Engagement gegen Hass und die Spaltung der Gesellschaft erhielt er 2020 den Deutschen Nationalpreis. Dabei betonte er: "Ich nehme den Preis stellvertretend für die vielen Bürgermeister in Gemeinden und Städten entgegen, die sich immer wieder Angriffen auf die eigene Person, die Familie, auf Freunde und Bekannte ausgesetzt sehen. Wer sich als Politiker lokal engagiert, bekommt oft die Wut und den Frust ab."