Windenergie direkt neben der Stadt
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Windenergie - Eine gute Idee für Ihre Kommune?

Die Windenergie hat großes Potential für die Energiewende - viele Städte und Gemeinden wollen hier als gutes Vorbild vorangehen. Doch besonders Bürgerproteste werden zunehmend zum Problem. Lohnt sich ein Windpark in der eigenen Kommune? Was ist zu beachten? Und wie überzeugt man die Bürger?

An der Windkraft kommen Städte und Gemeinden in Deutschland nicht vorbei. Als wichtiger Teil der Erneuerbaren Energien ist die Windenergie eine Technologie, mit der sich Städte und Kommunen auseinandersetzen müssen, wenn sie sich am Gelingen der Energiewende beteiligen möchten. Im Jahr 2017 lieferte die Windenergie nach Zahlen der AG Energiebilanzen etwa 16,2 Prozent der Bruttostromerzeugung. Damit liegt sie nach der Braunkohle (22,5 Prozent) auf dem zweiten Rang aller Einzeltechnologien. Sie liefert somit mehr Strom als Steinkohle, Erdgas und Kernenergie. Von allen regenerativen Energien hat die Windenergie damit den größten Anteil am Strommix in Deutschland. Dieser Anteil ist jedoch noch deutlich ausbaufähig. Daher überlegen viele Kommunen Windkraftwerke auf ihrem Stadt- oder Gemeindegebiet zu errichten und so als gutes Beispiel voranzugehen. Dabei gibt es jedoch vieles zu beachten. Nicht zuletzt müssen die Bürger mitgenommen werden, denn Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen haben schon so manches Projekt auf Eis gelegt.

Über die Hälfte des Strombedarfs ist abdeckbar

Ein Windrad kann den jährlichen Strombedarf von etwa 1.400 Haushalten decken. Strategisch gut gelegene und aufgebaute Windkraftanlagen können sogar bis zu 5.000 Volllaststunden erreicht werden. Die höchsten Werte erreichen dabei Offshore-Windparks. Würden nur 0,75 Prozent der Landfläche Deutschlands für Windenergieanlagen genutzt, könnten die Anlagen 20 Prozent des deutschen Strombedarfs decken – Zu diesem Schluss kommt der „Potenzialatlas Deutschland“, der von der Agentur für Erneuerbare Energien 2010 veröffentlicht wurde. Dem gegenüber stehen 13,8 Prozent der Landfläche Deutschlands, die für die Windenergienutzung verfügbar und sinnvoll wären. Das Potential errechnete das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik auf Grundlage detaillierter Geodaten und moderner Windenergieanlagentechnik 2013 für das Umweltbundesamt. Die Studie hat jedoch Faktoren wie artenschutzrechtliche Belange oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht erfasst und somit wird das Potential heute geringer geschätzt. Laut Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, ist das Potential der Onshore-Windenergie in Deutschland selbst unter restriktiven Flächennutzungskriterien so hoch, dass 60 Prozent des Strombedarfs über sie gedeckt werden könnten.

Kommunen lenken den Bau der Windenergieanlagen

Um diese Potentiale ausschöpfen zu können, sind die Kommunen besonders wichtig. Sie sind gemeinsam mit den Trägern der Regionalplanung dafür verantwortlich entscheidende Festlegungen für die Windenergienutzung in Regionalplänen, Flächennutzungs- und Bebauungsplänen zu beschließen. So können Städte und Gemeinden die konkrete Ausgestaltung von Windenergieprojekten gestalten. Auch können sie aus ihrer Sicht geeignete Flächen für Windparks vorschlagen. Abstände zwischen Windenergieanlagen und Bebauung sind durch das Bundesimmissionsschutzgesetz und die dazugehörigen Verordnungen geregelt. Das immissionsschutzrechtliche Verfahren soll den Schutz vor Schall und Schattenwurf gewährleisten und bietet allen beteiligten Parteien Rechtssicherheit.

Welche Kommunen eignen sich zur Erzeugung von Windenergie?

