Mannheims Nachtbürgermeister spricht über das Nachtleben in Kommunen
© Sebastian Weidel

Nachtbürgermeister verrät, wie wichtig das Nightlife ist

Mannheims Nachtbürgermeister setzt sich für das Nachtleben in der Stadt ein, wieso das so wichtig ist und was sein Einsatz bisher gebracht hat, erzählt er im Interview

London, Zürich, Amsterdam, New York und Paris haben ihn schon längst. Und mit Mannheim hat nun auch die erste deutsche Stadt einen Nachtbürgermeister. Hendrik Meier heißt er und wurde vor ein paar Wochen gewählt. Seit dem 01. August ist er nun im Amt. Der 27-jährige gilt als Schnittstelle zwischen Bar-und Restaurantbetreibern, Feiernden und Verwaltung. Bei Konflikten soll Meier zwischen den Parteien vermitteln.

KOMMUNAL war neugierig auf den Mann und darauf, wie die ersten 100 Tage im Amt verliefen, wie die Arbeit als Nachtbürgermeister so ist und warum man sich für den Job entscheidet.

Hallo, Herr Meier. Oder darf ich dich duzen?

Klar! Ich glaube vom Alter her passt das auch besser.

Wieso, wie alt bist du denn?

Ich bin 27 Jahre alt.

Also bist du genauso jung wie ich. Mit 27 Jahren schon Nachtbürgermeister, was ist das für ein Gefühl?

Es ist aufregend, macht viel Spaß. Aber es ist auch anstrengend. Da ich hauptberuflich als Booker arbeite, staut sich da natürlich einiges an Arbeit an. Andererseits ist die hohe Nachfrage aber auch ein Zeichen dafür, dass es definitiv den Bedarf gibt.

Hol uns doch mal in deinen Alltag rein. Wie sieht ein typischer Tag bei Hendrik Meier aus?

Jeder Tag sieht anders aus. Aber normalerweise stehe ich gegen acht Uhr auf und arbeite bis zirka 13 Uhr als Booker. Danach beginnt meine Arbeit als Nachtbürgermeister. Ich beantworte E-Mails, führe einige Telefonate und spreche mit Bar-und Restaurantbetreibern, Anwohnern und der Verwaltung.

Also bist du gar nicht nachts unterwegs, wie dein Titel impliziert?

Nein, das macht auch wenig Sinn. Abends müssen die Betreiber arbeiten, die Gäste sind möglicherweise angetrunken und die Anwohner emotional aufgewühlt. Tagsüber lässt sich deshalb besser und vor allem sachlicher sprechen.

Aber wieso sollen die Akteure eigentlich mit dir sprechen - und nicht direkt mit der Verwaltung?

In den letzten Jahren haben immer mehr Städte erkannt, dass die Nachtökonomie ein wichtiger Bestandteil von wirtschaftlich starken Städten ist. Schließlich ist die Stadt am Abend der Ort, in dem sich die Menschen in ihrer Freizeit aufhalten. Und es ist egal, ob es sich um Restaurants, Bars oder Kinos handelt – es braucht jemanden, der auf die Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Akteure eingeht und vermittelt. In anderen Städten wie etwa Paris oder Amsterdam übernimmt diese Aufgabe der Nachtbürgermeister – und nun auch in Mannheim.

Im Podcast erfahren Sie, welche weiteren Projekte der Nachtbürgermeister bisher umsetzen konnte, welche Rolle das Alter für den Job spielt und ob er glaubt, dass auch ein 60-Jähriger den Job machen kann. 

Welche Voraussetzungen muss man für den Job mitbringen?

Das Amt des Nachtbürgermeisters ist sehr speziell. Denn man muss immer wieder den richtigen Ton treffen – bei all den verschiedenen Menschen. Es gehört Fingerspitzengefühl dazu, die Forderungen der Verwaltung so zu kommunizieren, dass Barbetreiber sie verstehen und nachvollziehen. Aber auch die umgekehrte Kommunikation ist fordernd. Leider gibt es kein Handbuch dafür, wie der Job funktioniert, weshalb es also viel um Intuition, Ausprobieren und Erfahrungen sammeln geht.

Und wie bist du mit den Menschen in Dialog gekommen? Wie sah der Anfang aus?

Ich wollte, dass mich die Akteure kennenlernen. Also habe ich mich zu Beginn bei den Betreibern persönlich vorgestellt. Ich habe den Menschen erklärt, wer ich bin, wofür ich da bin und wie sie mich erreichen können. Es gehört aber auch ein großer Teil Eigeninitiative dazu – Sobald es Probleme gibt, kann man auf mich zukommen, mir eine E-Mail schreiben oder anrufen. Zudem lade ich viele Akteure auch zu Veranstaltungen ein oder komme mit ihnen ins Gespräch, wenn bestimmte Aktionen umgesetzt werden.

Was sind das für Aktionen, auf die du angesprochen wirst?

In Mannheim waren lange Zeit Scherben auf den Gehwegen ein großes Problem. Sie sind aber nicht entstanden, weil die Leute hier randaliert haben, sondern weil leere Bier-oder Glasflaschen nach dem Austrinken am Straßenrand abgestellt wurden, irgendwann umgekippt und dann zerbrochen sind. Dem Problem gehen wir nun entgegen, in dem wir Pfandkisten an Laternen festgemacht haben. Über diese Aktion wurde viel gesprochen. Und durch die vielen Gespräche haben die Leute die Problematik begriffen und ihr Verhalten verändert. Grundlegend geht es also auch um Aufmerksamkeit für bestimmte Themen.

Glaubst du, dass sich mithilfe einer guten Kommunikation viele Probleme vermeiden lassen würden?

Nicht alle, aber die meisten. Denn sobald man aufhört zu kommunizieren scheitert es oftmals am gegenseitigen Verständnis. Und das Verständnis füreinander, das ist es, das ich den Menschen näher bringen möchte.

Konntest du die Verwaltung denn bisher schon entlasten?

Ja, bei Beschwerden über eine zu hohe Lautstärke konnte ich alle Betroffenen an einen Tisch holen. Die Probleme konnten im Gespräch direkt geklärt werden – ohne dass die Verwaltung eingeschaltet werden musste. Mit solchen Kleinigkeiten kann ich die Verwaltung in Zukunft weiter entlasten. Außerdem sitze ich auch bei vielen Gesprächen zwischen Verwaltung und Betreibern dabei und vermittle zwischen den einzelnen Interessen.

Und welche Rolle spielt die Sicherheit im Nachtleben für deine Arbeit?

Eine sehr große! Denn zu wenig Sicherheit mindert Unterhaltung und Erlebnis. Das Sicherheitsgefühl lässt sich aber ganz einfach verstärken, wenn man weiß, dass die Verwaltung alles dafür tut.

Auch von Njema Drammeh