Weihnachtsmarkt in Deutschland
Die Weihnachtsmärkte in Deutschland bleiben auch nach dem Anschlag in Magdeburg geöffnet.
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Weihnachtsmärkte

Anschlag in Magdeburg - so reagieren Kommunen

Nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg wird darüber diskutiert, wie die Zugangswege noch besser gesichert werden können. Die Kommunen verschärfen ihre Sicherheitsvorkehrungen erneut.

Dem Attentäter von Magdeburg ist es offenbar gelungen, über einen Rettungsweg auf den Weihnachtsmarkt zu rasen. Mit seinem dunklen Mietwagen fuhr er 400 Meter weit durch die Menschenmenge. Die erschütternde Bilanz der Todesfahrt: Fünf Tote, mehr als 200 Verletzte. Der 50-jährige Mann aus Saudi-Arabien, der Facharzt für Psychiatrie ist und am Klinikum in Bernburg arbeitet, lebte seit 2006 in Deutschland. Er wurde nach der Tat festgenommen.

Weihnachtsmärkte: Sicherheitskonzepte der Kommunen

Bereits nach dem Messerangriff beim Solinger Stadtfest mit drei Toten und mehreren Schwerverletzten im August dieses Jahres haben viele Kommunen ihre Sicherheitskonzepte erneut überprüft und die Vorkehrungen verschärft. Ein 26-jähriger Syrer hatte sich der Polizei gestellt und gestand die Tat.

Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Videoüberwachung

Doch der Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg zeigt, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Die Gefährdungslage bei Veranstaltungen in Deutschland wird als abstrakt hoch eingestuft. Dennoch plädiert auch die Polizei, die Konzepte noch einmal zu überprüfen und die Präsenz zu erhöhen.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, forderte einen intensiveren Schutz von Veranstaltungen in Deutschland. "Wir müssen dringend über die Befugnisse zur Abwehr solcher Taten sprechen: mehr Sicherheit, weniger Datenschutz", sagte Kopelke der Rheinischen Post. "Terror und Anschläge kann man nur durch starke und gut vernetzte Sicherheitsbehörden abwehren." Es werde mehr Videoüberwachung benötigt. "Magdeburg zeigt jetzt schon, wie abhängig wir Ermittler von Videos sind. Wir brauchen schneller eigenes Bildmaterial für Fahndung und Ermittlungen, also mehr Überwachungskameras und eigene Drohnentechnik im öffentlichen Raum" so der GdP-Chef. Auch müsse noch mehr Personal der Polizei im Einsatz sein und Verkehrskonzepte müssten angepasst werden.

Sind Rettungswege das Einfallstor für Attentäter?

Der Weg, den der Attentäter von Magdeburg nahm, war als Rettungsweg freigehalten worden. Es gab dort keine Betonpoller, die ihn abhielten, mit dem Wagen auf den Weihnachtsmarkt zu fahren. So steht nun die Frage im Raum, wie solche Rettungswege personell noch besser gesichert werden können oder mobile Sperren errichtet werden müssen.

So reagiert Berlin auf das Attentat in Magdeburg

Nach dem Anschlag in Magdeburg haben die Kommunen ihre Sicherheitskonzepte weiter angepasst. Berlins Innensenatorin Iris Spranger kündigte an, dass die Polizei ihre Präsenz auf den Weihnachtsmärkten in der Hauptstadt erhöhen werde.  Am Weihnachtsmarkt vor dem Charlottenburger Schloss wurden die Zugangsmöglichkeiten mit Fahrzeugen verstellt. Dafür sorgte laut Berliner Morgenpost der Marktleiter. Zudem stellte der Betreiber des Wintermarkts am Schloss weitere 1,8 Tonnen schwere Betonpoller auf. Vor acht Jahren hatte ein Islamist einen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz verübt. Er fuhr mit dem Lkw in die Menschenmenge, 13 Besucher des Marktes starben als Folge des Attentats. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt. Als Konsequenz auf den Anschlag wurden rund um den Breitscheidplatz Betonpoller aufgestellt.

Gemeinsam mit den Veranstaltern wurden die Zufahrtsmöglichkeiten geprüft.  Die Stadt Celle hat nach Informationen des NDR an mehreren neuralgischen Punkten Sandsäcke aufgebaut. Die Polizei soll dort außerdem verstärkt Streife gehen. In Oldenburg wird nach Angaben eines Polizeisprechers die Präsenz von Beamten auf den Märkten in der Region erhöht.

In Nürnberg ging nach dem Anschlag in Magdeburg der Christkindlesmarkt weiter. Am Rathaus wurde Trauerbeflaggung angeordnet. Bayern schickte mehr Polizisten und Polizistinnen zu den Weihnachtsmärkten. 

Städte- und Gemeindebund: Weihnachtsmärkte keine uneinnehmbare Festungen

Der Ehren-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sprach sich dafür aus, die Balance zwischen Schutz und Freiheit zu wahren. "Die Sicherheit auf Weihnachtsmärkten hat für die Kommunen oberste Priorität", betonte Landsberg gegenüber KOMMUNAL. "Seit Jahren werden die Märkte in enger Abstimmung mit Polizei und Ordnungsbehörden systematisch abgesichert." Klar sei aber auch: "Eine absolute Sicherheit gibt es nicht." Landsberg warnte: "Weihnachtsmärkte dürfen nicht zu uneinnehmbaren Festungen werden." Sie seien Orte des Miteinanders und der Lebensfreude und dieser Charakter müsse erhalten bleiben. Als entscheidend bezeichnete er die frühzeitige Erkennung von sogenannten Gefährdern. "Das ist jedoch keine Aufgabe der Kommunen, sondern der Polizei und der Nachrichtendienste", so Landsberg.

Deutscher Städtetag: Es gibt keinen vollständigen Schutz

Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, betonte, die Kommunen nähmen Terrorwarnungen der Behörden sehr ernst und passen die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort regelmäßig an. Trotz des hohen Aufwandes könne es aber keinen vollständigen Schutz geben. Weihnachtsmärkte seien Orte der Begegnung und der Kommunikation, sagte auch Lewe. "Dieses Miteinander dürfen wir uns nicht nehmen lassen."

Parlamentarisches Nachspiel im Bundestag?

Das Attentat von Magdeburg wird den Wahlkampf auf Bundesebene anheizen. Die Union verlangt eine Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz sagte zu BILD: „Der Anschlag von Magdeburg wirft Fragen zu den Kenntnissen der Behörden von Warnungen aus dem In- und Ausland auf. Diese Fragen müssen noch in diesem Jahr beantwortet werden.“