Als Bösewicht will er zum Bürgermeister gewählt werden - spannende Bewerbung in der Partnerstadt von Düsseldorf
Als Bösewicht will er zum Bürgermeister gewählt werden - spannende Bewerbung in der Partnerstadt von Düsseldorf
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Wahlkampf in Japan

Politiker will als Joker verkleidet Bürgermeister werden

Andere Länder, andere Sitten. Nachdem in Mecklenburg-Vorpommern ein Kater nicht zur Wahl zum Bürgermeister zugelassen wurde, spotten wir gerne mal über Spaß-Bewerbungen. Auf den ersten Blick klingt auch die Bewerbung eines Politikers im Speckgürtel von Tokio in Japan wie eine solche Bewerbung. Doch auf den zweiten Blick trauen Umfragen dem Mann aus der Partnerstadt von Düsseldorf tatsächlich zu, den amtierenden Bürgermeister aus dem Amt zu jagen. Nicht zuletzt wegen eines professionellen Videos.

Er hat ein wahrlich ehrgeiziges Programm: Yuusuke Kawai will in der Präfektur Chiba zum Bürgermeister gewählt werden. Soweit keine Meldung für eine deutsche Plattform, die Kommunalpolitiker, Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeiter adressiert. Doch auch in Deutschland gibt es ja immer wieder Diskussionen, wie "ungewöhnlich" ein Wahlkampf denn sein darf. Da ist die 31-jährige Kandidatin, die sich in Papenburg per Autokino zur Bürgermeisterkandidatin wählen lässt. Da tauchen Kandidaturen von Katzen auf, die dann vom Wahlleiter nicht zugelassen werden. Zugegeben nichts gegen das Ausland - in den USA wurde jüngst eine Bulldogge zum Bürgermeister gewählt. In Japan sieht das aktuell etwas anders aus. Auf den ersten Blick geht es um eine Spaß-Kandidatur. Yuusuke Kawai hat sich als Joker aus dem Film "Der Joker" verkleidet, taucht grundsätzlich in diesem Bösewicht-Kostüm auf. 

Ein Bösewicht als Bürgermeister? 

Keine Frage, der Clown, der den Joker markiert ist der Inbegriff des politischen Anarchismus. Mit Logik ist er nicht zu bekämpfen. Das Batman-Universum lässt grüßen. Doch der japanische Politiker hat sich den Schurken sehr bewusst zum Vorbild genommen, er will mit Hilfe der Joker-Aura Bürgermeister werden. Und schafft es mit diesem düsteren Antihelden zur Projektionsfigur für die Massen zu werden. Gut 6 Millionen Einwohner leben in der Präfektur Chiba. Ein wohlhabende Region, die die östlichen Vororte von Tokio sowie eine ländliche Halbinsel umfasst. Es gibt einen weltberühmten Buddhisten-Tempel aus dem 10. Jahrhundert und das ausgedehnte Tokyo Disney-Resort liegt ebenfalls in der Stadt Urayasu. Entsprechend lebt die Stadt stark vom Tourismus mit Hotels, Einkaufszentrum und es gibt zudem einen großen Strand an der Pazifikküste. Kurz gesagt: Die Region ist schillernd, die Menschen sind es gewohnt, "etwas ausgeflippter" zu sein. 

Genau da setzt Yuusuke Kawai an. So will er den Flughafen, der ebenfalls nicht direkt in Tokyo, sondern in "seiner" Stadt steht umbenennen ist "Disney Sky" die offizielle Hymne soll dann "Let it go" werden, der Titelsong aus "Die Eiskönigin" (Frozen). Musik ist ohnehin sein Wahlkampfmittel schlechthin. Zahlreiche Videos hat er schon veröffentlicht, am Donnerstag nun kam ein Musikvideo hinzu, das ihn wieder als Joker verkleidet zeigt, wie er zu Tanzmusik durch die Tokioter Vororte stolziert. 

In den ersten 48 Stunden wurde das Video fast 200.000 Mal abgerufen. Öffentlichkeitswirksam ist der Politiker also allemal. Und das Video ist zumindest hochprofessionell produziert. 

Was die Beweggründe des Kandidaten für das Bürgermeisteramt sind 

Die Idee kam ihm tatsächlich über den Film, weil das Thema in seiner Stadt eine so große Rolle spielt. Denn der Film Joker gehört weltweit in der Corona-Pandemie zu den meistgestreamten Filmen. Modern will er sein, die Massen mit modernen Mitteln erreicht, sagte er in dieser Woche einem Fernsehsender aus Tokyo. "Da der Clown ein düsterer Held ist, hatte ich den Eindruck, dass ich so die Unterstützung der Massen bekommen könnte", so der Clown, der sich selbst aber nicht als "Polit-Clown" bezeichnen würde. Es geht ihm um Aufmerksamkeit für seine politischen Forderungen. Denn den bisherigen, amtierenden Bürgermeister der Präfektur wirft er vor, farblos zu sein. Insofern verstehe er sich als "Antipol" zum amtierenden Bürgermeister. Dieser ist seit dem Jahr 2009 Bürgermeister der Region und inzwischen 71 Jahre alt. Die Region umfasst insgesamt 54 Gemeinden mit früher mal über 300 eigenständigen Dörfern. Die Region ist seit zwei Jahren Partnerstadt von Düsseldorf in NRW. 

Corona spielt bei der Wahl ebenfalls eine Rolle 

Auch im Großraum Tokyo gibt es wegen der Corona-Pandemie im Moment Einschränkungen. Zwar haben alle Geschäft geöffnet, auch die Hotels dürfen öffnen. Tourismus, wovon der Speckgürtel lebt, findet aber praktisch nicht statt. Bars und Clubs müssen um 20 Uhr schließen. Die japanische Regierung hat den Ausnahmezustand ausgerufen. Die Menschen sind aufgerufen, möglichst von zu Hause zu arbeiten. Auch von Picknicks unter blühenden Kirchblüten soll abgesehen werden. Auch das in Japan übliche Essen in großen Gruppen ist eingeschränkt. Die Regierung ruft dazu auf, freiwillig auf solche Gruppenansammlungen zu verzichten. Großveranstaltungen finden nur sehr bedingt statt. Trotz der Pandemie ist aber die Arbeitslosenquote in Japan mit 2,9 Prozent sehr gering. In der Präfektur Chiba mit seinen touristischen Angeboten liegt sie sogar leicht darunter.