Brandbrief eines Bürgermeisters und einer Landrätin - ein abgelehnter Asylbewerber terrorisiert seit Jahren die Bevölkerung - wird aber nicht abgeschoben
Brandbrief eines Bürgermeisters und einer Landrätin - ein abgelehnter Asylbewerber terrorisiert seit Jahren die Bevölkerung - wird aber nicht abgeschoben
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Brandbrief

Intensivtäter: Bürgermeister und Landrätin schicken Hilferuf ans Land

Die Stadt Apolda in Thüringen wird von einem Intensivtäter terrororisiert. Seit 10 Jahren lebt er in Deutschland und hat unzählige Vorstrafen. Der schon vor Jahren abgelehnte Asylbewerber begeht weiter eine Straftat nach der anderen. Kaum wieder aus dem Gefängnis, muss die Polizei in der Asylbewerberunterkunft wieder anrücken. Zuletzt wurde er am 9. Juli entlassen und sorgte innerhalb von 24 Stunden für vier Polizeieinsätze. In einem Brandbrief flehen der Bürgermeister der Stadt und die Landrätin nun das Land Thüringen um Hilfe an.

Bei dem Intensivtäter soll es sich um einen 42 jährigen Mann aus Marokko handeln. Aber so ganz klar ist das nicht. Denn allein den deutschen Behörden ist der Mann unter drei verschiedenen Identitäten bekannt. Sicher ist nur, dass er im Jahr 2014 aus Italien kam und damals angab, ein staatenloser 19-jähriger Mann zu sein, wie die Thüringer Allgemeine Zeitung berichtet. 

Apolda liegt im Landkreis Weimarer Land in Thüringen und hat rund 23.000 Einwohner. Seit dem Jahr 2014 lebt er in Deutschland. Nun wollen Bürgermeister Olaf Müller und die Landkrätin Christine Schmidt-Rose den Intensivtäter nun endlich loswerden. In dem verzweifelten Hilferuf an Ministerpräsident Bodo Ramelow beschreiben die beiden, warum aus ihrer Sicht von dem Mann ein erhebliches Sicherheitsrisiko ausgeht.

Vor wenigen Tagen musste er wieder "mit Zwangsmitteln in Gewahrsam genommen werden" schreiben die beiden. 

Neben asylrechtlichen Vergehen ist seine Liste mit Straftaten ellenlang. Da kommen neben Drogendelikten und Hehlerei auch Beleidigungen - teils mit sexuellem Hintergrund - ebenso dazu wie unzählige Körperverletzungen, mehrere schwere Körperverletzungen und vieles mehr. Der Bürgermeister und die Landrätin zählen die Delikte in dem Brief auf. 

Intensivtäter schafft Unruhe in der Bevölkerung und in der Verwaltung 

Bürgermeister und Landrätin schreiben in ihrem Brief, der soziale Frieden im Ort sei in Gefahr und weiter: „Wir sehen uns zu diesem Schreiben gezwungen, da uns mittlerweile besorgte Bürgeranfragen erreichen und sich bereits zum wiederholten Mal Widerstand in der Bevölkerung erhebt und der soziale Frieden in Gefahr gerät“.

Der Mann stelle ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar und sei nicht mehr kontrollierbar. 

Nach den gleich vier Polizeieinsätzen innerhalb eines Tages nach seiner jüngsten Entlassung sind sich Bürgermeister und Landrätin nun sicher: „Diese bisher letzten Vorfälle haben nochmals verdeutlicht, dass der betreffende Straftäter nicht kontrollierbar ist“. Sie forderten den Ministerpräsidenten auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um dem Treiben dieses Intensivtäters ein Ende zu bereiten. 

Der seit Jahren ausreisepflichtige Intensivtäter lebte allerdings nicht immer in Apolda. Zuvor lebte er im Ilm-Kreis - auch dort waren die Behörden offenbar nicht mehr Herr der Lage, weshalb der Kreis beim Land und Hilfe und "dringende Umverteilung" bat. Das Los fiel daraufhin auf das Weimarer Land, genauer auf die Unterkunft in Apolda. 

