Forsa-Chef Manfred Güllner warnt Kommunalpolitiker vor Ideologisierung
Forsa-Chef Manfred Güllner warnt Kommunalpolitiker vor Ideologisierung

Kommunalpolitiker sollten nicht ideologisch argumentieren

In unserer letzten Ausgabe führte der Politologe Christian Martin die sinkende Wahlbeteiligung auf eine Depolitisierung in der Kommunalpolitik zurück. Das Gegenteil ist der Fall, meint Forsa Chef Manfred Güllner.

Eine „Depolitisierung“ findet auf der lokalen Politikebene gerade nicht statt. Kommunalpolitiker machen genau das Gegenteil. Es ist eine eine zunehmende Ideologisierung der Politik vor Ort zu registrieren. Und die stößt bei immer mehr Bürgern auf solch großen Unmut, dass man sich an lokalen Wahlen nicht mehr beteiligt.

Kommunalpolitiker sollten Ideologie beiseite lassen

An dieser Ideologisierung tragen einerseits SPD und CDU, andererseits die Abschaffung der Sperrklausel bei allen Kommunalwahlen Schuld. Die SPD begann die Ideologisierung der Kommunalpolitik bereits in den 1970er Jahren, als in die Ortsvereine viele neue, eher „überbildete“ neue Mitglieder aus der Mittelschicht strömten. Diese neuen, mit guten Kommunikationsfähigkeiten ausgestatteten Mitglieder revoltierten gegen den mit dem Godesberger Programm eingeleiteten rational-pragmatischen Politikstil der SPD-Führung und begannen mit einer ideologischen Rückwärtsrolle der Partei zunächst auf lokaler Ebene. Die daraufhin eintretenden Verluste von einstigen Hochburgen der Partei (in Frankfurt am Main wurde 1977 Walter Wallmann von der CDU und in München 1978 Erich Kiesl von der CSU Oberbürgermeister) hinderten die Protagonisten der Re-Ideologisierung nicht daran, ihren Kurs fortzusetzen.

Die CDU rief nach dem Verlust ihrer Macht in Bonn zum „Marsch auf die roten Rathäuser“ auf und betonte die ideologischen Differenzen der Parteien an sich („Freiheit oder Sozialismus“). Bis heute wird als Folge dieser Entwicklungen in den Rathäusern eher „große“ und weniger „lokale“ Politik betrieben.

Von Kommunalpolitikern wird Ausgleich der Interessen erwartet 

Die von SPD und CDU begonnene Ideologisierung der kommunalen Politik wurde dann durch die flächendeckende Aufhebung der Sperrklausel weiter verstärkt, als zunehmend kleine und kleinste Gruppen mit Partikularinteressen – darunter auch viele stadtbekannte Querulanten – in die Gemeindevertretungen einzogen.

Doch diese zunehmende Ideologisierung der Politik vor Ort führte dazu, dass die eigentlich von den Bürgern gewünschte Aufgabe der Kommunalpolitik, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen der einzelnen Bevölkerungsgruppen in der Stadt herzustellen, immer weniger wahrgenommen wird. Deshalb wenden sich die Bürger trotz noch immer vorhandenen Vertrauens zu vielen Institutionen vor Ort von den Parteien auch vor Ort ab.

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