Energiekrise
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Energiekrise

Kommunen warnen vor dem Blackout

Während Experten sagen, Deutschland sei für den Winter gut gerüstet, sorgen sich viele. Auch ein kurzfristiger Stromausfall könnte regional erhebliche Folgen haben. Die Stadt Augsburg hat jetzt einen Krisenstab "Energieversorgung" eingerichtet, um für verschiedene Notfall-Szenarien vorbereitet zu sein. So will man gewappnet sein für Stromausfälle, sogar einen Blackout. Ein Überblick, wo die Städte und Gemeinden vor dem Winter stehen.

„Wenn man an bestimmten Stellen mal für zwei, drei Stunden auf Strom verzichten muss, dann ist das ein Szenario, das vertretbar ist.“ Mit diesem Satz löste Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey Ende September eine Welle der Empörung in Kommunen aus.  Von „einem Szenario, das an Entwicklungsländer erinnert“, war auf der politischen Bühne die Rede. Was Giffey als „machbar“ hinstellte, ist zumindest für viele kleinere Städte kein völlig unrealistisches Szenario. „Wir können flächendeckende Stromausfälle nicht ausschließen“, heißt es in der Bundesregierung. Ein Stromnetz-Stresstest der Bundesregierung ergab im September, dass „stundenweise krisenhafte Situationen aber sehr unwahrscheinlich sind“.

Blackout möglich aus Angst vor Ausfällen

Experten haben vor allem Sorge um die vielen angeschafften Heizlüfter. Im Herbst gab es in den Baumärkten einen riesigen Ansturm auf die Geräte, schätzungsweise 800.000 neue Geräte wurden verkauft. Gehen diese Heizlüfter bei einem Gasversorgungs-Ausfall zeitgleich ans Netz, dürften Stromausfälle realistisch sein. Und so könnte ausgerechnet die Angst vor Ausfällen zu Ausfällen führen. Christoph Maurer vom Beratungsunternehmen Consentec etwa sagt, die „Angst ist zu einem großen Teil Panikmache“.

Krisenstab zur Energieversorgung

Die Stadt Augsburg hat jetzt einen Krisenstab "Energieversorgung"  unter Leitung von Oberbürgermeisterin Eva Weber eingerichtet. Auf der Grundlage einer Studie rüsten sich die Landkreise Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf a. Inn und Traunstein für die Gefahr eines Blackouts. Zu einem Stromausfall kann es durch Naturkatastrophen, Energieknappheit und Extremwetterereignisse kommen, aber auch durch Sabotageakte und Cyberangriffe. Zuvor hatten die Landkreise im südlichen Bayern gemeinsam eine Studie zum Thema großflächiger und länger währender Stromausfall in Auftrag gegeben. Ziel der gemeinsamen Notfallplanung ist es, dass kritische Infrastruktur über einen längeren Zeitraum sichergestellt wird. Dazu gehören Kliniken, Rettungsdienste, Pflegeheime, digitale Kommunikation, Wasserversorgung, Behörden, Bezahlsysteme und Logistik.

Kommunen sparen Energie

Für den Winter gibt es klare Einsparziele für die öffentliche Hand. Schon seit Sommer versuchten daher viele Kommunen Energie zu sparen, damit es im Winter nicht kalt wird. Die Bandbreite reichte von der geringeren Wassertemperatur im Schwimmbad über kältere Büros und den Aufruf, sich im Rathaus einen Pullover überzuziehen bis hin zur Vorbereitung auf Wärmehallen in vielen Städten. So kühlte München seine Schwimmbäder um satte vier Grad herunter, Wolfenbüttel senkte um 2 Grad und Nürnberg machte seine Hallenbäder bis Ende September ganz dicht. In Augsburg wurden derweil Brunnen abgestellt, Oldenburg verzichtete auf den Einsatz seiner Erdgasbusse.

