Montabaur - eine Stadt im Wandel!

Infrastruktur: Revitalisierung des ländlichen Raums

20. Oktober 2017
Wohnraummangel in überfüllten Städten, Leerstände und Landflucht in der Peripherie. Das muss nicht sein, wie ein Beispiel aus dem Westerwald zeigt. Die infrastrukturelle Erschließung birgt den Schlüssel zum Erfolg, zu dem auch verdichtetes Bauen gehört.

Text: Marc Wilhelm Lennartz Das ländliche Montabaur im Westerwald ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Bedingt durch den Anschluss an die ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse Köln–Frankfurt im Jahr 2002, wurde die Kleinstadt verkehrspolitisch in die Moderne geführt. Seitdem verzeichnet die damals schrumpfende und verschuldete Kommune sukzessive einen wachsenden Zuzug von Unternehmen, Einwohnern sowie Ein- und Auspendlern. Denn der 300 km/h schnelle ICE verbindet Montabaur mit den beiden Oberzentren Köln und Frankfurt und deren internationalen Großflughäfen staufrei in knapp 30 Minuten. Dazu kommt eine ebenso schnelle, terrestrische Internetverbindung auf Glasfaserbasis, da der Gründer einer namhaften Internetfirma aus Montabaur stammt und dafür gesorgt hat, dass diese überlebenswichtige Autobahn des 21. Jahrhunderts hier mit Höchstgeschwindigkeit befahren werden kann. Letztlich bildet diese zeitgemäße, infrastrukturelle Erschließung die Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung Montabaurs, der schon hochqualifizierte Dienstleister gefolgt sind, die sich aufgrund des weitaus günstigeren Preisniveaus im ländlichen Westerwald niedergelassen haben. Gabi Wieland, die Bürgermeisterin von Montabaur, bestätigt den Trend: „Die Verkehrsanbindung ist ein wesentlicher Standortvorteil von Montabaur. Gerade angesichts hoher Miet- und Eigenheimpreise in den Ballungsgebieten Frankfurt und Köln bieten wir insbesondere Pendlern mit dem günstigeren Wohnangebot in einer gut erreichbaren Kleinstadt im Grünen mit guter Infrastruktur eine attraktive Alternative.“

Die Stadt hat viel in die Infrastruktur investiert

Im Zuge dieser Entwicklung hat die Stadt auf dem stillgelegten Gleisbett des alten Bahnhofs ein attraktives Mischquartier in bester Lage erschlossen. Auf der einen Seite eine ländlich anmutende Szenerie mit dem Schloss Montabaur, auf der anderen Seite, nur 3 Fußminuten entfernt, der ICE-Bahnhof mit dahinter verlaufender A3. Diese städtebauliche Verzahnung, die sowohl den Verkehr als auch den Lärm, Abgase wie auch Feinstaubemissionen signifikant reduziert, drückt sich auch in den bewusst gering gehaltenen PKW-Parkflächen aus – in dem Viertel fährt man mit der Bahn oder geht zu Fuß. Im Idealfall wird sogar im Erdgeschoß gearbeitet und in den Obergeschossen gewohnt. Dabei präsentiert sich das neue Stadtviertel urban. Gründe genug für einen Holzbau-Unternehmer, hier die erste mehrgeschossige Prototypsiedlung der Unternehmensgeschichte zu bauen, die sich an eine Klientel richtet, die die Vorzüge des Landes mit der Infrastruktur einer Stadt verbinden möchte. Denn in Zeiten knapp werdender Flächen, sinkender Zahlen an zahlungskräftigen Bauherren von Einfamilienhäusern und kleineren Baugrundstücken bedarf es auch auf dem Land neuer Baustrategien. Die viergeschossigen Holzbauten versorgen sich unter anderem durch einen Eisspeicher und Solarenergie selbst. Zudem zog der neue, belebte Innenstadtkern bald ein Fashion Outlet Center an – das Unternehmen investierte in der Kleinstadt 70 Millionen Euro. 1,5 Millionen Besucher kommen jährlich zum shoppen und flanieren.