Ob die eigene Kommune für eine Windenergieanlage geeignet ist, hängt von den Standorteigenschaften ab. Moderne Anlagen mit Türmen über 100 Metern ermöglichen die Windenergienutzung in den meisten Regionen Deutschlands. Wie stark der Wind in der eigenen Kommune weht, kann man anhand von Windkarten abschätzen, etwa vom Deutschen Wetterdienst. Bevor man eine konkrete Planung beginnt, sollten allerdings einige Gutachten erstellt werden. Hier kann etwa der Bundesverband Windenergie weiterhelfen. Die Vergütung der Windenergie ist in Deutschland über das Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Die dort festgeschriebene Vergütungsgarantie über 20 Jahre schließt Kredite für die Finanzierung mit ein. Bei kommunalen Windenergieprojekten fließen die Einnahmen aus dem Stromverkauf direkt an die Gemeinde. Betreibt ein kommerzieller Investor einen Windpark auf dem Stadt- oder Gemeindegebiet, kann die Kommune über die Gewerbesteuereinnahmen profitieren. Entscheidende Faktoren bei den Investitionskosten für einen Windpark sind die Größe der Generatorleistung, der Rotordurchmesser und die Höhe der Windkraftanlage. Wenn für den Bau der Windenergieanlagen neue Wege und Leitungen angelegt werden müssen, ist auch das in den Investitionskosten zu berücksichtigen. Transport, Montage und Material für die Windkraftanlage machen etwa drei Viertel der Kosten aus. Investitionsnebenkosten sind Kosten für das Grundstück, die Planung, ein Fundament und die Netzanbindung. Für ein Windrad rechnet man derzeit mit Investitionskosten von rund 1.000 Euro pro Kilowatt Leistung.

Das Erneuerbare-Energie-Gesetz
Das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) regelt in Deutschland die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ins Stromnetz und definiert für die Erzeuger feste Einspeisevergütungen. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung soll bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent erhöht werden. Nach der Einführung des EEG im Jahr 2000 ist das Gesetz 2004 und 2009 durch Neufassungen angepasst worden. 2011 wurden umfassende Novellierungen beschlossen, die überwiegend 2012 in Kraft getreten sind. Der zu einer EEG-Anlage nächstgelegene Stromnetzbetreiber ist zu deren Anschluss und zur vorrangigen Einleitung des erzeugten Stromes verpflichtet. Die Zahlung der festgelegten gleitenden Marktprämie ist als gesetzliches Schuldverhältnis verankert und darf nicht vom Abschluss eines separaten Vertrages zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Netzbetreiber abhängig gemacht werden.

Wie umgehen mit Bürgerprotest?

Während der Bau einer Windkraftanlage in vielen Fällen rentabel für die Kommunen ist, ist sie ein Risiko bezüglich der Bürgerzufriedenheit. Angst vor Lärmbelästigung, Schattenwurf und dem Wertverlust ihrer Grundstücke, sorgen dafür, dass sich Bürger vielerorts gegen geplante Windkraftanlagen zusammenschließen. „Gegenwind Hohenbucko“, „Bürgerinitiative Vernunftkraft Vreden“ oder „Bürgerinitiative gegen den Bau von Windrädern im Windpark Wagensonnriegel zum Schutz der Natur und unseres Waldes“ sind Beispiele für die über 1.000 Verbände und Initiativen, die sich auf einer Internetplattform gegen den Bau von Windrädern aussprechen.

Brandenburg arbeitet an der Akzeptanz

In Brandenburg versucht man die Akzeptanz der Bürger nun durch eine Windkraft-Abgabe zu erhöhen. Betreiber von Windkraftanlagen sollen nach dem neuen Gesetzesentwurf eine jährliche Sonderabgabe von 10.000 Euro zahlen. Der „Windkraft-Euro“ wird den Kommunen zugutekommen, die in einem Drei-Kilometer-Radius um das Windrad liegen. Die Sonderabgabe soll verpflichtend sein. Sie wird allerdings nur für neue Anlagen gelten. Zuvor hatte das Land bereits eine Vermittlungsstelle Windkraft gegründet. Sie ist bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg eingerichteten und versucht in Form von Moderation und Mediation, Sackgassen aufzulösen. Die Einrichtung vermittelt bei der Flächenausweisung für Kraftwerke der Wind- und Sonnenenergie etwa Informationen zur Bürger- und Gemeindebeteiligung und hilft bei der Planung eigener kommunaler Projekte. Das Land will die Kommunen so in der Gemengelage zwischen Bürger- und Gemeindeinteressen unterstützen.

