Pilotprojekt
So ist das MVZ eine Chance für kleine Kommunen
Medizinische Versorgung im Ort halten
Heiligenstadt ist ein 3.700 Einwohner-starker Ort nahe Bamberg. Mit zwei Hausarztpraxen war die ärztliche Versorgung lange Zeit über stabil, wobei bereits seit vielen Jahren absehbar war, dass Dr. Peter Landendörfer, einer der Hausärzte, aus Altersgründen seine Praxis aufgeben wird. Die Suche des Mediziners nach einem Nachfolger aber verlief erfolglos. „Uns hat schon lange beschäftigt, wie wir die Praxis halten können für unseren Ort“, erzählt Bürgermeister Stefan Reichold, und die Kommune sei dabei in engem Austausch mit dem Arzt gewesen. „Die Wege sind kurz und man kennt sich hier im Ort“, so Reichold, deswegen sei es auch schnell klar gewesen, dass man versuchen werde, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Kommunales MVZ übersteigt Ressourcen
Nachdem klar war, dass kein Nachfolger gefunden werden könne, stand die Gründung eines kommunalen MVZs im Raum. Der Vorteil bei einem solchen Zentrum: Ärzte können dort im Angestelltenverhältnis und auch nur in Teilzeit arbeiten, müssen sich nicht um bürokratische Dinge kümmern und tragen nicht die komplette Verantwortung für eine Praxis. Für den Träger allerdings ist die Aufgabe umso größer – für eine kleine Kommune wie Heiligenstadt zu groß, wie man bald festgestellt hat. „Die Leitung eines solchen MVZs übersteigt unsere Möglichkeiten sowohl finanziell als auch personell“, sagt Reichold, zudem es sich dabei um ein vollkommen anderes Themengebiet handle als die sonstigen Bereiche in der Kommunalverwaltung und es entsprechend kaum Erfahrungswerte und Kompetenzen gäbe, auf die man zurückgreifen könne.
Engagement der Malteser in ländlicher Region
Die Wende kam, als die Malteser in Bamberg durch ein zufälliges Zusammentreffen mitbekommen haben, dass in Heiligenstadt droht, ein Arztsitz wegzubrechen. „Die Malteser sehen ihre Aufgaben darin, dort zu helfen, wo kein großer Profit gemacht werden kann und das Aufrechterhalten der medizinischen Versorgung entsprechend schwierig ist“, sagt Reichold. Als es um Heiligenstadt ging, hätten die Vertreter der Hilfsorganisation rasch großes Interesse gezeigt, hier tätig zu werden und sich in der kleinen Kommune am Land zu engagieren.
Pilotprojekt auf dem Land
„Normalerweise können nur Kommunen oder Krankenhäuser ein MVZ betreiben“, sagt Reichold, deshalb musste erst einmal geprüft werden, ob die Malteser als Träger infrage kommen. Durch eine Kooperation mit dem Waldkrankenhaus in Erlangen als rechtlichen Partner sei dies aber möglich geworden und so sind die Malteser nun seit Anfang dieses Jahres sowohl Träger als auch Betreiber des neu gegründeten „Malteser Gesundheitszentrum“ in Heiligenstadt. Als Ort konnte ein Gebäude mitten im Zentrum auf dem Marktplatz unweit des Rathauses gefunden werden, das innerhalb eines Jahres zur Praxis umgebaut wurde.

Kommune intensiv eingebunden
Auch wenn die Kommune rechtlich nicht involviert ist in die Struktur des Zentrums, fand während der Entstehungsphase und darüber hinaus eine enge Zusammenarbeit statt, wie Reichold berichtet. „Wir haben als Kommune von Anfang an die große Bedeutung und die Chance von diesem Projekt erkannt und alles Organisatorische mit begleitet“, sagt der Bürgermeister. So wurden etwa die Gespräche mit dem Eigentümer des Hauses für das Gesundheitszentrum wesentlich von der Kommune übernommen, zudem hat sie für die Bekanntmachung des MVZs in der Gemeinde gesorgt. „Das neue Gesundheitszentrum war bei jeder Gelegenheit das Hauptthema im Gespräch mit den Bürgern“, sagt Reichold und das Interesse der Einwohner sei groß. Neben der organisatorischen Begleitung unterstützt die Kommune das Zentrum auch finanziell: So werden zwei Jahresmieten von der Gemeinde Heiligenstadt übernommen.
Ganzheitlicher Ansatz
Im Gegensatz zu einem klassischen Gesundheitszentrum, soll das Zentrum unter Leitung der Malteser mittelfristig ein nicht nur rein-medizinisches, sondern ganzheitliches Angebot etablieren. Erster wichtiger Punkt ist natürlich die Anstellung von Ärzten, um die medizinische Versorgung aufrecht zu halten. So hat Dr. Landendörfer seine Praxis mittlerweile aufgegeben und ist seit 2025 im MVZ angestellt, sobald ausreichend weitere Mediziner dort arbeiten, wird er in Ruhestand gehen. Neben der ärztlichen Versorgung aber planen die Malteser etliche weitere Angebote. Bereits umgesetzt wurde ein sogenannter Menüservice zur Versorgung mit warmen Mahlzeiten, außerdem sind Präventionskurse für Menschen mit speziellen Krankheitsbildern, Infoveranstaltungen zur Sturzprophylaxe und Erste-Hilfe-Kurse in Planung. Einen weiteren wichtigen Ansatz beim Blick in die Zukunft stellt zudem die Einbindung von Ehrenamtlichen dar, zum Beispiel bei Besuchsdiensten, einer „Herzenssprechstunde“ oder digitalen Unterstützungsangeboten, insbesondere für technikferne oder ältere Menschen.
„Riesengewinn“ für Kommune
Aus Sicht von Reichold ist die Gründung des Gesundheitszentrums unter Leitung der Malteser ein „Riesengewinn“ für Heiligenstadt und ein Projekt, das auch für andere kleinere Kommunen eine Lösung sein könnte gegen den Ärztemangel. „Ich hoffe, dass wir die Zukunft der medizinischen Versorgung hier im Ort damit auf sichere Füße gestellt haben“, so der Bürgermeister. Darüber hinaus hätten sie durch die Zusatzprojekte des Versorgungszentrums jetzt sogar ein besseres Angebot als zuvor im Ort. „Wir freuen uns auf eine starke Gemeinschaft und die Unterstützung durch lokales Engagement!“, so heißt es auf der Website des Gesundheitszentrums. Das versucht Reichold auch den Bürgern Heiligenstadts zu vermitteln, die das Zentrum bislang sehr gut annehmen. „Wir haben hier eine tolle Möglichkeit für unseren Ort. Es liegt nun aber nicht nur an den Maltesern, sondern an uns allen, dass sich das gut entwickelt“.
Weitere Infos zum Gesundheitszentrum hier

