Gemüse
Damit es das Gemüse weiterhin im Dorfladen gibt, sind Ideen gefragt.
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Supermarkt in Sicht

Ein Nahversorger auf dem Land - dank Bürgerbeteiligung!

Der letzte Supermarkt im Ort hat lange geschlossen - der nächste Nahversorger ist nur noch mit dem Auto erreichbar. Probleme, die immer mehr Kommunen kennen. Doch nur selten gelingt bisher erfolgreich, einen Nahversorger in den Ort zu holen. Eine Marktlücke, die mehrere kommerzielle Anbieter erkannt haben - und nun mit Genossenschaftsmodellen auf die Suche nach Interessierten gehen. Sehr zur Freude vieler Bürgermeister. Ein Beispiel aus Norddeutschland.

Wie kann die Nahversorgung auch in ländlichen Regionen sichergestellt werden? Für viele Kommunen in schwach besiedelten Randgebieten ist das eine Schlüsselfrage. So auch in der kleinen Ortschaft Drangstedt, einem Teil der Kommune Geestland. 1600 Einwohner sind dort auf 17 Quadratkilometer verteilt, aktuell gibt es keinerlei Nahversorger-Infrastruktur. „Hier ist im Moment gar nichts“, sagt der Ortsbürgermeister Rafael Platek, und wer Lebensmittel benötige, müsse sechs Kilometer mit dem Auto zum nächstgelegenen Supermarkt fahren.

Hoffnung für die Nahversorgung dank Teilhaber-Konzept

Doch nun gibt es Hoffnung, nicht nur in Drangstedt, sondern auch in den ebenfalls unterversorgten Geestländer Nachbarortschaften Sievern und Lintig. Unter dem Namen „Tante Enso“ soll dort gleich an drei verschiedenen Standorten jeweils ein Supermarkt im Miniformat entstehen, rund um die Uhr und sieben Tage die Woche geöffnet. Das Konzept: In jedem Ort müssen zuvor mindestens 300 Geestländer einen sogenannten Genossenschaftsanteil im Wert von 100 Euro erwerben, um sich im Fall eines Baus als Teilhaber direkt an dem Dorfladen zu beteiligen. Sollten die 300 Teilhaber nicht erreicht werden, bekommen die Anzahler ihr Geld wieder zurück.

Nahversorgungs-Zentrum und sozialer Treffpunkt

„Für uns ist das eine Riesenchance“, sagt Platek, „und ich halte es für sehr wichtig, dass wir dieses Projekt in unserem Ort hinbekommen“. Zum einen fehle die fußläufig erreichbare Nahversorgung im Ort enorm und seien gerade ältere Bürgerinnen und Bürger ohne Auto auf die Unterstützung ihrer Familien oder Nachbarn angewiesen. Mindestens ebenso sehr fehlt laut Platek aber ein Ort im Zentrum Drangstedts, an dem sich die Bewohner treffen können, sich austauschen und Gemeinschaft erleben. „Durch den nicht vorhandenen Laden gibt es bei uns im Moment keinen richtigen Treffen. Natürlich sind da die Vereine. Aber die meisten Bürgerinnen und Bürger sind mit ihrem eigenen Leben beschäftigt und kennen die Mitbürger teilweise gar nicht mehr, weil man zur Arbeit und zum Einkaufen ja wegfahren muss“.

Für alle Generationen attraktiv

Gelingt es, einen genossenschaftlich organisierten Tante Enso-Laden nach Drangstedt zu holen, könnte sich das deutlich ändern. „Es gäbe endlich wieder einen Treffpunkt“, so Platek, zudem würde der Ort deutlich aufgewertet werden in seiner Attraktivität. Entsprechend intensiv hat der Ortsbürgermeister für die Idee geworben. Insgesamt vier Informationsveranstaltungen hat er in den vergangenen Monaten abgehalten und ist dabei auch bei der jüngeren Bevölkerung auf viel Zuspruch gestoßen. „Auch die jüngeren Bürger waren total begeistert. Bei ihnen steht gar nicht mal so die Nahversorgung selbst im Vordergrund, vielen geht es ihnen um mehr Nachhaltigkeit und ihren ökologischen Fußabdruck im Alltag. Wenn es bei uns einen Tante Enso-Laden gibt, dann können sie auch mal mit dem Fahrrad zum Einkaufen fahren oder zu Fuß gehen“.

Digitaler Supermarkt trifft auf Tante-Emma-Laden

Konkret werden bei dem Tante-Enso-Modell eines Bremer Start Ups die Vorteile eines digitalen Supermarktes mit denen eines klassischen Tante-Emma-Ladens kombiniert. So soll der Laden ein paar Stunden pro Tag mit Teilzeit-Mitarbeitern besetzt sein; in der übrigen Zeit können sich die Kunden mit einer personalisierten Chipkarte Zutritt zum Shop verschaffen und per Selbstbedienung einkaufen. Mit einem Sortiment von etwa 3000 Artikeln, darunter auch regionalen Produkten, soll die Vollversorgung für den täglichen Gebrauch gewährleistet werden.

Nahversorgung in Sicht

Noch ist nichts in trockenen Tüchern, aber es sieht gut aus für das kleine Drangstedt. Die Bemühungen des Bürgermeisters haben sich ausgezahlt und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben sich bereits finanziell beteiligt. So ist auf der Website von Tante Enso zu lesen: „Aktuell sind 191 gültige Teilhaberanträge mit 212 Anteilen eingegangen, die bereits bezahlt und bei denen die Unterlagen vollständig sind. 89 weitere Teilhaberanträge mit insgesamt 107 Anteilen liegen uns vor, die aber aktuell noch nicht gültig sind, da der entsprechende Betrag noch nicht auf unserem Konto eingegangen ist oder noch Informationen fehlen.“ Rafael Platek ist auf jeden Fall sehr optimistisch, dass es schließlich ausreicht und in nicht allzu ferner Zukunft sowohl die Nahversorgung als auch der soziale Treffpunkt in Drangstedt wieder gesichert sind.

Mehr Informationen zum Projekt von Tante Enso im Geestland hier