Vorkaufsrecht gegen steigende Mieten
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Schafft ein Vorkaufsrecht bazahlbare Mieten?

29. November 2018
In unserer aktuellen Ausgabe der KOMMUNAL finden Sie ein Pro- sowie ein Kontra-Stück zum Thema Vorkaufsrecht. Online können Sie die Beiträge nachlesen.

Für die Bewohnerschaft kann mit dem Vorkaufsrecht eine langfristige Wohnsicherheit gegeben sein. Das Vorkaufsrecht dient somit dem Wohl der Allgemeinheit, meint Reiner Wild vom Berliner Mieterverein.

Zur Unterstützung der stadtentwicklungspolitischen Ziele können Kommunen in den Grundstücks- und Immobilienhandel eingreifen, insoweit dies dem Wohl der Allgemeinheit dient. Das Vorkaufsrecht wurde in der Stadt Berlin in der Regel zugunsten städtischer Wohnungsunternehmen angewandt. In etwa doppelt so vielen Fällen wurde die Ausübung des Vorkaufs dadurch abgewendet, dass der potentielle Käufer sich durch eine Vereinbarung zur Einhaltung weitergehender erhaltungsrechtlicher Ziele verpflichtet.

Hilft das Vorkaufsrecht gegen steigende Mieten?
Gastautor Reiner Wild ist Geschäftsführer beim Berliner Mieterverein

Das Vorkaufsrecht dient den Bürgern

Der Verkauf einer Immobilie muss sich daher für die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung und damit auch für die jeweilige Mieterschaft nicht mehr negativ auswirken. Im Gegenteil. Mit den Abwendungsvereinbarungen werden zumindest befristet dem neuen Eigentümer Auflagen gemacht, die über die normalen Genehmigungsindikatoren für den Milieuschutz hinausgehen. Allerdings weiß die Bewohnerschaft oft nicht, was zwischen Bezirksamt und Eigentümer vereinbart wurde. Wird der Vorkauf ausgeübt, ist der Wohnraum sogar langfristig einer spekulativen Verwertung der Immobilie entzogen, vorausgesetzt eine Privatisierung des „Gebäude-Tafelsilbers“ durch die Landesregierung unterbleibt. Mit kommunalem Eigentum lassen sich derzeit die erhaltungsrechtlichen Ziele am besten umsetzen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten städtischer Wohnungsunternehmen deckt sich mit dem richtigen wohnungspolitischen Ziel des Senats, den städtischen Wohnungsbestand mittelfristig auf 400.000 Wohnungen in Berlin zu erhöhen.

LESEN SIE HIER DEN KONTRA-VORKAUFSRECHT-ARTIKEL!

Trotz finanzieller Unterstützung des Berliner Senats, mit der in der Regel die Nebenkosten des Vorkaufs abgedeckt werden können, stößt die Ausübung des Rechts wegen des heftigen Anstiegs der Grundstücks- und Immobilienpreise an seine Grenzen. Durch die Rechtsprechung hat auch der Erwerb zum preislimitierten Verkehrswert die finanziellen Spielräume verengt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist daher kein Ersatz für die dringend erforderliche Gesetzesänderung im Baugesetzbuch. Mit ihr muss es den Kommunen ermöglicht werden, mittels gebietsspezifischer Mietobergrenzen die modernisierungsbedingten Mietsteigerungen zu kappen und die Genehmigungspflicht der Behörden für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen durch Streichung von Ausnahmen zu verringern. Für die Bewohnerschaft kann mit dem Vorkauf eine langfristige Wohnsicherheit gegeben sein. Dass die Bezirke das Vorkaufsrecht ausüben, hängt neben den finanziellen Rahmenbedingungen auch vom Engagement der Mieterschaft ab.