Auf der Liste standen außerdem die Fassadenbeleuchtungen. Und in Bochum macht das Energiesparen selbst vor dem Krematorium nicht Halt. Hier wird nur noch einer statt zwei Öfen im Betrieb. Dafür wurde vom Zwei-Schicht auf einen Drei-Schicht Betrieb umgestellt. Und jetzt zum Herbst hat die große Diskussion um die Weihnachtsmärkte begonnen. Was vielerorts zwei Jahre lang wegen Corona abgesagt wurde, droht nun wegen der Energiekrise. Rensburg in Schleswig-Holstein war die erste Kommune, die absagte. Hier allerdings nur die traditionelle Eisbahn auf dem Weihnachtsmarkt. Die Kühlaggregate verbrauchen zu viel Strom. Auch in Hamm wurde die Eislaufbahn auf dem Weihnachtsmarkt bereits von der Stadt abgesagt. Es soll eine Kunststoffbahn geben. Auch Offenburg, Neumünster und andere Städte kündigten entsprechende Schritte an.

Weihnachtsmärkte mit weniger Beleuchtung

In Köln hingegen haben sich die Betreiber der fünf großen Weihnachtsmärkte auf gemeinsame Einsparmaßnahmen verständigt. Die Weihnachtsmärkte sollen stattfinden, aber mit deutlich weniger Beleuchtung sowohl während der Veranstaltungen als auch außerhalb der Öffnungszeiten. Der Einsatz von Gasheizungen in den jeweiligen Ständen ist verboten. Freudenstadt in Baden-Württemberg war Anfang September die erste Kommune, die den Weihnachtsmarkt für das Jahr 2022 komplett absagte. Immerhin soll es eine kleinere Alternative als Kunsthandwerkermarkt mit deutlich weniger Ständen und Energiebedarf im örtlichen Kurgarten geben. Zahlreiche Städte wollen zudem auf die Weihnachtsbeleuchtung verzichten. So etwa in den Einkaufsstraßen der Innenstadt. Im Kreis Wesel sorgt ein Pfarrer derweil für Diskussionen – er hat drei Kirchen seiner Gemeinde geschlossen, um die Heizkosten zu sparen. Gottesdienste finden nun im Gemeindesaal statt. Nur zu Weihnachten sollen die drei Kirchen kurz aufgeheizt werden.

Stadtwerke wollen Rettungsschirm

Konkrete Sorgen haben viele Städte derweil um ihre Stadtwerke. Die gestiegenen Preise haben den Liquiditätsdedarf massiv erhöht. Gleichzeig drohen Einnahmeausfälle, wenn mehr Bürger ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen. „Wir sind dem Gemeinwohl verpflichtet und können nicht einfach den Hahn zudrehen“, sagt etwa Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe. Die Kommunen drängen daher auf einen Rettungsschirm für die Stadtwerke. Doch Bund und Länder haben keinen eigenen Rettungsschirm beschlossen.

Sozialer Zusammenhalt in Gefahr?

Große Sorgen machen sich viele Bürgermeister zudem um den sozialen Zusammenhalt. Die Inflation treibt immer mehr Menschen auf die Straßen. In der 60.000- Einwohner-Stadt Plauen in Sachsen etwa gingen schon im September fast 5.000 Menschen auf die Straße, um gegen explodierenende  Preise und die Bundesregierung zu protestieren.

Ähnlich viele waren in Schwerin. In nahezu allen mittelgroßen Städten in Mecklenburg-Vorpommern laufen wieder regelmäßige „Montagsdemonstrationen“. Auch in anderen Bundesländern rufen breite Bündnisse wieder zum Protest auf.

Durch die Energiekrise ist mit einer ähnlichen Lage wie bei den Corona-Protesten zu rechnen.“

Warnung des Bundeskriminalamtes

Das Bundeskriminalamt sieht wachsende Gefahren für die innere Sicherheit. Es sei mit einer ähnlichen Lage wie bei den Corona-Protesten zu rechnen, heißt es dort. Hinzu könnten Besetzungen und Blockaden von Unternehmen der Energie- und Rüstungsindustrie durch Linksextremisten kommen. Das BKA warnt hier auch vor „gewalttätigen Aktionsformen.