DStGB: Gewerbesteuerbeteiligung muss steigen

Auch beim Deutschen Städte- und Gemeindebund macht man sich Gedanken, wie die Akzeptanz der Bürger erhöht werden kann. „Vor diesem Hintergrund ist die Vorgabe im Koalitionsvertrag zur besseren Beteiligung der Kommunen an der Wertschöpfung ausdrücklich zu begrüßen. Erforderlich ist es, neue Möglichkeiten zu schaffen, wie Erneuerbare Energie-Anlagen zur lokalen Wertschöpfung beitragen und einen langfristigen und substantiellen finanziellen Ausgleich für die mit den Anlagen verbundenen Lasten liefern können“, sagt etwa der Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Kommunalwirtschaft, Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Der Ausschuss sprach sich in diesem Zusammenhang auch für eine bessere finanzielle Beteiligung der Standortgemeinden von Windenergie- und PV-Anlagen bei der Gewerbesteuer aus. Die im Jahr 2009 mit dem Ziel der Akzeptanzsteigerung eingeführte Sonderregelung zur Gewerbesteuerzerlegung hat nicht die erwarteten Verbesserungen beim Gewerbesteueraufkommen gebracht.

Der bestehende Zerlegungsmaßstab hat sich für die Standortgemeinden aufgrund der Abschreibungen für Erneuerbare Energie-Anlagen als unzureichend erwiesen. Der Koalitionsvertrag formuliert die klare Zielstellung, die Standortgemeinden stärker an der Wertschöpfung von Erneuerbare Energie-Analgen zu beteiligen. Um langfristig erfolgreich zu sein, muss die Beteiligung der Städte und Gemeinden auf mehrere Säulen gestellt werden. Dazu muss die Gewerbesteuerzerlegung angepasst und eine bessere Verteilung des bestehenden Aufkommens erreicht werden

Bernhard Gmehling

Windenergie
Oberbürgermeister Bernhard Gmehling

Sollte das Binnenland Windparks bauen?

Die Menge des produzierten Stroms durch Windkraft variiert stark von Bundesland zu Bundesland. Den meisten Strom erzeugt Niedersachsen gefolgt von Brandenburg und Schleswig-Holstein. Den geringsten Ertrag steuern neben den Stadtstaaten das Saarland, Baden-Württemberg und Thüringen bei. Bisher werden in Norddeutschland die meisten Windkraftanlagen gebaut, da dort die höchsten Windgeschwindigkeiten zustande kommen. Zusätzliche Windparks im Binnenland könnten hingegen die Energiesicherheit deutlich erhöhen. Bei der Herangehensweise an das Thema Erneuerbare Energien lassen sich bei den Ländern durch ihre Pläne zur Windenergie große Unterschiede erkennen. Während Schleswig-Holstein ab 2020 300 Prozent seines theoretischen Strombedarfs durch Erneuerbare Energien decken möchte – den größten Teil davon durch Windenergie und Niedersachsen bis 2020 90 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Quellen beziehen will, wovon der größte Teil von der Onshore-Windenergie gedeckt werden soll, erhöhte die nordrhein-westfälische Regierung im Jahr 2005 den Mindestabstand für neu zu bauende Windenergieanlagen zum nächsten Gebäude von 500 Meter auf 1.500 Meter. Damit brachte sie den Bau von neuen Anlagen fast zum Erliegen. Im Juli 2011 lockerte die rot-grüne Landesregierung die Bestimmungen.