Der Intensivtäter selbst sieht sich als Opfer 

Die Bild-Zeitung hat den ausreisepflichtigen Marokkaner in der Flüchtlingsunterkunft getroffen. Nach Angaben des Blattes lebt er dort in einem Einzelzimmer in der unteren Etage, die direkt neben dem Wachschutz am Eingang liegt. 

Auf seine langjährige kriminelle Karriere angesprochen sagt er dem Blatt: "Als ich etwa im April 2019 verhaftet wurde, dann nur wegen Dingen, die ich gar nicht getan habe. Da zeigten mich Leute an, die ich gar nicht kannte. Ich kam drei Jahre und sieben Monate in Untersuchungshaft.“

Immerhin gestand er ein, unter falschem Namen und mit falscher Altersangabe aus Italien nach Deutschland eingereist zu sein. Wörtlich zitiert Bild ihn: "„Ich kam mit falscher Identität, falschem Namen hierher. Erst Ende 2018, Anfang 2019 korrigierte ich das, weil meine Ex-Freundin aus Apolda schwanger wurde und ich seit fünf Jahren Vater meiner Tochter Mina bin.“

Die Familie hat nach eigenen Angaben derweil Todesangst vor ihm. Die Oma des Kindes sagte Bild: "„Durchgehend seit vier Jahren verfolgt er uns. Wir werden von ihm mit einem Messer bedroht, er stalkt uns, er beleidigt uns mit schlimmen Schimpfwörtern.“ Er habe gedroht, seine Tochter ins Ausland zu verschleppen.

Die Mutter bringe das Kind inzwischen aus Angst auch nicht mehr in den Kindergarten - auch da habe er sie gestalkt. 

Von der Boulevard-Zeitung auf die Situation angesprochen, dass Menschen Todesangst vor ihm haben, antwortet der Marokkaner: „Wovor haben sie Angst? Wovor? Ich habe keine Ahnung.“

Er sei gelernter Koch, spreche sechs Sprachen. Er wolle arbeiten, könne aber nicht, weil ihn wegen des vorläufigen Ausweises niemand einstelle, jammert er.

Warum der Intensivtäter nicht abgeschoben wird 

In dem Brief fordern der Bürgermeister und die Landrätin, dem Treiben des abgelehnten Asylbewerbers endlich ein Ende zu setzen. Zur Not auch mit einer erneuten Verlegung in eine andere Asylunterkunft. 

Denn beide wissen: Mit einer schnellen Abschiebung ist nach 10 Jahren nicht zu rechnen. Laut Thüringer Allgemeinen scheitert das seit Jahren an den Behörden in Marokko. Sie hätten noch immer nicht alle Dokumente zugeliefert. Bis seine Papiere vollständig seien, müsse er weiter in Deutschland geduldet werden. 

Hintergrund: Mit Marokko gibt es zwar ein Rückführungsabkommen. Trotzdem finden Abschiebungen dorthin so gut wie nie statt. Das Abkommen stammt aus dem Jahr 1998. Im JAhr 2023 hat sich Bundesinnenministerin Faeser daher zusätzlich auf eine Sicherheitskooperation geeinigt. Es sollte mehr Zusammenarbeit bei den Themen Migration und Abschiebungen bringen. 

Nach Zahlen des Bundesinnenministeriums leben in Deutschland knapp 4000 Marokkaner, die ausreisepflichtig sind. Bisher hat Marokko aber kein großes Interesse daran gezeigt, seine Staatsbürger zurückzunehmen. Sammelabschiebungen per Charter-Flug lässt das Land nicht zu, so dass immer nur einzelne Rückführungen per Linie möglich sind. Im zweiten Halbjahr des Jahres 2023 hat Deutschland nur acht marokkanische Staatsbürger aus Deutschland abgeschoben.