Netzwerkdurchsetzungsgesetz Kritik
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Ein Gesetz das auf viel Kritik stößt

Netzwerkdurchsetzungsgesetz - zwischen Schutz und Kritik

Das Bundeskabinett will das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verschärfen. So sollen Drohungen, Beleidigungen oder Verleumdungen in den Sozialen Medien stärker bestraft werden. Doch: Die beschlossene Novelle wird heftig kritisiert.

Internetgiganten wie Facebook oder Twitter müssen seit 2018 sogenannte Hasspostings löschen, wenn sie von Nutzern gemeldet werden.

In Zukunft sollen die Unternehmen solche Inhalte aber auch beim Bundeskriminalamt (BKA) melden – inklusive IP-Adressen und Passwörtern der Urheber. Dafür soll eine neue BKA-Meldestelle geschaffen werden, die diese Hasspostings überprüft und gegebenenfalls an die Staatsanwaltschaften weiterleitet.

Wer anderen mit einer Körperverletzung oder sexuellen Übergriffen droht oder sie ankündigt, begeht laut dem Gesetzentwurf künftig eine Straftat. Dafür soll es eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geben. Wer mit Mord oder sexueller Gewalt droht, kann mit bis zu drei Jahren bestraft werden. Und für Beleidigungen drohen bis zu zwei Jahre Haft.

Hinzukommt, dass Menschen, die beleidigt, bedroht oder gestalkt werden, bei den Einwohnermeldeämtern einfacher eine Auskunftssperre eintragen lassen können. Das ist besonders wichtig für Kommunalpolitiker, die wegen ihrer Arbeit angefeindet werden. Denn beim Einwohnermeldeamt kann jeder, der ein "berechtigtes" Interesse voweisen kann, den vollen Namen und die Adresse von Personen erfragen.

Und es wartet noch eine Verbesserung für Kommunalpolitiker: Der Straftatbestand der "Üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens" soll nun auch für sie gelten. Damit werden Kommunalpolitiker unter den besonderen Schutz des Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches gestellt, der zuvor vor allem bei Landes- und Bundespolitikern angewandt wurde.

Diese Maßnahmen stehen in einem entsprechenden Gesetz, das vom Kabinett beschlossen und nun vom Bundestag diskutiert wird. Damit will die Bundesregierung die Spirale von Hass und Gewalt stoppen. "Hass-Straftaten sollen endlich dort landen, wo sie hingehören: vor Gericht“, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht dazu.

Aber es gibt Kritik am Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Die Bundesregierung setzt mit der Verschärfung des Gesetzes ein positives Zeichen für Kommunalpolitiker. Denn tatsächlich werden gerade sie und andere Personen des öffentlichen Lebens immer wieder Opfer von Beleidigungen und Bedrohungen im Internet, wie das Magazin KOMMUNAL in mehreren Umfragen zeigen konnte.

Dass die Bundesregierung nun etwas gegen den Hass im Netz tut, wird deshalb grundsätzlich begrüßt. So äußert sich beispielsweise der Deutsche Städtetag positiv und erklärt, dass Opfer von Hass stärker spüren müssen, dass der Staat sie schützt: „Wir brauchen wirksame Hemmschwellen gegen extreme Auswüchse im Netz sowie gegen direkte Bedrohungen“, erklärt Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer.

Doch es wird grundlegende Kritik an der Ausgestaltung der Gesetzesverschärfung laut. So rechnet beispielsweise der Deutsche Richterbund mit 150.000 neuen Verfahren pro Jahr und geht davon aus, dass dies zu einer Mehrbelastung und letztlich zu einer Überforderung führt: „Ohne deutlich mehr Personal und eine weitergehende Spezialisierung in der Justiz wird es nicht gehen“, warnt Sven Rehn, der Bundesgeschäftsführer.

Passwörter sollen, im Gegensatz zu anderen Daten, nur bei der Verfolgung von "besonders schweren Straftaten" wie etwa Mord, Asylmissbrauch oder Terrorismus verlangt werden können. So sollen Richter anordnen können, dass die Plattformbetreiber verschlüsselte Passwörter an die Strafverfolgungsbehörden herausgeben. Ermittler müssten die Passwörter dann selbst entschlüsseln.

Wichtig: Nicht nur Strafverfolgungsermittler oder Geheimdienste können die Daten verlangen, sondern auch Ämter.

„Ein Passwort herauszugeben wird wahrscheinlich in der Breite der Gesellschaft nicht für Vertrauen in Technologien werben. Denn dieses Damoklesschwert schwebt über einem und mit so einem Passwort können sie deutlich mehr machen, als nur den eigentlichen Straftatbestand am Ende aufklären. Denn damit ist Tür und Tor geöffnet, Ihre privaten Daten überall zu verändern“, warnt Alexander Rabe vom Verband der Internetwirtschaft Eco. Er sieht deshalb in der Verschärfung eine Gefährdung für bürgerliche, freiheitliche Rechte.

Manuel Höferlin, der digitalpolitische Sprecher FDP-Bundestagsfraktion äußert sich ähnlich. Der Politiker kritisiert, dass „eine Verdachtsdatenbank beim BKA aufgebaut wird, in der Inhalte und zugehörige IP-Adressen gespeichert werden“. Gleichzeitig geht er aber auch noch einmal drauf ein, dass in Zukunft die Plattformbetreiber in erster Instanz darüber entscheiden müssen, was Recht und was Unrecht ist. „Die Anbieter Sozialer Medien sollen nun nicht nur als Hilfs-Sheriffs herhalten, sondern werden zur ausgelagerten Rechtsabteilung der Justiz“, kritisiert er. Er plädiert dafür, dass Bürger selbst befähigt werden, um gegen Beleidigungen, Drohungen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Netz vorgehen zu können.

Initiativen, die Opfern von Hate-Speech helfen, fordern deshalb, dass die Zivilgesellschaft im weiteren Prozess verstärkt „mitgenommen“ wird.

Auch von Njema Drammeh