Der modernisierten Infrastruktur folgte eine Zuzugswelle

Der fortlaufende Zuzug spiegelt sich auch im wachsenden Bedarf an neuen Kita-Plätzen wieder, während andernorts der darbende ländliche Raum allenfalls noch durch den Bau von Seniorenheimen wächst. So plante man für rund 2,9 Mio. Euro den Bau einer neuen Kindertagesstätte mit ursprünglich 85 Betreuungsplätzen. Doch schon während der Bauphase musste umdisponiert werden: aufgrund der ungebremsten Nachfrage und Zuzug erweiterte man das Bauvorhaben um einen aufgeständerten Anbau, so dass die Kita nun eine Kapazität von 145 Plätzen bereithalten wird. Darüber hinaus wird noch in diesem Jahr mit dem Bau einer weiteren Kindertagesstätte in unmittelbarer Nachbarschaft zum Krankenhaus begonnen: Spatenstich für den Bau soll noch in diesem Herbst sein. „Der Bedarf an Kita-Plätzen in Montabaur steigt immer noch. Wir brauchen dringend weitere Kapazitäten“, betont Bürgermeisterin Gabi Wieland. Die Finanzierung steht dabei nicht zur Disposition. Denn die Steuereinnahmen sind weiter gestiegen. Es herrscht sogar fast Vollbeschäftigung, so dass die Stadt freiwillige Zusatzleistungen für die Integration von Migranten bereitgestellt hat, da diese Menschen einen Teil der Zukunft Montabaurs bilden. Des Weiteren ist die Einwohnerzahl in den letzten sechs Jahren um fast 700 auf nunmehr 13.500. Die Steuereinnahmen werden in diesem Jahr voraussichtlich um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigen.

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Das Beispiel in Montabaur zeigt auf, wie der aktuell personell und strukturell ausblutende, ländliche Raum als Lebens-, Siedlungs- und Wirtschaftsraum revitalisiert werden kann. Dazu braucht es systemimmanent moderne, zeitgemäße Infrastrukturen, wie eine Hochgeschwindigkeits-Bahnverbindung die in hoher Taktung fährt, und eine Internetverbindung auf Glasfaserbasis in jedes Gebäude. Die derzeitige Situation, bei der die Agglomerationen sprichwörtlich auf mehrstöckigen, achtspurigen Autobahnen und von mehreren Anbietern fürstlich versorgt multimedial vernetzt fahren, während die ruralen Gebiete auf steinzeitlichen Lehmpfaden ohne jede Anbindung zu Fuß laufen, wird in einem so kleinen und dicht besiedelten Land wie Deutschland mit seiner grundsätzlich gesunden, dispersen Siedlungsstruktur auf Dauer nicht zielführend sein. Die Städte ächzen unter dem stetig steigenden Siedlungsdruck, bezahlbarer Wohnraum fehlt allerorten. Dem entsprechend sind die Flächen knapp und teuer und der als Lösung erkorenen Nachverdichtung und Aufstockung sind systemische Grenzen gesetzt. Zudem ist die Luftqualität in den Ballungsräumen, insbesondere durch die hohe Verkehrslast und die täglichen Stauaufkommen, schlecht, und die Lärmbelästigung hoch.

Der Bürgermeister blickt optimistisch in die Zukunft

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Montabaur, Edmund Schaaf, hat denn auch die Zeichen der Zeit erkannt: „Der neue ICE-Bahnhof und die Autobahnen A3 und A48 bilden gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung unserer Verbandsgemeinde zu einem attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort. Die politisch Verantwortlichen haben es verstanden, durch mutiges und zielgerichtetes Handeln die Chancen zu nutzen, unter anderem durch den bedarfsgerechten Ausbau unserer Schulen, fortschrittliche Betreuungsangebote für Kinder und den Aufbau eines leistungsstarken Glasfasernetzes im Eigentum der Kommune.“